0536 - Mambo-Hölle
sitzen habe. Weißt du, ich kann es noch immer nicht fassen.«
»Das glaube ich dir. Es war fast im letzten Augenblick. Da bist du so alt geworden und machst immer noch Dinge, über die man nur den Kopf schütteln kann.«
»Da sagst du was.«
»Und wieso?«
»Ich weiß auch nicht, was über mich gekommen ist. Dieses Mädchen hat mich verhext. Ich habe sie gesehen, da traf es mich wie ein Hieb in den Magen. Mir blieb die Luft weg, ich spürte das Herzklopfen wie damals bei meiner ersten Verabredung. Das war fast so etwas wie Liebe auf den ersten Blick. Sie hat mich umgarnt, umfangen, sie brauchte mich nur anzusehen, ich war weg. Und ich wollte sie auch aus dieser Szene herausholen. Zuerst hatte ich den Eindruck, daß sie nicht einmal dagegen war, aber dann…«
»Und du hast keine Zeit gefunden, wenigstens bei deiner Familie anzurufen.«
Bill nahm eine Hand vom Lenkrad und wischte über sein Gesicht.
»Verdammt, erinnere mich nicht daran, John. Was meinst du, wie ich jetzt darüber denke.«
»Sheila ist fast wahnsinnig geworden.«
»Klar, wäre ich auch. Danke, daß du gekommen bist.« Er hob die Schultern. »Allein hätte ich es nicht mehr geschafft.«
»Außerdem – wie konntest du dich nur mit Lossardo anlegen. Hast du nicht gewußt, daß Evangeline ihm gehört?«
»Erst später, da steckte ich schon mittendrin. Sie haben mich auch zusammengeschlagen, gewissermaßen als eine letzte Warnung. Aber Evangelines Einfluß war einfach zu stark. Ich konnte mich nicht dagegen wehren, da bin ich eben geblieben.«
»Das war nicht gut.«
»Ich weiß es ja, John.«
Wir hatten die Scheinwerfer eingeschaltet. Die breiten, bleichen Lichtbalken stachen in die Finsternis und gaben dem satten Grün der uns umgebenden Pflanzenwelt einen gespenstischen Glanz.
Gut war dieser Weg nicht. Wir hatten bisher noch keine Stelle entdeckt, wo wir wenden konnten.
Dann erschien vor uns die Lichtung. Die Stelle sah aus, als hätte ein Unwetter den Bewuchs aus dem Weg geräumt. Das Licht glitt auch über die Lichtung hinweg. Beide sahen wir das zitternde Glitzern, ein Zeichen, daß der helle Schein auf eine Wasserfläche gefallen war.
Eine Brücke war nicht in Sicht.
»Ende der Fahnenstange«, sagte ich. »Über diesen verdammten Fluß kommen wir nicht.«
»Schau mal, wie breit er ist.«
Ich schüttelte den Kopf. »Willst du darüber fliegen?«
»Das hat James Bond auch getan.«
Ich winkte ab. »Hör auf, du bist nicht Bond, sondern Bill, der große Frauenheld.«
»Hör bloß auf, Mensch!«
Ich stieg aus. Die Luft stand wie eine Wand. Natürlich überfielen mich die unzähligen Mücken, das war ich mittlerweile gewohnt.
Hier, nahe des Flusses, war das Gelände noch weicher und seifiger geworden. Der Untergrund zeigte eine grüne Schicht aus Gras, Moos und sehr flachen Pflanzen. Ich hatte das Gefühl, durch grünen Matsch zu gehen. An der Uferböschung blieb ich stehen.
Es war kein Fluß, aber auch kein Bach. Eher ein Mittelding zwischen beiden.
Das Wasser floß sehr langsam. Ein dunkelgrüner Teppich, auf und in dem Pflanzenreste, Äste und Zweige träge mitgetrieben wurden und der Mündung entgegenglitten.
Eine Brücke oder nur einen Steg konnte ich nicht entdecken. Hier saßen wir fest.
Auch am anderen Ufer stand der Dschungel als eine dunkelgrüne Mauer. Über ihr und weiterversetzt schimmerte eine schwache Lichtglocke. Ich ging davon aus, daß die Gegend dort bewohnt war, aber hin kamen wir nicht.
Bill wartete im Wagen auf mich. Als ich mich neben ihn setzte, hob ich die Schultern. »Tut mir leid, wir müssen drehen.«
»Wie denn?«
»Einfach rum.«
»Okay, ich versuch’s.«
Zunächst einmal hatten wir Mühe, freizukommen, weil das Gewicht des Wagens die Reifen schon ziemlich tief in den weichen Boden gedrückt hatte. Bill wandte sein fahrerisches Können auf, um den Caddy rückwärts zu fahren. Dann schlug er das Lenkrad ein.
Hinter uns hörte ich es krachen. Wir waren mit dem Heck in die Pflanzenwelt hineingefahren und hatten durch den Druck wohl einige Zweige oder Äste abgebrochen.
Das tat dem Wagen bestimmt nicht gut, doch wer dachte an diesen Momenten schon daran?
Irgendwie schafften wir es trotzdem. Schaukelnd, schlingernd und rutschend gelang es meinem Freund, den Wagen zu wenden, so daß die lange Kühlerfront jetzt in die entgegengesetzte Richtung schaute.
Der Reporter blieb sitzen und schüttelte den Kopf. »Verdammt«, sagte er. »Das war’s.« Er schaltete jetzt das Fernlicht ein. Die
Weitere Kostenlose Bücher