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054 - Gabe und Fluch

054 - Gabe und Fluch

Titel: 054 - Gabe und Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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Angeles verschlagen hat.«
    »Das ist alles?« Die Barbarin bedachte ihn mit einem misstrauischen Blick. »Und warum versuchst du dann mit aller Macht, an etwas Bestimmtes nicht zu denken?« Verdammt! Was er auch machte, es war immer verkehrt! Zorn wallte in Matt auf. Mehr auf sich als auf seine Gefährtin; trotzdem war seine Antwort entsprechend bissig gefärbt.
    »Ich brauche nichts zu verdrängen! Schließlich hast du mir versprochen, nicht mehr in meinen Gedanken zu lauschen.«
    Aruula drehte sich beleidigt zur Seite. Matt hatte zwar Recht, aber er wusste auch, wie schwer es ihr fiel, die natürlichen Instinkte zu unterdrücken. Zu lauschen war für sie nichts anderes, als bei Durst nach einem Glas Wasser zu greifen. Dafür hatte ihr Gefährte normalerweise Verständnis. Wenn er sich so bockig wie jetzt anstellte, bedeutete es meist, dass er etwas vor ihr verbergen wollte.
    Die nächsten zehn Minuten wechselten sie kein Wort mehr miteinander, was im Stimmenwirrwarr am Tisch aber nicht weiter auffiel.
    Zumindest hatte Matt dadurch genügend Muße, seinen Bauch zu füllen. Nachdem er gesättigt war, streichelte er mit dem Zeigefinger vorsichtig über Aruulas nackten Arm, um das Eis zwischen ihnen zu brechen. Doch ehe er eine Reaktion verbuchen konnte, nahte schon die nächste kalte Dusche.
    Die WCA-Fraktion erhob sich von ihren Stühlen und kam geschlossen zu ihnen herüber.
    Dayna machte keine Anstalten, ihn zu grüßen, deshalb beließ er es bei einem kaum wahrnehmbaren Nicken, das genauso gut der ganzen Gruppe gelten konnte.
    »Wir würden Commander Drax jetzt gerne unsere Simulationen zeigen«, wandte sich Steve Dinter an Takeo. »Je eher er der Geosiphonkultur zustimmt, desto besser.«
    Matt horchte alarmiert auf. Was redete dieser Kerl da von dem verheerenden Jochpilz aus der ISS, den er Lieutenant Harris abgenommen hatte? Aus schmalen Augen sah er zu Takeo hinüber. Gerade hatte er angefangen, dem Androiden zu trauen. Zu Unrecht?
    »Kein Grund zur Beunruhigung«, kam Naoki ihm zuvor. »Wir haben die Kollegen aus Washington lediglich bei der Ausarbeitung eines Plans hinzugezogen, der mir vor einigen Tagen während der Sichtung deines Datenmaterials gekommen ist. Und ich muss zugeben, dass Dr. Dinter und sein Team uns in kürzester Zeit ein entscheidendes Stück weiter gebracht haben.«
    »Diese Typen sind uns doch höchstens bei unserem eigenen Untergang behilflich«, schnaufte Matt verächtlich. Er hatte nicht vergessen, welchen Vorschlag sie hinsichtlich Aruulas Lauschsinn gemacht hatten.
    »Ihre Abneigungen sind hier fehl am Platz«, tadelte Takeo. »Wir brauchen jede Unterstützung, die wir bekommen können. Unsere strategische Lage ist Ihnen doch sicher bewusst?«
    Natürlich war sie das. Die Legion der Toten ließ sich nicht stoppen, vor allem, da sich Munition und Napalm dem Ende neigten. Takeos RoCops waren überall auf dem Rückzug. Es gab nur einen Grund, warum die Japaner nicht längst hier in der Siedlung standen: Sie wollten die eroberten Gebiete sichern, bevor sie weiter vorrückten. In spätestens zwei bis drei Tagen war diese Galgenfrist vorüber. Wenn ihnen bis dahin keine Lösung einfiel, mussten sie fliehen oder untergehen.
    Matts Unterkiefer zuckte, doch er sagte kein Wort. Sein Schweigen war Antwort genug. Naoki nickte zufrieden. »Komm mit und sieh dir an, was wir ausgetüftelt haben.«
    ***
    Fudohs Traum
    Ihres göttlichen Lords und des Großteils ihrer Flotte beraubt, suchten die Mongolen ihr Heil in der Flucht. Vermutlich zitterten sie noch vor einer weiteren Raketenattacke, als sie schon längst am Horizont verschwunden waren. Zurück blieb ein halbes Dutzend ausgebrannter Dampfer, umgeben von zerfetzten Leichen. Ein schreckliches Mahnmal für die Gefahren, die jenseits der Meere lauerten.
    Fudoh wurde von Meister Takashi zurück nach SubTokio geleitet. Über die geschwänzte Schulstunde verlor der Shögun kein Wort. Im Gegenteil wurde er nicht müde, die überragenden Tugenden des Jungen zu loben. Dass Fudoh nicht den Weg zu dem unbewachten Luftschacht verraten hatte, hielt der General für ein Beispiel an Mut und Tapferkeit. Nur wer die Gemeinschaft über das eigene Wohl stelle, könne wirklich Ehre und Anerkennung erlangen, behauptete er.
    Die Menschen, die ihren Weg zum Krankenrevier kreuzten, vermittelten Fudoh einen anderen Eindruck. Mitleid und Entsetzen waren noch die freundlichsten Gefühle, die ihm entgegenschlugen. »Sieh nur, der arme Junge.« Das halblaute Getuschel von

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