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057 - Das Gespensterschloß

057 - Das Gespensterschloß

Titel: 057 - Das Gespensterschloß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Randa
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geworden, jedenfalls bilden sie es sich ein.
    „Öffnen wir ihn?“
    „Warum willst du ihn öffnen?“
    „Er ist wohl leer?“
    „Natürlich.“
    Ein Alpdruck lastet auf ihnen, aber trotz allen Sichsträubens gibt es kein Zurück mehr für sie. Jacques faßt bereits nach dem Deckel.
    „Er ist nicht zugenagelt.“
    „Mach auf.“
    Simone atmet heftig und ist leichenblaß. Mit einer jähen Bewegung nimmt Jacques den Deckel ab, und fährt zurück, während Simone sich an die Kehle faßt, unfähig, aufzuschreien, doch von Entsetzen gepackt.
    Die Lade ist nicht leer. Eine Tote liegt drin, die beiden Hände über der Brust gefaltet. Hätten sie die Bilder im andern Zimmer gesehen, sie würden das junge Mädchen wiedererkennen, denn sie ist es zweifellos, die dem Künstler als Modell gedient hat. Sie scheint nur zu schlafen, ihre Lippen sind zu einem Lächeln verzogen. Eine junge Tote, vor ein paar Stunden erst gestorben, denn ihre Wangen sind noch rosig. Es ist, als werde sie gleich erwachen, sich erheben.
    Leise tritt Simone zurück, so behutsam, wie man in einem Sterbezimmer geht.
    „Jaques … das ist doch nicht möglich.“
    Er seinerseits hat sich wieder gefaßt. Er legt den Arm um seine Frau.
    „Es ist eine Wachspuppe. Das gehört zur Komödie dieses Verrückten.“
    „Meinst du?“
    „Aber hör mal, du glaubst doch nicht etwa, daß es eine richtige Leiche ist, die man rasch unterm Bett versteckt hat, damit man uns das Zimmer geben kann!“
    Er geht zum Sarg zurück, und um seine Frau vollends zu beruhigen, ergreift er eine Hand der Toten – und läßt sie sofort wieder fallen.
    Es ist kein Wachs, sondern kaltes, starres Fleisch.
    „Jacques!“
    Das ist doch nicht möglich, man darf sich nicht hereinlegen lassen. Lange starrt er seine Frau völlig verstört an.
    „Jedenfalls sollten wir Bernard und Marthe verständigen.“
    Jetzt endlich begreift sie. Sie stößt einen langen Entsetzensschrei aus, stürzt zur Tür und reißt sie auf. Die Finsternis im Flur flößt ihr weniger Angst ein. Sie läuft hinaus.
    „Simone!“
    Jacques folgt ihr eilig. Er hört das Geräusch ihrer hastigen Schritte auf den Fliesen.
    „Simone!“
    Nun fängt auch er zu laufen an.
     

     

„Was ist denn los?“
    Diesmal stürzt Bernard zur Tür. Simones Angstschrei klingt ihm noch in den Ohren. Er öffnet, und eine Sekunde lang zeichnet sich die Silhouette der jungen Frau im Türrahmen ab … sie sieht ihn nicht und flüchtet in die Finsternis. Dann rennt Jacques an ihm vorbei.
    „Jacques … Simone, seid ihr verrückt?“
    Sie scheinen ihn nicht gehört zu haben. Instinktiv will er ihnen nachlaufen, aber er denkt an Marthe und bleibt stehen.
    „War es Simone, die geschrien hat?“ fragt Marthe.
    „Ja, und dann ist sie davongelaufen, dorthin …“
    „Mein Gott.“
    Durch die offengebliebene Tür von Jacques’ Zimmer fällt Lichtschein in den Gang.
    „Es muß etwas passiert sein.“
    „Ja. Bleib hier, ich werde nachschauen.“
    „Ich gehe mit.“
    „Nein.“
    „Laß mich nicht allein, Bernard.“
    Er zögert. Ein Drama beginnt sich anzubahnen, er spürt es. Ein Drama, in das sie ebenso verwickelt sind wie ihre Freunde, allem Anschein zum Trotz.
    Er packt Marthe beim Arm.
    „Versprich mir, daß du ruhig bleibst.“
    „Ich verspreche es dir.“
    „Was du auch sehen magst?“
    „Ja.“
    Sie überqueren den Flur. Auf der Schwelle des anderen Zimmers bleiben sie erstarrt stehen, als sie den Sarg mit der Leiche erblicken.
    „Es ist das junge Mädchen, das wir auf dem Porträt gesehen haben.“
    Bernard betritt vorsichtig den Raum, Marthe bleibt dicht hinter ihm.
    „Sie haben eine Leiche entdeckt … großer Gott. Es wird doch kein Mord geschehen sein?“
    Die Tote liegt friedlich da, wie für eine Leichenfeier hergerichtet.
    „Man könnte meinen, sie sei eben erst gestorben.“
    „Das ist vielleicht das Unerklärlichste an der Sache. Wir dürfen nicht hierbleiben, wir müssen uns um Jacques und Simone kümmern.“
    Langsam gehen sie hinaus, wobei sie sich alle paar Schritte umschauen.
    „Eines verstehe ich nicht“, sagt Bernard. „Wenn der Sarg bereits im Zimmer war, als sie es betraten, müßten sie ihn gleich gesehen haben, und dann wären sie auf der Stelle umgekehrt.“
    „Bernard …“
    „Danach hat man ihn ja wohl kaum gebracht.“
    „Und wenn er im Zimmer versteckt war? Womöglich steht in unserem auch einer?“
    „Du bist verrückt.“
    Alles erscheint rätselhaft. Im Flur herrscht wieder

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