0539 - Drachenhölle Baton Rouge
Ted Ewigks römischer Villa aufragten, mußte man staunen, daß die jungen Ableger überhaupt schon dazu in der Lage waren, Menschen mittels deren Vorstellungsvermögen zu transportieren.
Eine klare Zielvorstellung und der Wunsch, zu diesem Ziel zu gelangen, reichte aus - sofern sich in unmittelbarer Nähe ebenfalls jene Blumen befanden, deren Blüten je nach Lichteinfall in allen Farben des Regenbogenspektrums schimmerten und die sich nicht an Jahreszeiten störten, sondern ständig in Blüte standen.
Zamorra und Nicole machten sich reisefertig. Was sie an magischen Instrumenten und Waffen benötigten, wurde eingepackt. Sie informierten den alten Diener Raffael Bois, den »guten Geist des Hauses«, dann machten sie sich an den Abstieg in die Kellergewölbe, die vor fast tausend Jahren in härtester Fronarbeit oder auch unter Mithilfe dunkler Magie in den gewachsenen Fels geschlagen worden waren. Hunderte von Metern tief ragten sie ins Gestein. Am Ende des längsten bisher erforschten Ganges befand sich der riesige Kuppelraum mit den Regenbogenblumen, die unter einer rätselhaften, künstlichen Sonne blühten.
Zamorra und Nicole traten zwischen die Blumen und wünschten sich an ihr Ziel. Sekunden später befanden sie sich auch schon dort.
Vom heimischen europäischen Schmuddelwetter keine Spur mehr. Hier war zwar auch Winter, aber Baton Rouge liegt etwa auf dem gleichen Breitengrad wie Kairo. Dezember-Temperaturen von 20 und mehr Grad Celsius sind hier durchaus normal. Dafür aber auch Wirbelstürme…
Nicole musterte die Blumen mit einem skeptischen Blick. »Vielleicht sollte Angelique sie doch anderswo anpflanzen«, überlegte sie. »Dieses Beet wäre mir zu gefährdet. Braucht bloß ein Fußballspiel etwas wilder auszuarten, und die Pflänzchen sind anschließend geknickt oder gar zertrampelt.«
»Sag’s ihr«, schlug Zamorra vor. »Aber ich denke, sie wird schon wissen, warum sie genau diese Stelle ausgesucht hat. In der Wohnung würde ich sie nämlich auch nicht haben wollen. Da könnte ja jeder, der die Fähigkeiten der Blumen kennt, plötzlich im Wohn- oder Schlafzimmer stehen… nein, danke!«
»Es gäbe ja auòh die Möglichkeit, die Pflanzen draußen vor der Stadt in der freien Wildbahn anzusiedeln. So hatte ich mir das eigentlich seinerzeit vorgestellt. Dann gibt’s auch keine staunenden Gesichter, wenn plötzlich Menschen aus dem Nichts erscheinen oder im Nichts verschwinden.« Sie deutete auf eines der Fenster des großen Mietshauses. Ein verblüfftes Gesicht verschwand hinter einer hastig zugezogenen Gardine. Nicole lachte leise auf. »Ertappt, fremder Späher…«
»Und dann stehst du in der freien Wildbahn und steigst in Bus oder Taxi, weil da gerade eine Haltestelle ist, nicht wahr?« erwiderte Zamorra. »Ich weiß nicht… die Sache mit dem Beet im Hinterhof kann mir gefallen. Ich würde allenfalls einen kleinen Drahtzaun herumziehen. Schon allein, damit spielende Kinder nicht einfach verschwinden. Und die haben ja manchmal die ausgefallensten Träume von fremden, exotischen Ländern und Märchenkönigreichen. Stell dir vor, die haben gerade im Kino Jurassic Park gesehen, sind in ihrer Fantasie noch mit Sauriern beschäftigt, wünschen sich, die Biester mal echt und aus der Nähe zu sehen und landen prompt auf einem urzeitlichen Planeten, wo es zufällig auch Riesensaurier und Regenbogenblumen gibt…«
»Das stelle ich mir lieber nicht vor«, sagte Nicole leicht schaudernd. »Du hast recht. Hier muß ein Zaun her!«
Sie gingen zur Hintertür des Hauses. Sie war nie abgeschlossen, wie auch die Haustür nicht. Daß es in den Häusern dieser Straße nichts zu stehlen gab, wußte jeder - schließlich wohnten die meisten Diebe selbst hier…
Eine Treppe führte abwärts zur cascalschen Kellerwohnung. Die Tür war nur angelehnt. Das wiederum war eigenartig - sowohl Yves als auch Angelique schlossen immer ab. Selbst wenn Maurice, der Rollstuhlfahrer, in der Wohnung weilte, war die Tür verriegelt. Weniger, um nichtvorhandene Sachwerte zu sichern, sondern weil Vombre hier weiterhin unerkannt leben wollte. Falls jemand unbefugt durch die kleinen Zimmer strolchte, nur so aus Zufall, mochte er verräterische Details finden. Und das war nicht unbedingt im Sinne des »Schattens«…
Zamorra war gewarnt…
Er nickte Nicole zu. Sie griff zum Dynastie-Blaster, der, bei der Aktion gegen Zorak restlos leergeschossen, wieder mit einem neuen Energiemagazin bestückt worden war. Die Waffe haftete an
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