0535 - Shironas Nebelgeister
ankämpfte, in der Bewußtlosigkeit zu versinken. Sollen sie doch mit ihrer Beute glücklich werden, raunte etwas in ihr. Geld und Ausweis, der ohnehin dank ähnlich trüber Erfahrungen nur eine beglaubigte Kopie war, ließen sich ersetzen. Der Blaster und der Koffer ebenfalls, und wer den Dhyarra-Kristall benutzte, ohne die Befähigung dafür zu besitzen, das Para-Potential, verlor Verstand oder Leben oder beides. Was soll's? raunte ihr schwarzes Ich.
Doch ihr besseres Ich wehrte sich dagegen. Niemand durfte ungewarnt in eine solche tödliche Falle tappen. Auch wenn er Nicole überfiel und es schaffte, sie niederzuschlagen.
Immer noch tasteten Hände über ihren Körper. Der Reißverschluß ihres Overalls wurde bis zum Gürtel aufgezogen, der Gürtel mit schneller Hand geöffnet und weggerissen, während die andere Hand den Reißverschluß bis zum Ende öffnen wollte. Da begriff Nicole, daß ihr Gegner sie nicht nur ausplündern wollte.
Und es waren mindestens zwei!
Beginnende Panik riß sie endgültig aus ihrer Benommenheit. Wenn sie zuließ, daß die Kerle ihr den Overall über die Schultern und Unterarme streiften, war sie ihnen wehrlos ausgeliefert, weil durch ihre eigene Kleidung gefesselt. Und nur um sich tretend konnte sie sich kaum richtig wehren. Dazu durfte es nicht kommen! Sie schnellte sich hoch und schlug nach rechts und links. Aber sie war noch nicht wieder in der Lage, ihre Abwehr richtig zu koordinieren. »Verdammtes Biest!« hörte sie eine unangenehm helle Stimme keifen. »Paß auf, Arty…«
Ein Hieb streifte ihren Kopf. »Dich beruhige ich schon«, knurrte der Mann mit der Baßstimme.
Er kam nicht dazu. Er stand günstig. Nicoles Stiefelspitze erwischte ihn da, wo es ihm wirklich weh tat. Japsend krümmte er sich zusammen, stürzte und war für die nächsten Minuten keine Gefahr mehr. Nicole rollte sich zur Seite. Der Hellstimmige war verblüfft. Sie hebelte ihm die Beine unter dem Körper weg. Er stürzte. Gleichzeitig mit Nicole kam er wieder auf die Beine. Plötzlich hielt er ein Schnappmesser in der Hand.
»Ganz ruhig,«, warnte er und fügte eine unflätige Bemerkung hinzu, die bewies, in welcher Gosse er seine Kinderstube eingerichtet hatte.
Nicole blieb alles andere als ruhig. Ihren Gegner immer noch verschwommen sehend, bekam sie plötzlich Oberwasser. Jemand mit einer Waffe in der Hand war einzuschätzen. Sie konzentrierte sich auf die Bewegungen der waffentragenden Hand und auf die Augen des Unflätigen. Sie sah seinen Angriff, und sie sah daran, wie er das Messer hielt, daß er sie nicht töten wollte. Das wäre auch unlogisch gewesen, schließlich wollte er ja noch seinen Spaß an ihrem Körper haben.
Als er angriff, wich sie aus, bekam ihn zu fassen und nutzte seinen eigenen Schwung aus. Sie lenkte ihn gegen die Wand. Er stieß mit dem Kopf dagegen und sank besinnungslos zusammen.
Wand?
Jetzt erst sah sie sie. Sie hatte sich von ihrem Unterbewußtsein steuern lassen. Die Benommenheit kam jetzt zurück, da der Streß nachließ. Als sie nun nach ihrem ersten Gegner suchte, konnte sie ihn nicht mehr entdecken.
Der mußte sich von ihrem Tritt soweit erholt haben, daß er flüchten konnte.
Das wäre nicht weiter schlimm gewesen, wenn er dabei nicht den Dhyarra-Kristall und den Alu-Koffer mitgenommen hätte. Nur die Strahlwaffe lag irgendwo. Vermutlich hatte er sie nicht als Waffe ernstgenommen, weil sie nicht ganz wie eine normale Pistole aussah.
Nicole lehnte sich gegen die Wand. Durch einen Nebelschleier, der sich allmählich lichtete und die Konturen schärfer hervortreten ließ, sah sie die Regenbogenblumen und dahinter eine dunkle Ziegelmauer.
Angelique Cascal hatte die Ableger offenbar im Hinterhof angepflanzt.
»Wie wundervoll«, murmelte sie sarkastisch und konnte sich nur darüber freuen, daß keiner der anderen Bewohner das Beet mal eben lässig umgegraben hatte, um Kartoffeln oder Gemüse anzubauen.
Nicole nahm den Blaster auf, fand irgendwo ihren Gürtel und schlang ihn sich wieder um die Hüften, um die Waffe an die Magnetplatte zu heften. Nicht weit entfernt lag auch das schmale Etui mit der Ausweiskopie, dem Geld und einer Kreditkarte. Sie konnte also einen Flug von Baton Rouge nach Miami buchen, ohne in Zahlungsschwierigkeiten zu geraten. Natürlich hätte sie auch im Château anrufen können, damit Raffael das von dort aus fernmündlich über Agenturen erledigte. Aber das wäre alles relativ umständlich gewesen.
Ärgerlich war der Verlust des
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