0531 - Das Grauen von Zagreb
Stützpunkt in eine Flammenhölle verwandelt hatten. Um mich würden sie sich bestimmt nicht kümmern, zudem hatte ich andere Sorgen, denn Suko und dieser Dekan Diavolo waren wichtiger.
Aus dem Rahmen des Fensters schauten noch einige lange Splitterzacken hervor. Ich schützte meinen Kopf mit den Armen, hämmerte die Splitter mit den Ellenbogen weg und kümmerte mich um Mitic, den ich hochwuchtete.
Er war da. Doch wo steckten Suko und der Dekan?
***
Der Dekan hatte sich voll und ganz auf seine Helfer verlassen. Sukos Aktion hatte selbst ihn überrascht. Plötzlich bekam die Scheibe ein Loch, eine Kugel sirrte dicht an seinem Kopf vorbei und erschreckte ihn derart, daß er in die Höhe sprang und die machetenähnliche Waffe im Halbkreis über den Bewußtlosen hinwegschwang.
Im gleichen Moment zerklirrte und zerplatzte das Türglas durch die Wucht des springenden Körpers. Suko kam wie ein Rammbock.
Er jagte in den Raum hinein, seine Füße vorgestreckt, und er war schneller als der Bucklige. Ein Karatetritt erwischte den Mann an der Schulter und schleuderte ihn herum.
Heulend fiel er gegen die Wand. Sein Gesicht war nur noch eine böse Fratze. Den Griff der Machete hielt er mit beiden Händen fest und stieß aus seiner geduckten Lage in die Höhe, die Waffe dabei schwingend.
Zwischen ihnen lag Michael Mitic. Suko hatte bei seinem Sprung das Sechseck aus schwarzen Rosen zerstört, die Magie, wenn sie eine darstellen sollte, war nicht mehr gegeben, und Suko hatte freie Bahn. Er mußte verhindern, daß der Bucklige den Beamten tötete. Er sollte sich auf ihn konzentrieren.
Und er kam.
Mit beiden Händen schwang er seine Waffe, trieb Suko in der Enge des Raumes in die Defensive.
Immer wieder duckte sich der Inspektor ab. Er kam nicht einmal dazu, seine Waffe zu ziehen, denn Dibbuk reagierte wie ein springender Teufel. Er wollte den Tod des Chinesen.
Suko schlug urplötzlich zurück. Nicht mit den Händen, er nahm abermals die Füße zu Hilfe.
Diesmal erwischte er den Dekan in der Achselhöhle. Es war ein genau gezielter Tritt gewesen, der den Arm des Mannes nicht nur hochschleuderte, er sorgte auch für eine Taubheit.
Im Bruchteil einer Sekunde erstarrte der Dekan. Er sah jetzt aus wie eine Plastik.
Dann fiel die Machete.
Erst danach ging er zurück, wäre fast über Mitic gestolpert, fing sich wieder und erreichte die Wand, wo er sich mit dem Rücken gegenlehnte und stehenblieb.
Suko lächelte kalt. Er dachte an seinen Stab, der, wenn ein bestimmtes Wort gerufen wurde, die Zeit für fünf Sekunden anhielt und den Dekan bewegungslos machen würde.
Da reagierte der Bucklige. Er hatte sich zusammengekrümmt und Suko getäuscht. Schmerzen verspürte er nicht. Es war ihm allein darauf angekommen, unter seine Kleidung zu greifen.
Was er dort hervorholte, bekam Suko sofort danach zu spüren. Es war eine rote Kugel, die der Mann gegen die Wand schleuderte. Sie zerplatzte, ein grelles Licht blendete den Inspektor so stark, daß er nicht einmal Umrisse erkennen konnte.
Er hörte ein gräßliches Lachen, etwas schlug zu, dann war Suko allein. Die Augen hielt er geschlossen, taumelte blind durch den Raum, vernahm aus der Bar Kampfgeräusche und öffnete die Augen wieder.
Die Reste der Blendgranate lagen auf dem Boden, der Dekan aber war verschwunden.
Erst jetzt sah Suko die schmale Tür. Sie war zwar ins Schloß gefallen, durch den Druck aber wieder aufgedrückt worden.
So also sah der Fluchtweg aus.
Mit einem Sprung erreichte Suko die Tür. Seine Augen schmerzten noch immer. Dort schienen sich Sandkörner eingenistet zu haben. Sein Instinkt warnte ihn, so daß Suko noch auf der Türschwelle stehenblieb.
Er konnte in die Tiefe schauen. Verschwommen sah er die Reste einer Treppe.
Wo führte sie hin?
Aus der düsteren Tiefe hörte er die Schritte des Flüchtigen, vernahm auch Laute der Wut, die zu ihm hochbrandeten. Wegen seiner Behinderung mußte er mit der Verfolgung noch etwas warten.
Dann riskierte er es.
Vier Stufen waren vorhanden. Danach kam das Loch. Eine freischwebende Treppe, die in der Mitte eingerissen war. Der Dekan war über das Loch hinweggesprungen, also tat Suko es ihm nach.
Aus der Tiefe wehte ihm ein widerlicher Gestank entgegen. Der Geruch nach Moder, Abfall und Fäkalien.
So stank es in den Abwässerkanälen einer jeden Stadt. Und sie hatten schon oft genug für lichtscheues Gesindel als Fluchtweg gedient. Suko kam allmählich zu der Überzeugung, daß der Dekan ihm entwischen
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