0536 - Das Haus der Seelenfresser
Farben des Regenbogens schimmerten, konnten Menschen -und erwiesenermaßen auch andere Lebewesen - in Bruchteilen von Sekunden von einer Blumenkolonie zur anderen transportieren. Die Blumen wuchsen sowohl an verschiedenen Orten der Erde als auch in anderen Dimensionen und auf anderen Welten. Sie stellten so ein faszinierendes Transportmittel dar, das nicht nur Zeit, sondern auch Reisekosten sparte. So hatten sie vor etwa einem Jahr Ableger aus dem Château Montagne sowohl nach Tendyke’s Home in Florida gebracht als auch nach Baton Rouge, Louisiana, zu den Cascals.
Die Ableger waren angegangen und gediehen scheinbar recht gut.
Jetzt aber, da sich herausstellte, daß die Unsichtbaren diese Blumen nur zu gut kannten, wurden die offenen Reisewege plötzlich zur Gefahr, zumal die weißmagischen Sperren, die Dämonen und ihre Helfer von einer Benutzung abhalten sollten, nicht wirkten. Die Unsichtbaren waren gegen diese Barrieren, an denen selbst Höllenfürsten scheiterten, immun!
Also mußten die Freunde gewarnt werden, bei denen die Blumen wuchsen, und die Blumen selbst noch einmal besonders abgesichert werden.
So war Zamorra nach Florida gereist und Nicole nach Louisiana.
Dabei stellten sie beide unabhängig voneinander fest, daß die ›Jungblüten‹ vorerst so etwas wie eine Einbahnstraße waren. Sie hatten die Reisenden zwar empfangen, doch die Rückkehr zum Château Montagne war vorläufig nicht möglich. Es sah so aus, als sei das Wachstum noch nicht weit genug fortgeschritten, als brauchten die Regenbogenblumen noch eine weitere Reifezeit, um ihrerseits auch senden zu können.
Ehe Zamorra am kommenden Tag sich wieder ins Flugzeug setzen konnte, hatte sein Amulett ihn auf etwas aufmerksam gemacht, um das er sich kümmern sollte. Das künstliche Bewußtsein, das sich in der handtellergroßen magischen Silberscheibe gebildet hatte und immer stärker wurde, bedrängte ihn, weigerte sich aber, selbst in die Nähe des Ziels gebracht zu werden. Alles deutete auf das geheimnisvolle Wesen Shirona hin, dem das Bewußtsein in Merlins Stern nicht nur spinnefeind zu sein schien, sondern dem es mit fast panischer Angst stets aus dem Weg zu gehen versuchte.
So hatte Zamorra auch nur die Richtung erfahren, in der er suchen sollte, nicht aber den genauen Fixpunkt.
Da er das Amulett nicht benutzen konnte und wollte, wenn es tatsächlich um Shirona ging, hatte er seine Gefährtin Nicole Duval gebeten, zu ihm zu kommen und andere Hilfsmittel mitzubringen. Dann war er dem Vorschlag der Telepathin Monica Peters gefolgt, die Strecke trotzdem schon einmal mit einem gecharterten Hubschrauber abzufliegen. Vielleicht, hatte Monica argumentiert, fanden sie ja schon etwas, das mit den drängenden Warnungen des Amuletts in Zusammenhang stand.
Doch plötzlich war ein Angriff auf den Hubschrauber erfolgt. Ein seltsames Nebelwesen hatte den Piloten attackiert und ihm die Seele entrissen! Zamorra hatte gerade noch in die Steuerung eingreifen und eine Notlandung durchführen können.
Sie mußten sich jetzt irgendwo im Palm Beach County befinden, mitten im Sumpfgebiet. Wo genau, wußte keiner von ihnen, da weder Zamorra noch Monica darauf geachtet hatten und der Pilot nicht mehr lebte. Vermutlich war weit im Süden der auf einem mächtigen Damm errichtete Highway 75, auch ›Alligator-Allee‹ genannt, und irgendwo im Norden die Fernstraße 27. Aber mit etwas Pech mochte es in beiden Richtungen zehn oder mehr Kilometer sein, die zurückzulegen auf sumpfigem Boden, schmalen Landstreifen und immer wieder überraschend auftauchenden Wasserläufen eine Tortur darstellte, stets vom Risiko begleitet, daß der Weg unvermittelt in einem Alligatorrachen endete.
Monica Peters hatte telepathisch um Hilfe gebeten, und ihre Zwillingsschwester in Tendyke’s Home hatte ihr versprochen, daß Hilfe kam, um sie schnellstmöglich abzuholen. Aber noch ehe es dazu kam, war mit dem seelenlosen Piloten eine Veränderung vor sich gegangen. Er griff Zamorra und die Telepathin an, umschwebt von dem jäh wieder aufgetauchten Nebelgeist. Der Untote verstrahlte ein Blitzgewitter. Zamorra und Monica waren aus dem allmählich versinkenden Hubschrauber ins Wasser geflüchtet. Doch als seien die magischen Blitze Elektrizität, war eine Art Spannungsfeld entstanden, das den beiden Menschen das Gefühl vermittelte, in einer Badewanne zu liegen, in die jemand einen am Stromnetz hängenden Fön warf. Ein Kraftfeld hatte einen großen Teil der Wasserfläche überspannt,
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