0547 - Verdammt für alle Ewigkeit

zwingen hierzubleiben!«
    Er war nackt wie die anderen. Er begann den Baum zu erklettern und stieg in den aus Ästen gebildeten Korb.
    »Niemals!« kreischte er. »Niemals werde ich mich fügen! Ich werde…«
    Lucifuge Rofocale konnte ihn nicht mehr hören. Er sah, wie sich Gerrets Lippen bewegten, aber er war so stumm wie alle anderen. Und Gerret tobte in seinem Gefängnis wie alle anderen. Und er würde bis zum Ende aller Zeiten darin verbleiben wie alle anderen.
    Das sich ausdehnende Universum war jetzt rund sechzehn Milliarden Jahre alt, und es stand erst am Anfang seiner Expansion. Irgendwann würde es seine größte Ausdehnung erreichen und sich wieder zusammenziehen mit der gleichen Geschwindigkeit.
    Aber selbst Lucifuge Rofocale war nicht in der Lage abzuschätzen, wann es wieder die Ausdehnung »Null« erreichte, um in einem erneuten Urknall abermals neu zu entstehen.
    Und dann erst würde Torre Gerret wieder frei sein.
    Lucifuge Rofocale blieb in der Nähe.
    Er wußte, daß heute noch ein Auserwählter hierherkam.
    Der Wald der Verdammten starb nie; er würde in den Jahrmilliarden größer und größer werden. Unendlich groß.
    Lucifuge Rofocale wartete auf die Ankunft des anderen Auserwählten.
    Hier endeten alle ihre Wege…
    ***
    Zamorra sah das Taxi kommen, sah Torre Gerret einsteigen. Das war ärgerlich. Auf diese Weise verlor er Zeit. Denn das Taxi bewegte sich natürlich wesentlich schneller als Zamorra, der zu Fuß unterwegs war. Und selbst wenn er ein anderes Fahrzeug herbeirief - immerhin befand er sich ja unmittelbar neben der Telefonzelle -, würde er nur langsam folgen können. Denn niemandem war damit geholfen, wenn sie an einer Kreuzung vorbeifuhren, an der das andere Taxi, möglicherweise ohne zu blinken, überraschend abgebogen war. Die Spur dann wiederzufinden war kräftezehrend und langwierig. Langsames Fahren war jedoch in London nicht gerade empfehlenswert, wenn der Verkehr ausnahmsweise einmal zügig floß. Wer durch Langsamfahren blockierte, provozierte unter Umständen Unfälle. Das war im »zivilisierten« London im Grunde nicht anders als im »wilden« Paris oder Neapel.
    Trotzdem versuchte Zamorra das Kennzeichen des Wagens zu erkennen; vielleicht konnte er mit einem Anruf bei der Zentrale feststellen, wohin der Wagen beordert wurde.
    Aber dann wurde Zamorra stutzig… Irgend etwas stimmte an dem Wagen nicht!
    Das Kennzeichen ließ sich nicht erkennen! Es verschwamm vor Zamorras Augen. Und auch die Magie des Amuletts konnte es nicht eindeutig identifizieren.
    Und der Fahrer…
    Er besaß eine starke dämonische Aura. Merlins Stern warnte vor ihm.
    Dennoch mußte Zamorra ihm folgen.
    Irgendwie war es wie ein - Zwang…
    ***
    Vergangenheit, 1985:
    Das Fesselfeld, das Gryf festhielt, brach zusammen.
    Er sprang mitten in die Steuerzentrale und griff sofort an. Blitze zuckten aus seinem magischen Silberstab. Mit der freien Hand schleuderte er seinen Vorrat an Handgranaten um sich. Sie verwandelten den Steuerraum in ein brüllendes, tobendes Inferno. Kurzschlüsse entstanden. Das zog zerstörerische Reaktionen in anderen Teilen des Raumschiffs der Dynastie nach sich.
    Da nahm Gryf Teris Gedankenschrei wahr. Plötzlich kam sie völlig klar zu ihm durch. Das konnte nur bedeuten, daß die Abschirmung zusammengebrochen war.
    Sofort raus! Nimm Nicole und Odinsson mit! Es erfolgt ein Raketenangriff auf das Raumschiff! Es wird vernichtet! Vier… drei…
    Gryf schaltete sofort um. Er suchte nach Nicoles und Odinssons Gedankenmustern. Nicole fand er. Von Odinsson war nichts mehr zu spüren. War er tot?
    Gryf sprang zu Nicole, stoppte ihren Lauf.
    … zwei…
    »Wo ist Odinsson?« schrie er. »Schnell!«
    »Tot«, schluchzte Nicole. »Wo kommst du…«
    Er ließ ihr keine Zeit, weiterzureden. »Odinsson tot? Wirklich?«
    … eins…
    »Ja«, stieß sie hervor.
    ... null…
    Da riß Gryf sie mit sich in den zeitlosen Sprung.
    ***
    Zamorra bewegte sich vorwärts, Schritt für Schritt. Passanten betrachteten ihn, teilweise irritiert; einen Mann, der schlafwandlerisch daherpilgerte, der nur eine handtellergroße Silberscheibe anstarrte, die er vor sich hielt, und der sich um sonst nichts kümmerte. Zweimal hielt ihn jemand fest, ehe er die Straßen überquerte, obgleich die Fußgängerampeln Rot zeigten. Er verblieb in seiner Halbtrance, ließ sich nicht herausreißen und schaffte es deshalb auch nicht, sich bei seinen Rettern zu bedanken. Er nahm sie nur ganz entfernt wahr, sie waren unwirklich