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054 - Gabe und Fluch

054 - Gabe und Fluch

Titel: 054 - Gabe und Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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Strohhalm. Er zerrte Fudoh am Kragen in die Höhe, um sich mit seinem Körper vor den gegnerischen Pfeilen zu schützen. Meister Takashi stieß einen empörten Laut aus, als er das entstellte Gesicht seines Schülers sah. Andere Japaner stimmten mit ein.
    »Nehmt keine Rücksicht auf mich!«, rief Fudoh ihnen zu. Er wollte lieber sterben als mit der Fratze zu leben.
    Zwei gefiederte Schäfte schienen seinen Wunsch zu erfüllen, doch sie schlugen oberhalb seines Schopfes ein. Direkt in Kugas Hals. Der Mongole bekam, was Fudoh sich erhofft hatte. Einen schnellen Tod.
    Weinend fiel der Junge auf die Knie. Wären seine Hände nicht gefesselt gewesen, er hätte sich in einen Dolch gestürzt, um seinem Leben selbst ein Ende zu bereiten.
    Gleich darauf wurde er von Takashi und weiteren Samurais des Shögunats umringt. Fudoh hatte den alten Meister noch nie so aufgelöst gesehen. Tränen liefen über das faltige Gesicht, während er verkündete: »Sei unbesorgt, Fudoh. Deine Schmach soll gesühnt werden.«
    Obwohl der Kampf um sie herum weiter tobte, wandte sich der Samurai an Captain Perkins, der von mehreren Japanern vorgeführt wurde. Vergeblich versuchte sich der Amerikaner aus ihrem Griff zu befreien. »Nehmt eure dreckigen Pfoten von mir!«, zeterte er. »Ihr infiziert mich mit euren Bazillen!«
    Zornbebend trat Takashi näher. Er schlug ohne Vorwarnung zu. Zwei Mal, ohne dass auch nur ein Tropfen Blut floss. Die Klinge schlitzte lediglich den silbernen Anzug über dem Brustkorb auf.
    Heulend vor Wut musste Perkins mit ansehen, wie das luftdichte Material auseinander klappte. Dann zerstörte ein weiterer Schlag das Glas seines Helms. Zitternd unter der plötzlichen Kühle begann er zu husten. Zum ersten Mal wurde seine natürliche Stimme hörbar, die viel höher klang als aus dem Lautsprecher.
    »Das werdet ihr bereuen!«, kreischte er. »Ich bin nur die Vorhut! Wenn ich nicht zurückkehre, habt ihr Schlitzaugen keine ruhige Minute mehr, das garantiere ich euch!«
    Takashi hörte sich die Drohungen in aller Seelenruhe an, bevor er antwortete: »Wirklich hochinteressant. Du hast sicherlich eine Menge zu erzählen, bevor wir dich sterben lassen.«
    ***
    San Fernando Valley, Januar 2518
    Matt und Aiko waren am Ende ihrer Kräfte, als sie bei Anbruch der Dunkelheit Takeos Siedlung erreichten. Zwischen den kleinen Holzhäusern mit den überhangenden Dächern campierten immer noch zahlreiche Flüchtlinge in provisorischen Zelten aus Taratzen- oder Biisonfell, doch die Reihen hatten sich seit dem Morgen stark gelichtet. Die Kunde von den anruckenden Untoten musste bereits die Runde gemacht haben.
    Ein unablässiger Menschenstrom marschierte tiefer ins Land, um den aufziehenden Schrecken zu entgehen. Für jeden, der sich dem Tross mit Sack und Pack anschloss, rückten aber zwei Neuankömmlinge aus dem Westen nach, die gerade noch einmal mit dem Leben davon gekommen waren. Mit letzter Kraft erreichten sie die wärmenden Feuer, an denen Takeos Bedienstete mit dampfenden Töpfen voller Suppe, Reis und Gemüse warteten. Die gemeinsam durchlebten Strapazen schweißten viele Blax, Yellos und Pales zusammen, doch es gab auch Kriegsgewinnler, die nur auf ihren Vorteil bedacht waren.
    Viele Andronen- oder Frekkeuscherbesitzer boten einen Platz auf ihren Reittieren zu horrenden Preisen an. Nicht wenige von ihnen setzten ihre Passagiere dann mitten in der Wildnis aus, um auf der Suche nach neuen Opfern möglichst schnell in die Flüchtlingslager zurückkehren zu können. Ro-Cops und verdeckt operierende Cyborgs sorgten dafür, dass sich das Recht des Stärkeren nicht völlig durchsetzte, doch sie waren zu wenige, um auch in den übrigen Lagern des Tals für Ordnung zu sorgen.
    Matt fühlte sich völlig entmutigt, als sie zur Landung ansetzten.
    Was nutzten die kleinen Siege, die Aiko und er an diesem Tag errungen hatten, wenn die ganze Welt im Chaos versank? Wieder einmal wurde ihm bewusst, was für ein kleines Rädchen er im geschichtlichen Gefüge dieser barbarischen Zeit war. So gerne er auch allen Menschen des Tals geholfen hätte, er konnte sich nicht vervielfältigen. Die Hilfe musste delegiert werden.
    Die RoCops leisteten allerdings gute Arbeit, das konnte er laufend über Funk verfolgen.
    »Kin an Task Force Control«, drang es gerade aus dem Bordlautsprecher. »Versuchte Vergewaltigung nahe des See-Pavillon. Ich greife ein.«
    Pavillon Zwölf lag nur zwei Kilometer entfernt. Mit dem Gleiter war das ein Katzensprung. Heftiger

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