0559 - Kapitän Sensenmann
eingeschifft. Ilfracombe hieß der Hafen. Dort lag auch ein kleiner Militärstützpunkt.
Von dieser Stadt war es auch nicht zu weit, bis zu dem Fleck oder Ort, wo man das Schiff mit den vier Toten gefunden hatte.
Es lag zwischen der Küste und der kleinen Insel Lundy, an der nördlichen Grenze der Barnstaple Bay.
»Sie haben Glück«, sagte der Commander. »Sie haben ein verdammtes Glück, Mr. Sinclair.«
»Wieso?«
»Es geht um das Wetter. Was meinen Sie, wie es in den letzten beiden Wochen hier ausgesehen hat. Die späten Herbst- und die frühen Winterstürme haben das Meer zu einer kochenden Hölle werden lassen. So etwas habe selbst ich in meiner langen Praxis noch nicht erlebt. Ein Wahnsinn, kann ich Ihnen sagen. Es war furchtbar, grauenhaft. Wir sind uns vorgekommen wie in einer Wasserschlacht, aber jetzt…?« Er hob die Schultern und blickte gegen das Bullauge.
»Alles wieder klar?«
»Wenn Engel reisen, lacht der Himmel«, sagte Suko.
Der Commander hob seine Tasse. »Auf die Engel. Oder wollen Sie einen Schuß Rum in den Tee?«
Wir lehnten beide ab.
Commander Tucker wußte, weshalb wir auf seinem Schiff saßen.
Allerdings war er Realist. Er glaubte nicht an die Nachbildung des Fliegenden Holländers. Für ihn gehörten Geisterschiffe in das Reich der Fabel. Den Mord an den vier Fischern schob er Seebanditen in die Schuhe, und dabei blieb er auch, wie er noch einmal betonte.
»Banditen killen, wo es etwas zu holen gibt, Commander«, meinte Suko. »Die Fischer hatten nichts. Sie wurden getötet, das ist alles.«
»Vielleicht haben die sich geirrt.«
»Nein, Sir, das glaube ich nicht.«
»Wir werden sehen.«
»Wann werden wir die Stelle ungefähr erreichen?« erkundigte ich mich.
Der Commander schaute auf seine breite Uhr, die mit allen Schikanen ausgerüstet war. Sie besaß einen Kompaß, einen immerwährenden Kalender und vieles andere mehr. »Wir haben noch etwas Zeit. Wenn ich mich nicht täusche, eine knappe halbe Stunde.«
»Dann warten wir also.«
Tucker grinste. »Glauben Sie denn tatsächlich, daß sich dieses komische Schiff wieder zeigen wird?«
»Wenn es eine Beute wittert, das heißt, dessen Kapitän.«
»Sie sehen also unser Schiff als Beute an?«
»Richtig.«
Tucker lachte. »Denen werden wir, falls sie erscheinen, ihnen unsere Kugeln um die Köpfe blasen, daß ihnen Hören und sehen vergeht. Das kann ich Ihnen versprechen.«
»Kugeln reichen oft nicht«, meinte Suko.
»Was dann?«
»Mal sehen. Wir werden reagieren, wenn es soweit ist.«
»Das kann ich Ihnen nachfühlen, Inspektor. Nur dürfen Sie nicht vergessen, daß ich den Befehl über dieses Schiff habe. Ich muß letztlich entscheiden, wie wir vorzugehen haben.«
»Das akzeptieren wir, Commander.«
»Dann ist es gut.«
Suko und ich wollten keinen Kompetenzstreit aufkommen lassen.
Es war wichtig für uns, daß wir das Schiff zunächst einmal sahen.
Wir mußten überprüfen, was die Zeugen erzählt hatten. So ganz war ich davon nicht überzeugt.
Wir befanden uns auf einem Patrouillenboot, das mit modernster Waffentechnik ausgerüstet war. Zwölf Mann Besatzung sorgten dafür, daß alles reibungslos funktionierte.
In der Kajüte des Commanders war es relativ gemütlich. Natürlich militärisch streng, aber Tucker hatte, um dem Raum eine persönliche Note zu geben, Bilder an die Wände gehängt. Sie zeigten Landschaften seiner Heimat. Er stammte aus Canterbury, und auch die berühmte Kathedrale war zu sehen.
»Ich wäre ja am liebsten an der Ostküste stationiert gewesen«, erklärte er uns. »Aber was wollen Sie machen? Dienst ist Dienst, und Schnaps ist Schnaps.«
»Beantragen Sie eine Versetzung?«
»Nein, lieber nicht. Da kann es mir passieren, daß ich in den Norden gelange. Ich werde noch einige Jahre bleiben und der Queen dienen.« Er blickte dabei auf ein Foto der Königin, das ebenfalls in der Kabine hing.
Es klopfte.
»Come in.«
Ein Offizier erschien, grüßte und erklärte, daß sich das Wetter ändern würde.
»Inwiefern?« fragte Tucker.
»Leichter Nebel, Sir.«
»Verdichtet er sich?«
»Noch nicht.«
Tucker überlegte. »Angesagt haben sie ihn nicht, aber den Wetterfritzen kann man auch nicht immer trauen.« Er hatte den Blick bemerkt, den Suko und ich getauscht hatten. »Wieso? Wissen Sie mehr?«
»Nein«, sagte ich schnell. »Wir denken nur drüber nach, ob der Nebel eine natürliche Ursache hat, oder nicht?«
»Denken Sie an einen künstlichen?«
»So ähnlich.«
»Kommen Sie
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