0550 - Merlins Stern
zurückgezogen, weil sie sich einer weiteren langatmigen Diskussion entziehen wollte.
Wenn sie sich in Patricias Lage versetzte, war ihr selbstverständlich klar, daß sie die junge Mutter verwirrt und ziemlich durcheinandergebracht hatte. Es hätte einer eingehenderen Erklärung bedurft, doch dafür fehlte Teri jetzt die Zeit.
Dennoch kehrte Teri nicht unmittelbar ins Château Montagne zurück. Sie tauchte in einiger Entfernung auf. Sie wollte nicht blindlings in eine Falle springen, sondern erst einmal herausfinden, wie sich die Dinge in der Zwischenzeit entwickelt hatten. Zwar hatte sie sich kaum länger als fünf Minuten in Gryfs Hütte aufgehalten, aber in diesen Minuten konnten sich eine Menge abenteuerlicher Dinge ereignet haben.
Sie mußte vorsichtig sein… Verdammt vorsichtig…
Fehler hatte sie in den letzten Monaten genug begangen… Shirona hatte Zamorra und Nicole ignoriert, sie waren unwichtig. Sie wußte aber, daß Lucifuge Rofocale schon hier gewesen war, daß er einen kurzen Vorsprung hatte. Er durfte das siebte Amulett nicht in die Hände bekommen. Es mußte vorher zerstört werden.
Sie brauchte nur seiner Spur zu folgen.
Es fiel ihr leicht, seine Aura war derzeit unwahrscheinlich stark. Vermutlich war das eine Folge der Amulett-Energien. Die fünf Llyrana-Sterne, die er jetzt noch besaß, strahlten eine eigene Aura aus. Shirona konnte nicht genau unterscheiden, ob das, was sie bei ihrer Verfolgung durch das Château spürte, die Aura der Amulette oder die des Dämons war, Machte es einen Unterschied?
Umgekehrt fragte sie sich, ob Lucifuge Rofocale nicht ihre Nähe spüren konnte. Eigentlich mußte es so sein. Wenn der Erzdämon nicht auf Shirona reagierte -war das vielleicht eine Falle?
Nein. Er dachte wohl an nichts anderes mehr als an das siebte Amulett. Ihre Gedanken zauberten ein Lächeln auf ihr Gesicht, das sie für einen heimlichen Beobachter sekundenlang äußerst gewinnend und sympathisch hätte erscheinen lassen. Aber diese Sympathie gefror, hätte dieser Beobachter gewußt, was dahinter stand: Eiskalte Berechnung.
Sie wußte nur zu genau, was mit Lucifuge Rofocale geschehen war.
Er, einer der mächtigsten aller Dämonen, erlag dem Rausch der Amulette. Er war ein Süchtiger, nicht mehr und nicht weniger. Er gehorchte dem Zwang, der Besitz von ihm ergriffen hatte. Er war längst nicht mehr er selbst.
Damit hatte Shirona ursprünglich nicht gerechnet. Das WERDENDE hatte nicht ahnen können, wer die fünf ersten Amulette zusammen brachte und gemeinsam koordiniert einsetzte. ES hatte nicht einmal gewußt, wer die einzelnen Amulette besessen hatte. Anfangs waren sie weiträumig im Universum verteilt gewesen, das vierte Amulett hatte sogar lange Zeit überhaupt keinen Besitzer gehabt.
Vielleicht war es ganz gut so, wie es geschehen war und daß schließlich ein einzelner Besitzer alle niedrigrangigen Amulette in seiner Hand hielt. Durch seine Sucht, die zwangsläufig entstehen mußte, wurde er für Shirona berechenbar.
Sie lachte leise.
Durch seine Abhängigkeit von den fünf ersten Amuletten war der Erzdämon blind und überschätzte seine Fähigkeiten maßlos. Er würde nicht verhindern können, daß Shirona an ihm vorbei das siebte Amulett an sich nahm - und es zerstörte.
»Du armer Narr«, sagte sie leise.
Sie öffnete eine Tür.
Sie sah den Rücken des geflügelten Dämons vor sich.
Sie sah auch das Amulett auf dem Tisch vor Lucifuge Rofocale.
Er streckte die Klauenhand danach aus.
Und im gleichen Moment begriff Shirona, daß sie zu spät gekommen war…
***
Fooly war neben Zamorra und Nicole gelandet. Zunächst blickte er sich vorsichtig um, aber es schien keine Gefahr mehr in unmittelbarer Nähe zu geben. Es sah nicht danach aus, als würden der Geflügelte oder die Gelbhaarfrau den Haupttrakt so bald wieder verlassen. Also konnte sich der Drache in Ruhe um seine Freunde kümmern.
Er betrachtete die beiden Menschen und sah die magischen Fesseln, die der Dämon um sie geschlungen hatte.
Ein Mensch hätte sie vermutlich nicht sehen können. Doch Foolys Augen waren anders als die der Menschen, nicht nur äußerlich.
Er überlegte, was er tun konnte. Vorsichtig fuhr er die langen, scharfen Krallen aus den Fingern aus und hakte sie hinter die magischen Bänder. Aber er konnte sie nicht zerreißen. Die Magie war zu stark.
Vielleicht mit Feuer…?
Aber spätestens seit dem Vorfall mit Nicoles Kleid wußte er, daß er seine Flammen nicht exakt genug dosieren konnte.
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