0531 - Das Grauen von Zagreb
würde. Er hatte ihn nicht ernst genug genommen, hätte härter rangehen sollen. Den Weg, den der Bucklige jetzt genommen hatte, kannte er gut.
Dennoch lief Suko weiter. Die Lücke hatte er übersprungen und sich auch wieder fangen können.
Die »Sandkörner« in seinen Augen verschwanden allmählich.
Suko ging es wieder besser. Um jedoch sehen zu können, mußte er seine kleine Lampe einschalten.
Der Strahl schnitt in die Tiefe. Am Ende der Treppe befand sich ein feuchter, stinkender Schacht, mehr ein Stichkanal, durch den kein Abwasser mehr floß.
In der Wand entdeckte Suko eine Öffnung, halbrund geschnitten, der Eingang zu einem Stollen. Für den Dekan hatte es keinen anderen Fluchtweg gegeben. Er mußte durch die Öffnung und in der dahinter liegenden Stollen gehuscht sein.
Auch Suko tauchte hinein. Seine Lampe brachte einiges an Licht.
Der Strahl glitt über die dunkle Oberfläche des Schmutzwassers hinweg, bildete auf den Wellen tanzende Lichtreflexe, fuhr an der Wand entlang, als Suko seinen Arm bewegte, aber er erreichte den Verwachsenen. Der hatte die Zeit genutzt und war verschwunden.
Suko wollte trotzdem nicht aufgeben. Neben dem Kanal befand sich ein schmaler, sehr feuchter und dementsprechend rutschiger Steg, über den er laufen mußte.
Der Inspektor bewegte sich entgegen der Strömung. Die Wellen schäumten und gurgelten ihm entgegen. Sie überholten sich gegenseitig, bildeten schaumige Strudel, wurden weitergetrieben und schafften auch einige Fäkalien sowie Abfälle zur Seite.
Das Zeug spritzte an den Rändern hoch, die teilweise Löcher aufwiesen, wo sie unterspült worden waren.
Suko wühlte sich weiter. Er sprang über Lücken hinweg, das Licht tanzte durch die stinkende Finsternis, wechselte in regelmäßigen Abständen die Seiten und tauchte plötzlich in eine Nische, die in die Wand geschlagen worden war.
Die Nische befand sich auf der anderen Seite. Suko, der nicht zum erstenmal durch einen Abwasserkanal lief, übersprang das Schmutzwasser und hatte Glück, daß er auf der anderen Seite nicht ausrutschte. Dafür prellte er sich das Knie an der Mauerkante.
Er strahlte in die Nische hinein.
Aus seinem Mund löste sich ein hartes Lachen. Wie er es sich schon gedacht hatte.
Die Nische war nicht mehr als das Ende eines Schachts. In die Höhe führte eine Leiter.
Suko leuchtete hoch, der Lichtkreis traf die untere Seite eines runden Gullydeckels, aber keine menschliche Gestalt. Dem Dekan Diavolo war die Flucht gelungen.
Das ärgerte Suko.
Er kletterte trotzdem über die wacklige Eisenleiter in die Höhe, rutschte einige Male zurück und fing sich wieder. Den Deckel stieß er mit der Schulter auf.
Es ging ziemlich leicht, ein Beweis, daß dieser Weg schon öfter benutzt wurde.
Vorsichtig und nach allen Seiten sichernd, kletterte Suko ins Freie.
Er befand sich nicht auf einem Hinterhof, dafür in einer sehr schmalen Seitengasse, und die Gullyöffnung lag genau in der Mitte.
Niemand schaute ihm zu, als er sich aus dem Loch hervorschob.
Es war inzwischen dämmrig geworden. Besonders in den schmalen Gassen und Straßen hatte sich das dichte Grau festgesetzt.
Aus einer Einfahrt drangen knarrende Geräusche. Ein alter Mann erschien, der einen Karren hinter sich herzog. Er ging gebückt, trug eine Schiebermütze auf dem Kopf und drehte Suko das Gesicht zu.
Der Inspektor winkte ab. Es hatte keinen Sinn, diesen Mann zu fragen. Er würde ihm keine Antwort geben können.
Suko hob die Schultern.
Der Dekan war entwischt, daran gab es nichts zu rütteln. Jetzt fieberte er danach, wie es seinem Freund John Sinclair ergangen war…
***
Ein einziger Molotow-Cocktail hatte diese verfluchte Flammenhölle entfacht.
Es war der reine Wahnsinn, aber eine Tatsache, an der ich nicht vorbeikonnte.
Ich hatte es noch gut, weil ich mich im Nebenraum aufhielt und mir den bewußtlosen Mitic über die Schulter gelegt hatte. Um aber das Lokal verlassen zu können, mußte ich durch die Flammen, ebenso wie die Finsteren, deren schattenhafte Gestalten im Feuer als tanzende Figuren zu sehen waren.
Sie riefen sich etwas zu, hielten sich oft fest und rannten durch das breite Feuer dem Ausgang entgegen.
Auch mich hielt nichts mehr. Mitic lag über meiner linken Schulter. In der rechten Hand hielt ich die Beretta. Mein Gesicht war schweißfeucht, die Hitze traf mich wie ein Gluthauch der Hölle, als ich wieder hinter der Bartheke stand.
Diesmal nahm ich den normalen Weg, und vor mir waberte die Hitze. Ich
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