0563 - Gespensterjagd
Schritte vor mir die Luft - und mitten in der flimmernden Wand klaffte eine tiefschwarze Lücke, deren Ränder sich schlangelnd dehnten.
Ich wollte stehenbleiben, aber Tobias stieß mich vorwärts.
Einen Herzschlag lang war mir, als stürzte ich einen unendlich tiefen Schacht hinab, dann stand ich wieder auf meinen Füßen und blickte verwundert über die grüne Wiese, die sich vor mir bis zum Horizont dehnte.
Ich drehte mich um.
Weit hinter mir krochen die zuckenden Ränder eines schwarzen Etwas aufeinander zu, verschmolzen miteinander - und übrig blieb nichts.
Unmittelbar vor mir aber stand Kukuruzku-Schulze, ohne daß ich ihn hätte kommen sehen. Plötzlich kam er mir fremd und unheimlich vor.
„Denken Sie keinen Unsinn, Tatcher", sagte er. „Ich bin ein Mutant und habe viele Tricks von den Cynos gelernt, aber im Grunde genommen bin ich ein Mensch."
Er deutete nach links.
Ich kniff die Augen zusammen, um sehen zu können, was er mir zeigen wollte. Aber ich sah nichts außer einem kleinen flackernden schwarzen Fleck, der in vielleicht achthundert Metern Entfernung in der Luft tanzte.
„Was soll ich dort?" fragte ich. „Ich will zur KONG-KONG."
„Von dort geht es in die KONG-KONG", erklärte der Mago.
Er ging voraus, und ich folgte ihm, obwohl ich nicht mehr wußte, ob dies ein Traum oder die Wirklichkeit war. Eines war sicher: Die Landschaft hatte nicht die geringste Ähnlichkeit mit der merkurianischen Landschaft. Sie glich eher der Landschaft in einem der wenigen irdischen Natur-Reservate.
Das Gras war sogar echt, wie es schien, und es wuchs offenbar in echter Erde und nicht in einem von Nährlösung durchspülten Kunststoffschwamm. Menschen kamen hier offenbar überhaupt nicht her, denn nirgends lag Abfall herum.
Zahlreiche Insekten summten dicht über blühenden Gräsern und kleinen Blumen. Sie wichen aus, wenn ich in ihre Nähe kam, benahmen sich aber weder furchtsam noch aggressiv.
„Wo sind wir hier?" fragte ich den Mago.
„Ich weiß es nicht", gab Tobias zurück. Seine Stimme zitterte leicht. „Ich weiß nur, daß wir uns beeilen müssen, wenn wir jemals zur KONG-KONG kommen wollen."
Furcht ergriff mich, schnürte mir die Kehle zu. Ich ahnte, daß wir uns in einer Zone befanden, die für Menschen verboten war.
Wir schlichen durch ein Paradies, das den Menschen entweder nicht kannte „oder verstoßen hatte.
Dann blieb Kukuruzku-Schulze stehen, packte meine Hand und murmelte Unverständliches.
Der tanzende schwarze Fleck schien zu explodieren.
Erbarmungslos riß er die paradiesische Umwelt auseinander.
Tobias zog mich gewaltsam vorwärts -und im nächsten Moment standen wir unter dem Kugelrumpf des Explorerschiffes.
Ich schaltete meinen Armband-Telekom ein und rief: „Hallo, KONG-KONG! Hier Captain a Hainu. Öffnen Sie bitte die Bodenschleuse, damit ich an Bord kommen kann."
Als Antwort glitten die Schotte der Mittelstütze auf. Ich wollte eintreten, aber Tobias riß mich jäh zurück. Dann sprang er vor, den Desintegrator in der Hand.
Ich eilte ihm nach -und übergab mich, als ich die schaurigen Überreste des Schleusenpostens sah. Der Raumschutzanzug war unbeschädigt geblieben, aber aus der Halsöffnung floß eine bleiche gallertähnliche Masse.
„Ü'Krantomür ist an Bord!" schrie ich voller Entsetzen und rannte zum nächsten Liftschacht.
*
Ohne auf Tobys Zurufe zu achten, eilte ich zum Versorgungsdeck, auf dem sich Caruhs Büro befand.
Das Schott öffnete sich nicht, obwohl ich die Meldeleiste wieder und wieder niederdrückte. Wild entschlossen riß ich den Impulsstrahler aus dem Gürtelhalfter und schoß das Schloß entzwei. Dann schob ich das Schott auseinander.
Drinnen löste sich eine schemenhaft an den Götzen erinnernde Gestalt soeben in Nichts auf. Ich feuerte darauf, während ich mich bemühte, nicht die grauenhaft zugerichtete Gestalt neben dem Schreibtisch anzusehen.
Als der Götze verschwunden war, kniete ich neben der Gestalt nieder. Die Bordkombination war ebenso gut erhalten wie der Raumanzug des Schleusenpostens. Deshalb erkannte ich an dem schmalen Ärmelschild, daß ich hier nicht Caruh aVacats Leichnam vor mir hatte, sondern den eines weiblichen Sergeanten mit Namen Lyda Boltzman.
Das namenlose Grauen ließ mich trotzdem nicht los.
Erst nach einiger Zeit war ich wieder in der Lage, einen klaren Gedanken zu fassen. Ich überlegte, wie ich die finsteren Pläne des Götzen durchkreuzen konnte. Meiner Meinung nach entzog er seinen Opfern
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