0551 - Mörderische Drillinge
über den Kopf wachsen wird. Sie hätten das Böse lassen sollen, nur nicht anrühren. Das Böse muß bleiben, verstehen Sie? Es muß in der Erde oder wo immer…«
»Was wollen Sie tun?«
»Ich kann nichts tun. Es liegt an Ihnen.« Die Frau sprach plötzlich sehr schnell. »Es liegt allein an Ihnen. Lassen Sie die Monstren, wo sie sind. Ich kann Sie nur bitten und anflehen, Mister…«
»Und wenn ich es nicht tue?« rief er und stellte sich gebückt hin, seine Hände noch auf die Stuhllehnen gepreßt.
»Dann, dann wird es schwer für mich!«
»Aha«, sagte er gedehnt. »Ich verstehe. Es wird schwer. Vielleicht willst du etwas sagen, Madame?«
»Gehen Sie doch!«
»Nein, ich bleibe!« Er stellte sich aufrecht hin und griff unter seine Jacke. Als er die Hand wieder hervorzog, hielten die Finger einen Griff umklammert, der auch einen kleinen Hebel besaß, auf den der Mann drückte.
Etwas schnellte schlangengleich aus dem Griff hervor. Es war keine Schlange, sondern die Klinge eines dünnen Messers. Mit ihrer Spitze berührte sie fast die Kugel. Das von unten durch die graue Glasplatte strömende Licht gab ihr noch einen Schatten, der an der Außenhaut der Kugel entlangglitt.
»Siehst du das Messer?« fragte er leise.
»Ja.«
»Und was sagst du dazu?«
»Ich… ich bin nicht einmal überrascht, da ich nichts anderes von Ihnen erwartet habe. Über Ihnen liegt der Schatten, und Sie können ihm nicht mehr entwischen.«
»Vielleicht will ich es nicht!« Er lachte, bevor er handelte und sein Knie hochrammte. Er traf die Tischkante und schleuderte das Möbelstück kurzerhand um.
Der Tisch kippte nach links, die Kugel rollte ebenfalls über die Kante und blieb auf dem Boden liegen, ohne zu zerbrechen. Jetzt saß Madame Luna vor ihm.
Nein, sie saß nicht mehr, denn die Frau sprang auf. Sehen konnte er sie nicht genau. Die Dunkelheit war zu stark, zudem trug Madame Luna schwarze Kleidung.
Wie ein wallendes Gespenst sah sie aus, streckte ihm die Hände entgegen und zischte: »Du Teufel, du! Du verdammter und verfluchter Teufel! Du Mensch des Bösen, du Monster…«
Es waren genau die Worte, die dem Kunden noch gefehlt hatten, damit er seine Hemmschwelle überwand.
Er stieß das Messer vor.
Das Ziel war leicht zu treffen. Er brauchte nur in den wallenden Schatten hineinzuhalten, und er machte es gründlich, war wie von Sinnen, bis der Schatten plötzlich nicht mehr wallte und er auch nicht vom Luftzug getroffen wurde.
Da sank der Schatten zusammen. Lautlos, ohne noch einmal zu seufzen. Tote sprachen nicht mehr.
Der Kunde blieb stehen. Das Messer mit der gefärbten Klinge noch in der rechten Hand. Er wischte sie ab, ohne daß er es bewußt merkte. Was er nun tat, klappte alles wie einstudiert. Er wußte genau, daß es keine Zeugen geben durfte.
Bevor er die kleine Bude verließ, öffnete er die Tür, die hinter dem Vorhang lag.
In diese einsame Gegend neben dem Rummelplatz verirrte sich kaum jemand. Höchstens die Pärchen, aber die interessierten sich nicht für die Umgebung.
Auf dem Jahrmarkt war ebenfalls Ruhe eingetreten. An den Karussells brannten nur noch wenige Lampen, auch sie würden bald verlöschen, da war er sicher.
Daß die Frau tot war, davon ging er aus. Diese Stiche konnte niemand überleben.
Die Luft war rein. Der Mörder drückte sich durch den Türspalt nach draußen. Neben der Bude blieb er für einen Moment stehen.
Ein nicht asphaltierter Pfad führte auf das eigentliche Gelände des Jahrmarkts. Büsche grenzten den Weg ein, sie gaben ihm eine gute Deckung.
Wie ein Phantom huschte er voran. Er hätte aber zurückschauen sollen, denn an der Seitenwand der Hütte stand jemand, der ihn aus glühenden Augen beobachtete.
Die Person wartete, bis die Zweige des Buschs wieder zurückgeschwungen waren, durch den der Killer verschwunden war. Dann ging sie durch eine schmale Hintertür in die kleine Bude.
Sie fand die Tote, kniete neben ihr nieder, weinte um sie und dachte dabei auch an etwas anderes.
An Rache!
***
Suko lachte laut, als ich kurz vor Feierabend – zudem noch an einem Freitag – das Vorzimmer betrat. Auch Glenda mußte losprusten, nur ich stand da und schaute dumm aus der Wäsche.
»Was ist denn los?« fragte ich.
Sukos Lachen verstummte. »Du… du … wirst es kaum glauben, John, aber Glenda hat einen Witz erzählt.«
»Tatsächlich?« staunte ich.
»Ja.«
»Dann erzähle ihn mir auch.«
Sie schüttelte den Kopf und ließ den schmalen Lippenstift sinken, mit dem
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