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0540 - Der Fluch der Zigeunerin

0540 - Der Fluch der Zigeunerin

Titel: 0540 - Der Fluch der Zigeunerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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den Frost fernzuhalten, hatte Elena das Fenster ihrer kleinen Kammer selbst bei Tage mit Decken verhängt. In der Diele brannte das Küchenfeuer, und sie kauerte sich so nahe wie möglich bei den wärmenden Flammen.
    Die anderen machten ihr Platz; sie wußten, daß das Kind in ihrem Leib die Wärme brauchte.
    Elena machte nur noch Küchenarbeit. Und wenn ihr etwas Zeit blieb, dann nähte sie aus Stoffresten etwas Kleidung für den Jungen, der nun jeden Tag kommen mußte. Im Spätsommer und im Herbst hatte sie noch auf dem Feld mit zupacken können, um die Ernte einzubringen. Sie hatten Glück gehabt; es hatte eine gute Ernte gegeben nach einem guten Sommer, und sie waren durch den Winter gekommen, ohne zu darben. Doch jetzt schien dieser Winter länger dauern zu wollen, als es eigentlich sein sollte; der klirrende Frost, der einem die Tränen in den Augenwinkeln zu kleinen Eisperlen verwandelte, war noch einmal mit aller Macht zurückgekehrt. Noch war die Zeit der Aussaat nicht gekommen, aber eigentlich hätten sie jetzt schon mit dem Pflügen beginnen müssen. Doch die Erde unter dem Schnee war noch hartgefroren; die Pflugscharen drangen nicht tief genug oder brachen einfach ab.
    Elena war weit gewandert, bis tief ins Burgunderland hinein und dann nach Tours, wo sie auf einem großen Landgut Aufnahme gefunden hatte. Der Gutsherr hatte sie davonjagen wollen, weil sie ihm von ihrem ganzen Aussehen her wie eine Bettlerin daherkam. Und eine Heilkundige, die sich mit den Kräutern auskannte, brauchte er ebensowenig wie zusätzliche Arbeiterinnen. »Ja, wenn du ein Mann wärst, der auch hart zupacken kann, dann hätte ich vielleicht während der Ernte für einen oder zwei Monde Arbeit für dich. Aber als Frau bist du zu weich. Geh weiter, vielleicht machst du anderswo dein Glück«, hatte er gesagt.
    Charles Tourenne war nicht der erste, der sie fortschickte. Niemand wollte sie aufnehmen. Früher hätte es sie nicht gestört. Eine Mahlzeit, ein paar Schluck Wasser, dann wäre sie weitergezogen.
    Jetzt jedoch ging es nicht mehr um sie allein, sondern auch um das Wesen unter ihrem Herzen. Und das machte zuweilen mit nachdrücklichen Tritten auf sich aufmerksam und ließ ihren Bauch ebenso wie ihr Gemüt immer schwerer werden.
    Sie brauchte ein Quartier, in dem sie das Kind zur Welt bringen und aufziehen konnte. Mit einem Säugling konnte sie nicht wandern. Sie war zu Fuß unterwegs, nicht in einem Zigeunerwagen. Aber niemand wollte sie haben. Zumal es stets, wenn die Leute erfuhren, daß sie bald ein Kind erwartete, hieß: »Das wird noch ein unnützer Fresser mehr; so viel kannst du gar nicht arbeiten, daß es für deinen Bankert reicht, und wie willst du gut arbeiten, während du stillst?«
    Madame Tourenne aber hatte sie dann doch noch als Magd aufgenommen und ihr eine kleine Kammer unter dem Dach des großen Gutshauses zugewiesen. Sie zeigte Mitleid mit der jungen Witwe, deren Mann kurz nach der Zeugung des Kindes einem tragischen Unfall zum Opfer gefallen war. So wenigstens hatte Elena in ihrer Not schließlich erzählt. Es war, erkannte sie, der einzige Weg, doch noch so etwas wie Menschlichkeit zu erlangen.
    Jeden Abend betete sie aufs Neue, daß niemand jemals die Wahrheit erführe. Madame Tourenne würde sich zu Recht hintergangen fühlen und sie mit der Peitsche davonjagen lassen. Es mochte gar sein, daß Monsieur Tourenne sie dem Klerus auslieferte, damit sie als Hexe und Teufelsbuhlin angeklagt wurde.
    Die Tourennes gehörten zum einfachen Landadel. Das große Gut, das sie bewirtschafteten, war einst ein Lehen gewesen, das bereits Charles Tourennes Vater übereignet worden war. Für treue Dienste, wie der Comte d’Anjou es im Schriftstück genannt hatte, mit dem er diesen kleinen Teil seines Besitzes an die Tourennes abtrat.
    Unter der Hand munkelte man, wie Elena mit der Zeit erfuhr, daß der alte Tourenne durch einen falschen Eid verhindert hatte, daß sein Lehnsherr wegen eines Mordes verurteilt worden war. Aber niemand wagte, laut darüber zu sprechen; bisweilen gab es bei der Feldarbeit auch mal einen gräßlichen Unfall…
    Der junge Tourenne machte keinen Hehl aus seiner Meinung, daß Elena nicht genügend für ihren Unterhalt arbeiten könne. Sie bekam gerade soviel zu essen, daß das Kind in ihrem Leib gedieh, ihr karges Quartier mit hartem Bett, schmalem Schrank und wackeligem Stuhl und den Platz am Herdfeuer. Das war aber auch schon alles. Lohn gab es keinen, trotz der reichen Vorjahres-Ernte. »In

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