056 - Der Banknotenfälscher
sperrte die Tür von außen ab. In der Halle standen die aufgeregt miteinander flüsternden Dienstboten.
»Bitte, Sir, wollen Sie nicht selbst mit der Polizei sprechen?«
Bourke trat an den Apparat. Am anderen Ende war der Wachtmeister der Polizeistation.
»Ja - ja, auch einen Krankenwagen ... Ja, es ist zweifellos Mord.«
Er hörte unterdrückte Schreckensschreie und gab den Frauen ein Zeichen, die Halle zu verlassen.
»Warten Sie einen Augenblick, bis die Dienstmädchen außer Hörweite sind . . . Durch einen Schuß aus nächster Nähe getötet... Ich kam zufällig hierher, um Nachforschungen wegen des Falles Longford Manor anzustellen. Vermerken Sie das in Ihrem Buch, Wachtmeister.«
Bourke legte den Hörer auf, stieg über die schmale Steintreppe ins Souterrain hinab und fragte nach der Haushälterin. Es war die Frau, die ihn hereingelassen hatte.
»Er ist doch nicht etwa tot?« flüsterte sie aufgeregt. »Der arme, alte Herr . . .«
»Kommen Sie mit mir hinauf!« unterbrach er sie.
Die Frau schrak entsetzt zurück.
»Nein, nein, ich könnte ihn nicht ansehen! Wirklich nicht!«
Schließlich brachte er sie dazu, wenigstens in den Salon zu kommen. Sie hatte ihm nur wenig zu erzählen. Der Herr habe sich gleich nach dem Abendessen in sein Arbeitszimmer zurückgezogen und befohlen, ihn auf keinen Fall zu stören. Sie habe ihm noch Kaffee gebracht und dann nichts mehr von ihm gehört oder gesehen, auch keinen Lärm bemerkt. Sie erinnerte sich auch an alle telefonischen Anrufe während des Tages. Vormittags waren Anrufe von Lieferanten und vom Hausarzt Radlows erfolgt, nachmittags habe Mr. Clifton angerufen.
»Der Herr schlief aber nachmittags wie immer, und ich wollte ihn nicht wecken. Als er wieder aufgestanden war, meldete ich ihm, daß Mr. Clifton angerufen habe, und er befahl mir, ihn selbst ans Telefon zu rufen, wenn Mr. Clifton sich wieder meldete. Das geschah dann zwischen fünf und sechs Uhr. Mr. Radlow schickte mich hinaus, aber ich horte ihn noch sagen: ›Ich werde meine Aussage niederschreiben ... Es ist mir ganz gleichgültig, ob Sie damit einverstanden sind oder nicht, Sie junger Narr! ‹ Aber dann muß er es sich anders überlegt haben, denn ich hörte ihn weiter sagen: ›Gut! Ich werde es mir noch überlegen und Ihnen Bescheid geben, wenn ich zu einem Entschluß gekommen bin. ‹
Als ich ihm dann nach dem Abendessen den Kaffee brachte, befahl er mir, das Telegrafenamt anzurufen und eine Depesche an Mr. Clifton aufzugeben.«
Sie hatte den Zettel, auf den Radlow den Text geschrieben hatte, noch in ihrem Zimmer und holte ihn. Es war wortgetreu die Depesche, die Jane geöffnet hatte.
Die Haushälterin erklärte: »Daher wußte ich ja auch, daß Sie kommen würden ... Aber - aber Sie sind ja gar nicht Mr. Clifton . . . Sie sind ja ein Herr von der Polizei!«
»Haben Sie nicht irgendein verdächtiges Geräusch gehört?« Die Frau zögerte.
»Einmal kam es mir vor, als hörte ich eine Tür zuschlagen. Aber in diesem alten Haus hört man die seltsamsten Geräusche.«
»War es ein kurzer, scharfer Schlag?« wollte Bourke wissen. Sie meinte, es sei eher ein gedämpfter Krach gewesen. »Und wann haben Sie dieses Geräusch gehört?« Das konnte sie ihm genau sagen. Es sei eine halbe Stunde vor seiner Ankunft gewesen, sie habe die Uhr schlagen gehört.
Gleich darauf wurde ans Tor gehämmert. Bourke ging hinaus und ließ den Kriminalbeamten und zwei Schutzleute von der Ortspolizei ein. Vor dem Haus wartete noch ein dritter Polizeibeamter, in dem er einen früheren Gehilfen seiner Abteilung erkannte.
»Kommen Sie nur herein, Rennie!« rief er, dann wandte er sich dem Mädchen zu: »Sie können in Ihr Zimmer gehen. Wie ist Ihr Name?«
»Stoder«, stammelte die Haushälterin, »Stoder, Sir.«
Bourke führte Rennie in das Zimmer des Toten, wo wenige Minuten später auch der Polizeiarzt eintraf.
»Ich habe hier nichts berührt«, erklärte Bourke. »Der alte Herr war im Begriff, eine Aussage zu Papier zu bringen, die ich abholen wollte. Sie stand im Zusammenhang mit dem Mord in Longford Manor, und Sie werden bemerken, daß er bis zum siebenten Blatt gekommen war, als ihn der Tod ereilte. Die ersten sechs Blatter fehlen.«
Auf dem Boden neben dem Schreibtisch lag eine viereckige Silberdose, die Bourke übersehen hatte. Rennie bückte sich und hob sie auf.
»Nanu, was ist denn das?« rief er.
Er öffnete den Deckel. Es war eine Zigarettendose, wie sie zur Ausstattung eines Herrenautos gehört;
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