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0540 - Der Fluch der Zigeunerin

0540 - Der Fluch der Zigeunerin

Titel: 0540 - Der Fluch der Zigeunerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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lachte nur spöttisch und nahm den Jungen auf einen Arm.
    »Wie hast du ihn genannt? Robert? Ah, das klingt gut. Nun…« Er hielt eine Hand über den Kopf des Jungen. »Robert, Sohn des Asmodis und der Elena, dich weihe ich dem Dreigestaltigen Herrn über die Menschenseelen. Dein wird das Leben sein, nach der Art, wie man es dir weisen wird. Und du wirst jene sehen, die vor dir starben, wann immer du sie sehen willst.«
    Danach legte er den Säugling zurück in Elenas Arme.
    »Ich hasse dich!« schrie sie ihn an.
    Asmodis runzelte die Stirn.
    Da hörte er sie einen Zauberspruch sagen, von dem er nicht geahnt hatte, daß sie ihn kannte. Und dann fügte sie hinzu: »Niemals wird er dir gehören! Dein eigener Sohn wird sich von dir wenden! Und das Kindeskind wird sich auf deinen Throne setzen und deinesgleichen zu seinen Sklaven machen!«
    »Du sprichst mutige Worte«, sagte Asmodis. Etwas hatte ihn wie ein Stich ins Herz getroffen. Er fühlte die Kraft, die hinter dem Fluch der Zigeunerin stand. Sie hatte die Kraft ihres ganzen Lebens eingesetzt, all das, was sie war, mobilisiert und in diese Worte gelegt. Es waren mächtige Worte, deren Bann sich Asmodis nicht entziehen konnte. Und er war gebunden; das Kind, das sie so von ihm lösen wollte, war sein dämonisches Fleisch und Blut, und das machte den Fluch um so wirksamer.
    »Das also ist deine Dankbarkeit, Sterbliche«, sagte er düster. »Ich erwies dir einen Dienst, ich gab dir das Leben, und nun willst du deinen Teil des Handels mir verweigern.«
    »Das Leben«, fauchte sie. »Ein Leben, das nicht minder schlecht ist als das, welches ich zuvor führte! Damals wie heute bin ich ein verachtetes Stück Fleisch, mit dem jeder umspringen kann, wie es ihm beliebt… aber nicht länger, Fürst der Finsternis! Ab jetzt ist es vorbei! Ich werde das tun, was ich schon vor Jahren hätte tun sollen: Ich wehre mich und kämpfe!«
    »Nun denn. Wir werden sehen, wer stärker ist«, sagte Asmodis.
    »Wage es nicht, meinen Sohn noch einmal anzurühren!« schrie sie.
    »Ich werde meinem Sohn niemals ein Leid zufügen«, erwiderte er. »Ich werde ihn behüten, auch gegen deinen Willen. Und für sein Wohlergehen werde ich sorgen. Dir jedoch helfe ich von Stund an nicht länger. Denn du stehst immer noch in meiner Schuld, und sie ist noch lange nicht bezahlt.«
    Er schlug die Kapuze seiner Mönchskutte wieder über seinen Kopf. »Gehab dich wohl, kleine Zigeunerin.«
    Später trat die Hebamme wieder ein. »Wo ist er hin? Wir wunderten uns schön, daß es so lange dauerte. Denn niemand hat gesehen, wie er das Haus verließ.«
    »Ich weiß es nicht«, log Elena. »Ich muß eingeschlafen sein, während er Robert taufte.«
    In der Zeit danach grübelte sie, wie, sie Robert vor dem Zugriff seines Teufelsvaters bewahren konnte. Und sie wunderte sich über die Worte, die über ihre Lippen geflossen waren.
    »Dein eigener Sohn wird sich von dir wenden! Und das Kindeskind wird sich auf deinen Throne setzen und deinesgleichen zu seinen Sklaven machen! «
    War es nur só in verzweifelter Wut dahergesagt? Oder hatte sie ihren Worten wirklich eine solche Macht gegeben? Sie wußte es nicht.
    Aber Asmodis hatte sich ihre Worte sehr wohl gemerkt.
    ***
    Tours, 1516:
    Es ging dem Ende zu, und niemand konnte mehr etwas daran ändern.
    In den letzten drei Tagen hatte Robert seine Mutter manchmal neben ihrem Körper gesehen. Dabei sah er sonst nur Leute, die schon tot waren, auf diese eigenartige Weise.
    Den alten Tourenne zum Beispiel sah er oft, der den Meineid geschworen und dafür das Landgut übereignet bekommen hatte. Vor sieben Jahren war er gestorben, und er fand keine Ruhe und geisterte immer noch durch das Haus und manchmal auch über die Ländereien.
    Robert hatte seiner Mutter nicht gesagt, daß er sie, wenn sie schlief, schon einige Male als Gespenst gesehen hatte. Sie glaubte immer noch nicht daran, daß sie sterben mußte.
    Aber jedesmal, wenn sie die Augen schloß, schlief sie sich dem Tod ein wenig näher, und wenn Robert sie sah, sah er auch, wie sie darum kämpfte, in ihren Körper zurückzukehren, um noch ein wenig weiterzuleben. Sie hatte einen unbändigen Lebenswillen, und sie war unwahrscheinlich stark.
    Doch all ihre Kraft half ihr nicht mehr; ihre Zeit war vorüber.
    Sie darbte an einer Krankheit, die niemand kannte. Vielleicht hätte jemand sie retten können, wenn man einen Medicus aus der Stadt herbeigeholt hätte. Aber wer sollte den bezahlen? Elena besaß nichts außer ihrer

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