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054 - Gabe und Fluch

054 - Gabe und Fluch

Titel: 054 - Gabe und Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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geschah.
    Fudohs Pupillen tanzten panisch in den Augenhöhlen, als Kuga ein Messer aus seinem rechten Stiefel zog. Es war eine einfache Waffe mit fellumwickeltem Griff und gebogener Klinge. Der fleckige Stahl reflektierte in der Sonne, während er sich langsam seinem Gesicht näherte.
    Fudoh versuchte keine Angst zu zeigen, doch das war ein hoffnungsloses Unterfangen.
    Er zitterte am ganzen Körper. Bis zuletzt versuchte er sich einzureden, dass ihm Kuga nur Angst einjagen wollte - da drang die Klinge auch schon durch seine linke Wange. Obwohl der Schnitt bis auf den Knochen ging, schmerzte es zuerst nicht mehr als ein Nadelstich.
    Sekunden später brannte es bereits wie die Hölle.
    Fudohs Atemfrequenz beschleunigte sich, während er den Laut unterdrücke, der in seiner Kehle explodieren wollte. Sein Starrsinn war stärker als die Angst, die in ihm tobte. Der Triumph, ihn jammern zu hören, blieb seinen Peinigern verwehrt.
    Ein warmer Strom lief ihm über Kinn und Hals hinab, wahrend Kuga die bluttriefende Klinge in die Höhe hielt. Die dunklen Augen des Mongolen glänzten wie im Rausch. Ihm machte es sichtlich Spaß, einen Hilflosen zu quälen.
    Fudoh hätte dem Kerl am liebsten ins Gesicht gespuckt, doch er bekam nicht genügend Speichel zusammen. Seine Kehle war staubtrocken. »Macht mit mir, was ihr wollt!«, brachte er nach einer Ewigkeit hervor. »Ich verrate nichts!«
    Brüllendes Gelächter brandete auf. Jeder Mongole in Hörweite lachte über seinen Widerstand. Außer Kuga, der schweigend Fudohs linkes Ohr packte und die Klinge erneut ansetzte. Diesmal war der Schmerz stärker. Viel stärker.
    Ein gellender Schrei wie aus weiter Ferne übertönte den Spott der Mongolen. Es dauerte einige Sekunden, bis Fudoh begriff, dass ihn kein Fremder, sondern er selbst ausgestoßen hatte. Der Trauer darüber, seinen Vorsatz gebrochen zu haben, folgte blankes Entsetzen, als ihm Kuga ein abgeschnittenes Ohr präsentierte…
    ***
    San Fernando Volley, Januar 2518
    Dinter und Miller hockten gebannt vor dem schweren Funkgerät in ihrem Labor. Nur noch wenige Sekunden bis zum verabredeten Zeitpunkt, dann wollten die WCA- Wissenschaftler erneut Kontakt mit ihrer Heimat aufnehmen. 2659 Meilen entfernt, auf der anderen Seite des Kontinents. In Washington.
    Bisher drang nur Ätherrauschen aus dem Lautsprecher, obwohl die ISS längst in ihrer Umlaufbahn den nordamerikanischen Kontinent überquerte. Das Funkrelais, das dort installiert worden war, [3] ermöglichte ihnen von nun an interkontinentale Verbindungen, denn es machte sich den Effekt zunutze, dass die CF-Strahlung in höheren Regionen deutlich abnahm.
    »Nun mach schon«, drängte Miller. »Glaubst du vielleicht, der Alte meldet sich zuerst?« Dinter nickte säuerlich. Seine Kollege hatte gut reden. Er musste sich ja nicht mit General Crow auseinandersetzen, sondern markierte nur den interessierten Zuschauer.
    »Außenposten San Fernando ruft HQ Washington«, rief er in das Mikrofon. »Alpha Eins, bitte melden.«
    Sekundenlang knackte es nur im Lautsprecher, dann war tatsächlich die Stimme des Generals zu hören. »Wird auch Zeit, San Fernando. Ich warte schon seit zehn Minuten auf Ihre Meldung.«
    Miller setzte ein selbstzufriedenes Grinsen auf. Siehst du, ich habs dir doch gesagt. Steve Dinter beschloss, den vorlauten Kollegen nächstes Mal selbst ans Mikrofon zu lassen, das würde sein Mütchen schnell kühlen. Zuerst musste er allerdings die Scharte bei Crow auswetzen.
    »Commander Drax ist hier aufgetaucht«, verkündete er die frohe Botschaft. »Genau so, wie sie es vorausgesehen haben, General!«
    Die Schmeichelei erzielte den gewünschten Erfolg. Einen derart gut gelaunten Crow erlebte man nur selten. »Ich habs doch gewusst«, triumphierte der alte Haudegen.
    »Niemand legt sich ungestraft mit Arthur Crow an! Haben Sie den verdammten Verräter schon liquidiert?«
    Die Wissenschaftler sahen sich entgeistert an. Das konnte der Alte doch wohl nicht ernsthaft von ihnen erwarten…
    »Negativ«, antwortete Dinter nach kurzem Zögern. »Die Umstände hier haben sich dramatisch verändert. Wir haben es mit einer japanischen Invasion zu tun. Es herrscht Krieg!« In schnellen Sätzen erklärte er die Situation.
    »Alle Achtung«, lobte der General, und das kam selten genug vor. »Ihr Kittelträger kämpft also tatsächlich mal an vorderster Front. Was ist mit dem Shuttle?«
    »Darüber haben wir noch keine Informationen, Sir«, erklärte Dinter. »Aber wir haben

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