0549 - Des Teufels Traum
ungelenk hinter dem lachenden Jungen her. Dabei wedelte er mit seinem Zackenschweif und blies hin und wieder ein kleines Feuerwölkchen aus dem Maul. Offenbar spielten die beiden Fangen. Die Mutter des Jungen, Lady Patricia Saris, lehnte nicht weit entfernt an einem Baumstamm und sah amüsiert zu, wie sich die beiden kleinen Wesen miteinander vergnügten. Es wäre, je nach Spielrunde, dem kleinen Drachen Fooly ein leichtes gewesen, Sir Rhett zu entwischen oder ihn einzufangen, aber viel mehr Spaß machte es wohl, es nicht zu tun und sich selbst erwischen zu lassen.
Menschenkind und Drachenkind harmonierten miteinander…
Seit ein paar Wochen war Fooly Dauergast im Château. Sein Elter war tot; der große Drache hatte gegen französisches Militär und gegen die Unsichtbaren gekämpft… und war dabei gestorben. Für Fooly gab es nun keine Rückkehr ins »Drachenland« mehr; ohne seinen Elter fand er dort unter den anderen Drachen keine Anerkennung. Das würde sich ändern, wenn er erwachsen und ausgewachsen war und nach seiner Metamorphose so aussehen würde wie die alten Drachen, wie man sie aus alten chinesischen Bildern kannte. Aber das würde wohl noch ein paar… Jahrhunderte dauern.
Den Namen Fooly hatte er von Butler William erhalten - seiner Tolpatschigkeit und Ungeschicklichkeit wegen, die er bisweilen an den Tag legte. William hatte ihn deshalb einen kleinen Narren genannt - eben Fooly. [2]
Allmählich gewöhnten sich die Menschen an den seltsamen neuen Hausgenossen. Fooly pflegte allerdings auch eine gewisse Zurückhaltung; er drängte sich niemandem auf, und oft genug beschäftigte er sich mit sich selbst, versank in Meditation oder sprach mit den Bäumen, wie er es nannte. Anfangs hatte Zamorra befürchtet, die zeitweilige Zurückgezogenheit des Drachen sei eine Reaktion auf den Tod seines Elters, doch offenbar hatte er diesen Schock mittlerweile halbwegs verkraftet.
Vielleicht war das dem Umstand zu verdanken, daß er in dem kleinen Sir Rhett einen zeitweiligen Spielgefährten gefunden hatte. Und während Fooly dem Menschenkind schon eine vieldutzendjährige Lebenserfahrung voraus hatte, geriet er mehr und mehr in die Rolle eines Babysitters oder »großen Bruders«.
Was Lady Patricia nicht daran hinderte ein waches Auge auf die beiden zu halten. Schließlich steckte auch der »große Bruder« voller verrückter Ideen und dummer Streiche…
Gerade rannte Fooly im Spieleifer gegen einen der Obstbäume. Ob er ihn übersehen hatte oder absichtlich dagegen gelaufen war, um Rhett zum Lachen zu bringen, war nicht zu sagen. Jedenfalls schüttelte der kleine Drache sich und redete dann wie ein Wasserfall auf den Baum ein, um sich bei dem massiven Gewächs für den Rammstoß zu entschuldigen.
Zamorra lächelte. Das Bild der beiden so ungleichen und trotzdem so fröhlich spielenden Wesen entschädigte ihn für manches andere, was in der letzten Zeit auf ihn eingestürzt war. Es zeigte ihm etwas, das sich am ehesten mit Vertrauen und Hoffnung umschreiben ließ.
Oft schien es ihm, als sei alles so sinnlos - für einen unschädlich gemachten Dämon oder Schwarzmagier wuchs ein ganzes Dutzend anderer nach. Aber vielleicht war der endlose Kampf, der manchmal so aussichtslos schien, doch nicht völlig umsonst.
Und vielleicht gab es auch für Teri Rheken noch Hoffnung, wenngleich Zamorra um so weniger daran glauben konnte, je mehr Zeit seit ihrem Verschwinden verstrich.
Aber… vielleicht tauchte sie ja doch eines Tages wieder auf.
»Du solltest aufhören, zu grübeln«, sagte Nicole. »Laß es auf dich zukommen. Carpe diem- genieße den Tag. Wer weiß, wie viele solch schöne Tage noch auf uns warten.« Sie öffnete sein Hemd und berührte seine Brust mit den Fingerspitzen. »Was morgen geschieht, kannst du ohnehin weder Voraussagen noch jetzt schon ändern. Vielleicht gibt es uns morgen schon nicht mehr. Aber heute leben wir, und wir haben die Ruhe und die Freiheit, unser Leben zu genießen.« Sie schmiegte sich an ihn, küßte ihn. Zärtlich und verlangend. Eine Aufforderung, die ihn hätte zum Glühen bringen müssen…
Aber er reagierte nicht. Er war mit seinen Gedanken weitab und ließ sich nicht zurückholen - nicht nah genug jedenfalls.
Er wies auf die beiden so ungleichen spielenden Kinder. »Fooly ist ein Drache, und damit so etwas wie ein Saurier, nicht wahr?«
Nicole nickte.
»Erinnerst du dich, was Bryont Saris ap Llewellyn einmal sagte?« fuhr Zamorra fort. »Man sagt, der erste Llewellyn
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