0549 - Amors Teufelspfeile
des Gottes Amor. Durch seine Pfeile brachte er den Menschen die Liebe ins Herz, doch was Sheila in den Augen dieser jungen Fremden sah, wirkte ganz anders.
Der Amor als Teufel!
Mit zwei kleinen Hörnern, die aus der breiten Stirn an der Oberseite hervorwuchsen. Waren es seine oder die Augen des Mädchens, die rotschwarz leuchteten? Sheila wußte es nicht. Ihr war nur klar, daß die Unbekannte nicht zufällig vor dem Haus stand.
Sie hatte auf Sheila gewartet!
Knallhart kam ihr dies zu Bewußtsein. Sofort dachte sie an eine Gefahr, die das Mädchen mitgebracht haben konnte. Der Teufel in ihren Augen, das war ein Zeichen der Hölle.
Damit hatten die Conollys leider schlechte Erfahrungen gemacht.
Besonders mit dem Satan.
Sie wollte zurück. Zwei Schritte weit ging sie, dann hatte sie den Porsche erreicht, dessen rechter Kotflügel ihr in diesem Augenblick im Wege stand.
Pech, denn die Unbekannte kam.
Sie war schnell, wuchtete sich vor, und auch ihre Hände nahm sie hinter dem Rücken weg.
In der Rechten hielt sie etwas.
Sheila gefror zu Eis. Sie hatte erkannt, daß es ich dabei um ein Messer handelte.
Lachen schallte ihr entgegen. Es hörte sich furchtbar an, als wäre es von einem Mann ausgestoßen worden.
Mit dem Lachen kam die Klinge. Sie vollführte einen Halbkreis, als sie auf Sheila zuraste.
Bills Frau tauchte weg. Im letzten Augenblick hatte sie die schockartige Starre überwunden.
Zu spät – die Klinge erwischte sie trotzdem. Auf einmal war alles anders. Der Schmerz in ihrer Brust, der alles ausfüllte. Das Gesicht des Mädchens über ihr nahm die Form eines Zerrbildes an. Der Mund wirkte wie eine Höhle. In den Augen standen Gier und Haß, und von der Klinge, die sie aus Sheilas Körper gezogen hatte, rann Blut.
»Dich habe ich!« keuchte sie. »Dich habe ich!« Es sah für einen Moment so aus, als wollte sie noch einmal zustoßen, dann überlegte es sich Sina Evans anders, machte kehrt und ging nicht einmal schnell davon. Sie ließ sich Zeit.
Sheila blieb zurück.
Die nächsten Sekunden erlebte sie in einem Dämmerzustand. Sie wußte, daß sie getroffen worden war, aber sie konnte sich nicht bewegen. Rücklings lag sie auf der flachen Haube des Porsche, das Gesicht bleich wie eine Kalkwand, den Mund halboffen, Blut auf der Zunge schmeckend und auch daran denkend, daß der Lebenssaft aus der Wunde rann und von keiner Hand oder Faust gestoppt wurde.
Wenn sie hier nicht gefunden wurde, verblutete sie. Dann war es aus, dann hatte sie vor ihrem Haus das Leben verloren.
Sheila hatte es auch gelernt, sich gegen das Schicksal anzustemmen. Sie handelte aus diesem Bewußtsein heraus. Wie sie es schaffte, sich zu bewegen, konnte sie selbst nicht sagen. Jedenfalls rollte sie sich von der Haube.
Bevor sie auf ihren schwachen Beinen zu Boden fallen konnte, klammerte sie sich am Dach des Wagens fest. Die Tür war nicht ganz zugefallen. Mit letzter Kraft zog sie den Wagenschlag auf, konnte sich auch bücken und sah das Blut aus der Wunde fließen.
Die Schwäche nahm zu. Sie schaute in den Wagen, sah dicht vor sich das Cockpit, den Zündschlüssel, der hin- und herschwankte. Sie fiel nach vorn, drehte den Zündschlüssel, der Motor sprang an, und sie schlug mit dem fechten Handballen auf die Hupe.
Das grelle Signal durchbrach die Stille der Nacht wie ein verzweifelter Hilfeschrei…
***
Krankenhäuser sind schlimm. Besonders schlimm sind sie meiner Ansicht nach in der späten Nacht oder den frühen Morgenstunden, wenn das Leben so gut wie eingeschlafen war und der Hochdruck nachgelassen hatte. Da waren die langen Korridore leer, da brannte in einigen Gängen nur die Notbeleuchtung, aber nicht dort, wo ein Team von Spezialisten Operationen durchführte.
Es gab in der Nähe des OP einen kleinen abgeteilten Trakt, wo eine Wartebank stand. Ich hockte auf ihr wie ein armer Sünder, und das um vier Uhr morgens.
Das allerdings hatte seinen Grund. Ein verzweifelter Bill Conolly hatte mich angerufen und mir erklärt, das Sheila überfallen worden war. Einen Messerstich in die rechte Brust. Dicht vor dem Grundstück war es passiert, Sheila hatte ungemein viel Blut verloren, jetzt kämpften die Ärzte um ihr Leben.
Ich wartete.
Die Bank war hart, aber das merkte ich nicht. Ich saß gebückt und starrte die gegenüberliegende Wand an, auf der ein halbrunder Schatten allmählich verlief.
Zwar konnte man die Temperatur nicht unbedingt als warm bezeichnen, dennoch schwitzte ich. Es war die Angst, die Aufregung
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