0531 - Das Grauen von Zagreb
Klarstellung oder Unterhaltung zumute, aber die junge Frau drehte sich um. Sie ging tiefer in den Raum hinein, ohne allerdings ihren Platz anzusteuern.
Ihr Ziel war eine Musikanlage, die wir zwar nicht sahen, weil sie von einer Säule verdeckt wurde, aber wir hörten sie.
Und wie!
Der peitschende und hämmernde Rock zerfetzte wütend die angespannte Stille.
Ich hatte ein Zusammenzucken nicht vermeiden können, denn ich war davon überrascht worden. Die Rockgruppe, deren Musik durch das Gewölbe brandete, kannte ich.
Sie hieß Joy Divison!
Es war eine aggressive Musik, wild, laut, ohne Gesetz, auf Chaos getrimmt, in diese Szenerie passend.
Durch die Lautstärke war eine Unterhaltung so gut wie unmöglich. Das hatten die ungewöhnlichen Gäste bestimmt gewollt.
Und sie bewegten sich jetzt, blieben dabei auf ihren Stühlen sitzen und hoben allein die Füße im Takt des Hardrocks.
Wir waren nicht gekommen, um uns die Musik anzuhören. Wir wollten diktieren, nicht sie.
Deshalb rutschte ich vom Hocker und ging den gleichen Weg wie zuvor die junge Frau. Die Anlage stand auf einem Tisch. Sie gehörte noch zu den älteren Modellen, ohne Sensortasten. Ich drückte einen Knopf, und der harte Rock verstummte wie abgeschnitten.
Kein Protest schwang mir entgegen. Es tat auch niemand etwas, als ich mich wieder zur Theke begab. Die Gäste hatten meine Aktion mit einer stoischen Ruhe hingenommen.
Suko war in der Zwischenzeit auch nicht faul gewesen. Er hatte sich sehr genau umgeschaut und die beiden Typen entdeckt, die uns das Lebenslicht hatten ausblasen wollen.
»Sie hocken ganz hinten«, sagte er leise.
»Wer?«
Er erklärte es mir.
»Dann werden wir sie uns holen.«
»Meine ich auch.«
Die Rose lag noch immer vor meinen Füßen. Was ich in den nächsten Sekunden tat, das geschah nicht grundlos. Ich wollte einfach provozieren. Für einen Moment schwebte meine Schuhsohle noch über der Blüte, dann trat ich darauf und drehte ihn um.
Unter der Sohle wurde die Rose zu einem schmierigen Brei. Zum erstenmal erlebten wir so etwas wie eine Reaktion. Es sprach zwar niemand, aber einige waren zusammengezuckt, bis das Mädchen, das mir die Rose gebracht hatte, aufsprang.
»Du hast sie zerstört!« rief sie. »Du hast unser Symbol mit Füßen getreten. Dafür wirst du büßen. Der Tod wird dich und deinen Freund umfangen, aber ihr werdet keine Freude an ihm haben. Das Jenseits soll euch mit Haut und Haaren verschlingen.«
»Aber zuvor möchte ich etwas klarstellen!« rief ich dagegen. »Wir sind nicht ohne Grund gekommen. Man hat uns hergeschickt, und wir haben mit zweien von euch noch eine Rechnung offen.«
»Wer zwei von uns angreift, greift uns alle an!« erklärte mir das Mädchen, streckte einen Arm aus und wies mit dem Zeigefinger auf mich. »Ihr beide sollt spüren, was es heißt, sich gegen die Finsteren zu stellen. Das haben schon andere versucht.«
»Auch Michael Mitic?« Mir war plötzlich eingefallen, daß seine Frau davon gesprochen hatte, ihr Mann wollte zum Teufel gehen.
Dieses Lokal konnte sie damit gemeint haben.
»Sicher!« Sie sagte es mit einem sehr scharfen Unterton in der Stimme, der mich aufhorchen ließ. Möglicherweise hatte sich Mitic bei seinem Besuch hier übernommen.
»Die Antwort hat mir nicht gefallen«, erklärte auch Suko.
»Frag mich mal.«
»Sollen wir in die Offensive gehen?«
»Und wie.«
»Wo können wir Michael Mitic finden?« rief ich den Finsteren entgegen.
Die Antwort ließ auf sich warten. Dann fragte jemand: »Ihr wollt ihn tatsächlich sehen?«
»Deshalb kamen wir her!« sagte Suko.
Köpfe bewegten sich. Die Finsteren schauten sich an. Manche Lippen verzogen sich zu einem breiten Grinsen. Wir spürten genau, daß sie etwas vorhatten. Es lag einiges in der Luft, es roch nach einer Eskalation, es war die berühmte Ruhe vor dem Sturm.
Einer erhob sich. Ein großer, schlanker Bursche, so um die Zwanzig und in Leder gekleidet. Wenn er ging, knarrte es. Das Gesicht zeigte ebenfalls eine aschgraue Farbe. Nur die Augen fielen auf, weil sie wesentlich heller wirkten.
Der junge Mann kam auf die Theke zu. Wir rechneten damit, daß er uns ansprechen würde, aber er drehte sich dort scharf um, wo der Rosenrest auf dem Boden lag.
Gelassen schritt er an der Theke vorbei, bis er eine Klappe erreicht hatte, die er hochhob. So entstand ein Durchgang, den er auch benutzte. Wieder grinste er kalt, und seine Augen funkelten dabei in wilder Vorfreude.
Ich wollte nicht, daß wir
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