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056 - Der Banknotenfälscher

056 - Der Banknotenfälscher

Titel: 056 - Der Banknotenfälscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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Anderson, die sich atemlos vom Treppensteigen daran niederließ, wußte aber sehr gut, daß diese Wand nichts anderes war als ein aus einem sehr feinmaschigen, weißgestrichenen Drahtnetz hergestellter Vorhang, hinter dem der Mann saß, den sie suchte.
    »Ich habe Ihre Mitteilung erhalten«, ließ sich die unnatürlich hohl klingende Stimme aus dem Dunkel hinter dem Vorhang vernehmen. »Sie wollen ja schon wieder eine Menge Geld haben.«
    »Ich bin ja auch eine Menge Geld wert«, antwortete sie heiser. »Wenn mir mein Recht wird, werde ich Millionen haben . . .«
    »Ich kümmere mich nicht um das, was Sie Ihr Recht nennen«, sagte die Stimme, »dagegen habe ich Ihnen etwas anderes zu sagen. Sie kommen mir gerade sehr gelegen, Mrs. Anderson. Teilen Sie Ihrem Sohn mit, er möge eine Wiederholung seiner Besuche in Longford Manor gefälligst unterlassen, wenn ihm sein Leben lieb ist!«
    »Ich weiß wirklich nicht, wovon Sie sprechen, Mr. Blonberg«, stammelte Mrs. Anderson. »Mein Sohn ist doch gar nicht in Longford gewesen. Ich selbst bin dort gewesen. Aber ich hätte ebensogut zu einem Stein sprechen können wie zu Clifton: Er will meine Rechte nicht anerkennen. Und dabei schwimmt er nur so im Geld, und ich muß jeden Penny dreimal umdrehen, bevor ich ihn ausgebe . . .«
    »Ihr Sohn ist gestern nacht in Longford Manor gewesen«, unterbrach sie die Stimme schroff. »Er ist in das Schlafzimmer von Mrs. Clifton eingedrungen. Warnen Sie ihn, es nicht wieder zu tun. Er müßte mir auf den Knien danken, daß ich ihm Gelegenheit gab, etwas zu verdienen. - Und wieviel brauchen SD&detzte Frage klang barsch.
    »Tausend Pfund, Mr. Blonberg. Und was meinen Sohn angeht, so möchte ich -«
    »Tausend können Sie nicht bekommen, soviel habe ich nicht hier. Ich werde Ihnen fünfhundert geben und den Rest durch die Post schicken. Haben Sie den Schuldschein vorbereitet?«
    Sie kramte in ihrer Handtasche, zog ein Papier hervor und ließ es durch einen Schlitz im Drahtnetz fallen. Gleich darauf horte sie das Knistern von Banknoten, und ein dünnes Bündel von Geldschemen lag vor ihr auf dem Tisch.
    »Öffnen Sie das Schnappschloß am Haustor und achten Sie darauf, daß es hinter Ihnen wieder einschnappt«, befahl Mr. Blonberg. »Aber warten Sie erst wie gewöhnlich im Vorzimmer, bis Sie mich klingeln hören.«
    Mrs. Anderson erhob sich.
    »Ich wollte Ihnen nur noch sagen, daß mein Sohn bestimmt nicht fähig ist, etwas Unrechtes zu tun. Er ist ein geborener Gentleman . . .«
    »Besser ein geborener Gentleman als ein toter«, unterbrach sie die unheimliche Stimme. »Warten Sie jetzt im Vorraum!«
    Sie hing hinaus. Bald darauf hörte sie das Einschnappen eines Schlosses und einen leisen, summenden Laut, der nach einiger Zeit erstarb. Wenige Sekunden später ertönte eine schrille Glocke. Mrs. Anderson eilte die Treppe hinab und verließ das Haus. Gehorsam überzeugte sie sich davon, daß sich das Tor hinter ihr geschlossen hatte.
    Diesmal benutzte sie nicht den Autobus. Es regnete, und sie bestieg das erste Taxi, dem sie begegnete. Während der ganzen Fahrt war sie intensiv mit dem Gedanken an die Gefahr, die ihrem Sohn drohte, beschäftigt. Sie bemerkte gar nicht, daß sie roch immer das Bündel Banknoten in der Hand hielt.
    Was wußte Blonberg von ihrem Sohn? Sie fürchtete sich entsetzlich vor diesem unheimlichen Menschen - sie malte sich ein groteskes und grausiges Bild von dem Unhold in seinem Drahtkäfig aus, der schon gelegentlich ihres ersten Besuches bewiesen hatte, daß er alle ihre Geheimnisse kannte.
    Aber er würde doch ihrem Jungen kein Leid zufügen - ihrem großen Jungen, dem sie alles, fast alles geopfert hatte! Mit diesem Gedanken ging sie einigermaßen beruhigt schlafen.
    Am nächsten Morgen brachte ihr das Hausmädchen den Kaffee und die gewohnte Morgenzeitung. Mit einem Gefühl gesicherten Behagens schlürfte sie den würzigen Trank; jetzt hatte sie wieder genug Geld, um allen Forderungen gerecht zu werden. Er war ja doch ein lieber Junge und jedes Opfer wert, sagte sie sich im stillen.
    Das Mädchen zog die Vorhänge auf und reichte ihr die Lesebrille. Mrs. Anderson griff nach der Zeitung. Das erste, was ihr in die Augen fiel, war eine fettgedruckte Überschrift:
    MYSTERIÖSER MORD IN HERFORDSHIRE!
    BASIL HALE IM PARK EINES HISTORISCHEN SCHLOSSES ERSCHLAGEN AUFGEFUNDEN
    Das Mädchen hörte einen gellenden Aufschrei, drehte sich erschrocken um und sah, wie die alte Frau mit der Zeitung in der Hand aus dem Bett

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