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0565 - Der Tod in seinen Augen

0565 - Der Tod in seinen Augen

Titel: 0565 - Der Tod in seinen Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Jahr.«
    »Sinclair!« heulte Tanner durch die Leitung. »Nein, darf es denn wahr sein? Das halte ich im Kopf nicht aus!«
    »Hast du denn einen, oder bestehst du nur aus Hut?«
    »Den werde ich bald essen, wenn das so weitergeht. Aber ich danke dir trotzdem für deinen Anruf und gebe alles zurück, was du mir gewünscht hast.«
    »Danke.«
    »War’s das?« fragte Tanner vorsichtig nach, der mich schließlich sehr gut kannte.
    »Nicht ganz…«
    »Au nein, ich lege auf.«
    »Aber du bist dran.«
    »Wobei?«
    »Zwei Leichen, Tanner. Sie sehen scheußlich aus. Costello hängt mit drin.«
    »Hat er sie killen lassen?«
    »Nein.«
    »Und wo bist du, John?«
    Ich erklärte ihm meinen Standort.
    Der Chefinspektor stöhnte. »Auch noch im schlimmen Viertel, mir bleibt auch nichts erspart. Dabei dachte ich, daß es eine ruhige Nacht werden würde, deshalb habe ich auch die Arbeit übernommen. Ich konnte den Jahreswechsel noch zu Hause erleben, bin hingefahren. Meine Enkel… ach, was soll’s! Bis gleich dann.«
    Ich hängte ein und hörte jemand gegen die Scheiben der Zelle klopfen.
    Als ich mich umdrehte, starrte ich in bunte Fratzen. Irgendwelche Punks oder Szene-Typen hatten die Zelle gefunden und sich einen Spaß daraus gemacht, mich erschrecken zu wollen. Sie waren dermaßen grell geschminkt, daß ich nicht unterscheiden konnte, ob es sich bei ihnen um Männchen oder Weibchen handelte.
    Ich verließ die Zelle. Sie heulten zur Begrüßung. Einer hielt eine babygroße Kunststoffspritze hoch. »Willst du auch einen Schuß, Mann? Du siehst so aus, als könntest du einen vertragen.«
    »Schieß ihn dir selbst.«
    Er lachte und verschwand. Die anderen beiden folgten ihm hüpfend. Sie schienen high zu sein.
    Ich ging den Weg langsam wieder zurück. Vor meinen Lippen wölkte der Atem, den Blick hielt ich zu Boden gerichtet und dachte intensiv über den Fall nach.
    Daß es ein Fall für uns werden würde, stand fest. Diese Totenschädel in den Brillengläsern, die verbrannten Gesichter, Costellos Furcht, das alles deutete auf eine weitere dämonische Attacke hin, die wir zu überstehen hatten.
    Aber wer tat so etwas?
    Ich kam nicht zurecht. Möglicherweise lag es auch an den Schmerzen, die bei jedem zu hart gesetzten Tritt durch meinen Kopf zuckten. Die Straße, in der alles passiert war, lag noch genauso verlassen vor mir wie vor einer Viertelstunde.
    Hier war wirklich der Hund begraben. Ich spielte auch Hund und hockte mich vor der Hauswand auf die Hacken, den harten Stein als Stütze in meinem Rücken spürend.
    Beide Schultern, der Hals, der Kopf und auch die Hüften taten mir weh. Kein Wunder, wenn mich die angeblich Blinden als Punchingball benutzten, aber da würde ich zurückschlagen, das stand fest.
    Irgendwo in der Nähe fiel eine Haustür zu. Dann hörte ich Schritte. Es waren mindestens zwei Personen, die sich von rechts näherten. Frauen, sie schienen von einer Feier zu kommen, waren angetörnt, ihre künstlichen Pelzmäntel standen offen. Darunter trugen sie schwarze Flitterkleider.
    Klar, daß die Frauen mich entdeckten.
    »Ein einsamer Falter, Judith!« kreischte die mit dem grünen Mantel. »Sollen wir ihn haschen?«
    »Wenn du willst.«
    Sie schaukelten näher. Ich kam nicht so schnell hoch, weil mir die Knochen weh taten. Die beiden Nachtblüten wollte ich mir nicht ans Kreuz hängen.
    »Der hat sogar Angst vor uns!«
    »Muß an dir liegen, Judith!«
    »Aber ich…«
    Die Wagen bogen in die Straße ein, überfütterte sie mit dem hellweißen Licht ihrer Scheinwerfer, was die beiden Falter der Nacht nicht vertragen konnten.
    »Komm, Judith, weg! Das sieht aus, als wären hier Bullen auf Streife.«
    »Na und?«
    Sie zog weiter. »Du hast Gras geraucht, denk daran.«
    »Okay.« Judith hüpfte auf einem Bein zurück. Ihre dunkelroten Haarsträhnen flatterten. »Lebe wohl, männliches Wesen, bis zum nächsten Jahr.«
    Ich stand endlich. »Klar doch!« rief ich den beiden nach. »Und gebt acht, daß ihr nicht ausrutscht.« Nach diesen Abschiedsworten trat ich an den Straßenrand und winkte in das Licht der Scheinwerfer hinein. Die Kollegen sollten mich sehen.
    Sie waren mit drei Fahrzeugen gekommen, die hintereinander stoppten. An den Anblick des Wagens, der die Toten abtransportierte, würde ich mich nie gewöhnen können.
    Trotz seines Alters war Tanner als erster bei mir. Ob Sommer oder Winter, Ostern oder Neujahr, er trug stets den gleichen alten Hut, einen Filz, dessen Grundfarbe er nicht einmal selbst

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