054 - Gabe und Fluch
Gefährten aus, begierig, ihn nach der langen Trennung - immerhin zehn Stunden - körperlich zu spüren. Matt beugte sich hinab und hauchte ihr einen Kuß auf die Lippen. Als er sich setzte, fing er Aikos leicht neidischen Blick auf.
Der Cyborg, der sich ihm gegenüber niederließ, hatte von Brina nur ein freundliches
Hallo zur Begrüßung erhalten. Das erschien ihm wohl etwas dürftig.
Matt wusste aus den langen Gesprächen im Gleiter, dass sich Aiko nichts sehnlicher wünschte, als seine Beziehung zu der Fassadenmalerin aus El'ay zu vertiefen. Die beiden hätten auch ein schönes Paar abgegeben, doch obwohl sie sich wirklich gut verstanden, kam Aiko über den Punkt der bloßen Freundschaft nicht hinaus. Matt schob das auf die unsichere Situation, in der sie alle schwebten, Aiko suchte den Grund für ihr abweisendes Verhalten dagegen bei sich selbst.
Zwei junge Asiatinnen servierten ihnen das Essen. Matt war nicht sicher, ob es sich um Bedienstete aus der Umgebung oder um Cyborgs handelte. Die Mischwesen aus bionischen und organischen Körperteilen ließ sich von normalen Menschen kaum unterscheiden.
Aiko runzelte mit der Stirn, als die Frauen zum nächsten Tisch gingen.
»Was ist?«, fragte Matt.
»Die Linke kommt mir bekannt vor«, erklärte der Cyborg, »aber ich weiß nicht, wo ich sie einordnen soll.«
»Vielleicht eine flüchtige Bekanntschaft aus El'ay«, neckte ihn Brina. »In einer dunklen Straßenecke ohne Laternen. Das würde erklären, warum du sie nicht erkennst.«
Aiko errötete bis hinter die Ohrläppchen. Dass ihn ausgerechnet Brina mit fremden Frauen aufzog, schmeckte ihm gar nicht.
»Mach dir nichts draus«, tröstete Matt, »mir ist gerade beim Hereinkommen das Gleiche passiert.« Geschickt blockte er den Ellenbogenstoß ab, den ihm Aruula unterhalb der Tischplatte verpassen wollte. So leicht war er nicht zu überraschen.
Während der Smalltalk in der Runde weiterging, riss Matt ein handtellergroßes Fladenbrot auseinander und stopfte sich eine Hälfte davon in den Mund. Doch sein Hunger verflog auf der Stelle, als er wieder zu dem Tisch der WCA-Leute hinüber sah. Die Equalizer mit den braunen Haaren kreuzte seinen Blick mit kalten, abschätzenden Augen.
Das durfte doch wohl nicht wahr sein!
Er kannte die Frau wirklich! Das war… Major DeLano! Dayna!
»Ein wirklich schönes Kleidungsstück, das du da trägst, Aruula.« Brinas Stimme klang seltsam weit entfernt, als würde sie durch Watte gedämpft.
»Findest du? Naoki hat es mir geschenkt. Es nennt sich Bikiini.«
»Interessant. Der Stoff wurde bestimmt nicht in El'ay gewebt, dazu ist er viel zu fein.«
»Ja, ganz glatt und weich. Fühl mal.«
Matts Umgebung verblasste immer mehr, während die Erinnerungen mit aller Macht über ihn herein brachen. Kurze Szenen quollen aus seinem Gedächtnis hervor.
Seine Ankunft in Washington. Damals, als er nicht wusste, ob er Aruula jemals wiedersehen würde. Die erste Begegnung mit Dayna und ihre gemeinsame Nacht. Aber auch, wie er Dayna bei Crow zurücklassen musste, nachdem sie von den Running Men als unfreiwilliger Doppelagent, als »Schläfer« missbraucht worden war. [4] [5] Was, zum Teufel, hatte sie nur hierher verschlagen, ans andere Ende des Kontinents?
Andererseits bewies ihre Anwesenheit, dass der Weltrat ihr Handeln nicht als Verrat eingestuft hatte. Crow musste erkannt haben, dass Dayna gegen ihren freien Willen den Rebellen behilflich gewesen war.
Ein schmerzhaftes Zwicken holte ihn in die Realität zurück. Es war Aruula, die in seinen Oberarm kniff. »Was ist los mit dir?«, flüsterte sie.
Matt bemühte sich, den Kopf frei zu bekommen. Hoffentlich hatte Aruula nicht den erotischen Teil seiner Erinnerungen gespürt, sonst war der nächste Krach vorprogrammiert. Er hatte den Seitensprung zwar gebeichtet, doch wenn sie von der Anwesenheit einer ehemaligen Rivalin erfuhr, reagierte Aruula bestimmt eifersüchtig. Und zwar auf Barbarenart!
Hastig konzentrierte sich Matt auf den Suppenteller vor seiner Nase. Leckeres Essen!
Das war alles, woran er denken durfte.
»Wer ist die Frau dort hinten?«, durchkreuzte Aruula seine Pläne. »Sie schaut ständig herüber! Irgendwie kommt sie mir bekannt vor.«
Matt nickte, gab aber vor, wegen des Bissens in seinem Mund nicht sofort antworten zu können. »Das ist Major DeLano«, trat er schließlich die Flucht nach vorne an. »Du hast sie während unserer Flucht aus dem Pentagon gesehen. Schon komisch, dass es sie auch nach Los
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