0567 - Barbaren in London
unterhielten.
Ich lief ihnen entgegen. Als ich im Licht der Scheinwerfer erschien, wurde ich angesprochen.
»He, was machen Sie hier?«
»Bitte, fahren Sie wieder zurück!«
Einer lachte mich an. »Du bist wohl irre, Mann. Wir sind gekommen, um uns den Schaden zu besehen.«
»Fahren Sie weg! Es ist für Sie zu gefährlich. Los, machen Sie schon!«
»Ich glaube, es hackt. Wer bist du überhaupt?« Der Frager wurde schnell ruhig, als ich ihm meinen Ausweis präsentierte. Er starrte das in eine Hülle eingeschweißte Dokument an und zuckte einige Male mit den Mundwinkeln. »Also Polizei…?«
»Genau.«
»Was ist geschehen? Haben Terroristen unseren Verteiler hier lahmgelegt?«
Die Vermutung gefiel mir, deshalb bestätigte ich die Worte durch ein vorsichtiges Nicken.
Die Männer schluckten. »Sind Sie noch in der Nähe?«
»Es kann sein. Deshalb fahren Sie zurück.«
»Wir müssen aber Meldung machen.«
»Das können Sie auch. Wichtig ist nur, daß Sie hier verschwinden. Fahren Sie um Himmels willen weg.«
Ihr Lächeln wurde unsicher. Der Fahrer ging zuerst. Er hatte die Tür kaum aufgezogen, als es geschah.
Plötzlich waren zwei Barbaren da. Wo sie sich versteckt gehalten hatten, war nicht herauszufinden gewesen. Einer lief aus der Richtung herbei, wo ein Gürtel aus Büschen am Zaun hoch wuchs.
Der zweite war auf das Dach des Wagens geklettert und stand dort wie eine wilde, verwegen aussehende und übergroße Comicfigur. Nur lebte dieser Barbar und war dabei, seine Lanze auf den Fahrer zu schleudern…
***
In den alles entscheidenden Augenblicken, die Sheila über den Kopf gewachsen waren, handelte Nadine.
Die Wölfin wollte nicht mehr gehalten werden. Sie wußte genau, daß es nun darauf ankam, Leben zu retten.
Nadine stieß sich ab. Sie sprang dem Krieger entgegen, bevor dieser mit seiner mörderischen Waffe zuschlagen konnte. Das weit aufgerissene Maul der Wölfin erwischte die Kehle des Barbaren.
Sheila drehte sich weg. Sie schrie ihrem Sohn zu, endlich zu verschwinden, der aber blieb auf der Fensterbank hocken und schaute starr zu.
Der Barbar konnte seine Waffe nicht mehr einsetzen. Nadine hatte ihn an einer empfindlichen Stelle erwischt. Ein knackendes Geräusch, dann kippte der Eindringling nach hinten. Er riß die Wölfin mit, die ihr Maul von seiner Kehle löste und zum nächsten Sprung ansetzte, weil sie den zweiten erwischen wollte.
Der schleuderte seine Lanze.
Er hatte die Waffe blitzartig aus dem Handgelenk geworfen; sie raste auf Nadine zu, die sich plötzlich duckte, so daß die Lanze nicht mehr voll traf, dafür wie ein feuriger Hauch durch ihr Fell glitt, ohne den Körper ernstlich zu verletzen.
Die Waffe besaß soviel Schwung, daß sie bis in Johnnys Zimmer fegte und dort schräg in den Teppichboden hämmerte, in den sie einen breiten Schlitz riß.
In den folgenden Augenblicken handelte Sheila rein instinktiv und ohne nachzudenken. Sie merkte kaum, daß sie sich bückte und die Lanze an sich riß. Mit beiden Händen hielt sie den Schaft fest, drehte sich dabei und sorgte dafür, daß die Spitze der Waffe in Richtung Tür wies.
Durch die stürmte der Barbar!
Bewußt hatte es Sheila nicht gewollt, aber durch seine Wut war er nicht in der Lage, seine Bewegung zu stoppen. Er rannte förmlich in die Waffe hinein.
»Uaaaggrrhhh…!«
Sheila hörte den schlimmen Ruf. Der Barbar bewegte zuckend seine Arme, taumelte zurück, und die Frau ließ den Schaft los, als wäre er kochend.
Im Flur blieb der Barbar liegen, dicht neben Nadine, die aus ihren menschlich wirkenden Augen in sein Gesicht schaute.
Sheila stand da, ohne ein Wort zu sagen. Sie bekam kaum mit, daß sich Johnny von der Fensterbank löste und zu ihr kam. Er hatte sie mittlerweile größenmäßig erreicht, legte der Mutter eine Hand auf die Schulter und merkte, wie Sheila zusammenzuckte.
»Schau dir das an, Mum, schau es dir an!«
Sheila wußte, was ihr Sohn meinte. Aus der Wunde des Barbaren quoll nicht ein Tropfen Blut. In diesem Körper steckte keine Flüssigkeit. Er bestand nur aus einer Hülle, über die das Fell gezogen war.
Nadine schien die Worte verstanden zu haben. Die Wölfin hob einen Fuß an und drückte die Pfote dicht neben die Wunde auf den Körper. Dort brach sie ein wie bei einer dünnen Eisschicht.
Sheila Conolly hob ihre Hand an und preßte sie gegen den Mund.
Sie wollte reden, lachen, weinen, alles gleichzeitig tun, nur schaffte sie nichts davon.
Stumm stand sie auf dem Fleck und dachte
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