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054 - Gabe und Fluch

054 - Gabe und Fluch

Titel: 054 - Gabe und Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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Hinweis auf der Spur zu sein.
    Perkins wollte Kuga gerade weitere Anweisungen geben, als ihn ein lautes Krachen zusammenfahren ließ. Zuerst dachte er, eine ihrer Kanonen wäre abgefeuert worden, aber dann sah er die fünf Kondensstreifen am Himmel. So etwas hatte er bisher nur in Schulungsfilmen gesehen, trotzdem konnte er die schlanken Körper eindeutig identifizieren. Raketen! Die Antriebsstrahlen ließen keinen anderen Schluss zu.
    Fauchend sanken die Geschosse tiefer, flogen über ihre Stellung hinweg und verschwanden hinter den schroffen Felsen, die zum Strand führten. Sekunden später ließen schwere Explosionen den Boden erzittern. Glühende Wolken stiegen empor, genau dort, wo die Dampfschiffe der Mongolen gelandet waren.
    »Das gibt es nicht!«, keuchte Perkins perplex. »Woher kommen diese Dinger?«
    »Aus der Raketenbatterie in den Bergen«, antwortete eine gepresste Stimme, obwohl er die Frage an sich selbst gestellt hatte.
    Perkins sah zu der blutigen Masse, die einmal das Gesicht eines Jungen gewesen war.
    Fudoh schien ihn auf geradezu obszöne Weise anzugrinsen, doch das lag an den fehlenden Lippen, die sein Gebiss nicht mehr verdecken konnten.
    »Wie könnt ihr so hochwertige Technik benutzen?«, flüsterte der Captain. »Ihr müsst doch genauso verblödet sein wie die anderen!«
    »Die Bunker haben uns vor der CF-Strahlung geschützt!« Es gab keinen Grund, in diesem Punkt zu schweigen. Dass die fünf antiken Geschosse, die am Strand eingeschlagen waren, Tokios gesamtes Raketenpotential darstellten, erwähnte Fudoh dagegen mit keinem Wort.
    Perkins verstand die Welt nicht mehr. »Ihr habt das alte Wissen? Aber wieso könnt ihr dann ungeschützt hier draußen herumlaufen, ohne…« Er hielt mitten im Satz inne, doch der Blick, den er auf seinen Schutzanzug warf, sprach Bände. Der Captain stammte also aus einer isolierten Bunkerzivilisation, die über Jahrhunderte das Risiko gescheut hatte, ihre Gene mit anderen Enklaven auszutauschen.
    Kuga starrte Fudoh hasserfüllt an. Seine Rechte, die das blutige Foltermesser umklammerte, begann zu zittern. Ihm missfiel die plötzliche Gesprächigkeit, die sein Opfer an den Tag legte. Vor allem irritierte ihn aber die aufkeimende Panik des Lords, den er als Gott anbetete.
    Unter den übrigen Mongolen kam ebenfalls Unruhe auf. Die Seebrise wehte Brandgeruch und Todesschreie vom Strand herauf. Langsam dämmerte ihnen, dass sie es hier mit einem Gegner zu tun hatten, der ihre Flinten und Kanonen nicht zu fürchten brauchte. Erwartungsvoll blickten sie zu ihrem Lord, der sie bisher siegreich von Schlacht zu Schlacht geführt hatte.
    »Gebt das Signal zum Sammeln«, befahl Perkins, nachdem er die erste Überraschung verdaut hatte.
    Ein roter Wimpel wurde den Fahnenmast empor gezogen, als weithin sichtbares Zeichen des Rückzugs. Die ausgeschwärmten Truppen machten umgehend kehrt, doch viele kamen nicht weit. Wie aus dem Nichts zischten dichte Pfeilschwärme durch die Luft und spickten die abziehenden Eroberer. Aus einer verdeckten Stellung heraus begann ein Maschinengewehr zu rattern. Es nahm das Basislager unter Beschuss.
    Perkins' Leibwache fiel schneller als Weizenhalme unter dem Schwung der Sense. Selbst der Captain erhielt einen Streifschuss an der Schulter.
    Brüllend sank er zu Boden, eine Hand verzweifelt auf den Riss gepresst, der plötzlich in seinem Anzug klaffte. Blut war nicht zu sehen, trotzdem gebärdete er sich wie ein hysterisches Kleinkind, das nach der Aufmerksamkeit seiner Mutter heischte. »Nein! Ich werde kontaminiert!«
    Alles Göttliche, das er einmal ausgestrahlt hatte, fiel von ihm ab. Die Mongolen, die von ihm Hilfe und Führung erhofft hatten, rannten kopflos Richtung Strand. Nur wenn sie ein unbeschädigtes Boot fanden, besaßen sie noch eine Überlebenschance.
    Einzig Kuga blieb an der Seite seines Herrn. Für eine Flucht war es ohnehin zu spät. Japanische Schwertkämpfer und Bogenschützen drangen hinter ihnen zwischen den zerklüfteten Felsen hervor. Sie mussten sich durch das Lüftungsrohr geschlichen haben, das auch Fudoh und Keiko benutzt hatten. An ihrer Spitze rannte Meister Takashi, der zwei überraschte Mongolen mit dem Schwert niedermachte, bevor sie ihre geladenen Flinten abfeuern konnten.
    An eine geordnete Gegenwehr war nicht mehr zu denken. Durch die Überlegenheit der Kanonen verwöhnt, waren sie sich ihrer Sache zu sicher gewesen. Nun stürmten sie in heilloser Panik davon.
    Kuga griff nach dem letzten verbliebenen

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