056 - Der Banknotenfälscher
Bourke erkannte sie, bevor noch Rennie den Deckel wieder zugeklappt und das Monogramm ›P.C.‹ gelesen hatte. Aber nicht ein Muskel in seinem Gesicht zuckte.
»Die hab ich hier fallen lassen«, erklärte er ruhig. »Das ist der Zigarettenbehälter, den Peter Clifton in einem Lederkästchen neben dem Lenkrad stecken hat.«
Bourke öffnete die Dose noch einmal; sie war mit Zigaretten vollgestopft. Er nahm eine heraus; es war eine beliebte Sorte mit amerikanischem Tabak.
»Komischer Bursche!« murmelte er vor sich hin, anscheinend ohne allen Zusammenhang, und ließ die Dose in seine Tasche gleiten.
»Ich muß noch erwähnen, daß die Glastür offenstand, als ich hier hereinkam. Vielleicht sind die Papiere vom Wind hinausgetragen worden«, meinte Bourke, obgleich er überzeugt war, daß die Papiere, falls sie noch vorhanden gewesen wären, beim Öffnen der Zimmertür eher in den Gang hätten fliegen müssen.
»Hier sind einige Fußspuren auf dem Teppich«, bemerkte der Kriminalbeamte plötzlich, indem er sich bückte und die Schmutzflecken berührte. »Sie sind noch feucht.«
»Telefonieren Sie mit dem Yard, man soll gleich einen Fotografen herausschicken«, ordnete Bourke an. »Auch Chefinspektor Watkins möchte kommen.« Watkins war der für diesen Bezirk zuständige Abteilungsvorstand. »Er wird die Untersuchung zu leiten haben. Übrigens muß ich noch eines erwähnen: Wenn Sie die Hausgehilfinnen verhören, wird man Ihnen sagen, daß man den Besuch Mr. Cliftons erwartet habe. Radlow war nämlich sein Rechtsanwalt - besser gesagt, der Rechtsanwalt seines Vaters. Statt Clifton bin aber ich herausgekommen.«
Als Bourke das Haus verließ, sah er, daß sich schon eine kleine Gruppe Neugieriger versammelt hatte. Ein Polizeibeamter stellte ihm Mr. Radlows unmittelbaren Nachbarn vor, einen bekannten Teehändler aus der City, der eine Aussage machen wollte. Er war zu später Stunde noch in seinen Garten gegangen, um seinen jungen Airedaleterrier zu suchen, und hatte dabei ein auffälliges Geräusch vernommen.
»Bitte, kommen Sie mit ins Haus«, forderte Bourke ihn auf und geleitete den neuen, anscheinend ziemlich wichtigen Zeugen in den Salon.
»Was für ein Geräusch haben Sie gehört?«
»Es klang wie ein Schuß aus einer mit einem Schalldämpfer versehenen Pistole«, sagte der Kaufmann. »Ich war während des Krieges in der Schießschule zu Hythe, wo wir mit verschiedenen Modellen von Schalldämpfern Versuche anstellten, so daß ich mich darin einigermaßen auskenne. Übrigens wehte der Wind auf mich zu, so daß ich es ziemlich deutlich hörte.«
»Und haben Sie sonst noch etwas gehört?«
»Nein. Von meinem Platz aus konnte ich auch nichts erkennen. Aber ich ging ein wenig weiter vor, bis ich zu einer Stelle kam, von wo aus ich über die Mauer sehen konnte. Ich war nicht sehr neugierig, aber ich glaubte, einen Mann zu sehen, der zum hinteren Gartentor ging. Ich rief ihn an, erhielt aber keine Antwort. Ich konnte über die Mauer hinweg erkennen, daß die Glastür von Radlows Arbeitszimmer offenstand. In der letzten Zeit hatte es einige Einbrüche hier in der Gegend gegeben, ich war daher beunruhigt und hätte am liebsten gleich die Polizei verständigt. Aber schließlich mischt man sich nicht gern in die Angelegenheiten seiner Nachbarn, und ich wußte, daß Mr. Radlow abends gewöhnlich in diesem Zimmer saß und sehr auf frische Luft bedacht war.«
»Konnten Sie den Mann im Garten deutlich sehen?«
»Nicht so deutlich, daß ich ihn wiedererkennen würde.«
»War er groß oder klein?«
Aber auch das vermochte der Zeuge nicht zu sagen. Er habe nur noch das Gartentor zuschlagen hören und bald darauf seinen jungen Hund gefunden und ins Haus gebracht.
»Nur noch eine Frage: Ist der Mann schnell gegangen oder langsam? Aufrecht oder wankend?«
»Er ging aufrecht und sehr schnell.«
Bourke nickte zufrieden.
»Das habe ich mir gedacht!«
Von mancherlei Sorgen geplagt, fuhr der Chefinspektor rasch nach Carlton House Terrace. Peters Wagen stand nicht vor dem Haus, und er fragte sich, ob Jane wohl gut heimgekommen war. Aber sie machte ihm selbst die Haustür auf.
»Er schläft«, flüsterte sie.
»Hat er sich noch nicht erholt?« fragte Bourke betroffen.
»Er kam nur für ganz kurze Zeit zu sich, gerade, daß er selbst ins Haus gehen konnte, aber ich bin sicher, daß er nicht einmal wußte, wo er sich befand und wer ich war. Glücklicherweise war der Butler in der Geschirrkammer, so daß ich Peter ins
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