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057 - Das Gespensterschloß

057 - Das Gespensterschloß

Titel: 057 - Das Gespensterschloß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Randa
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Kamin, und im Augenblick, da er den Leuchter neigt, um das Holz in Brand zu setzen, schreit Marthe vor Überraschung auf: „Schau doch!“
    Er hat es bereits bemerkt, und es überrascht ihn ebenso wie sie. Das Feuer ist vorgerichtet. Reisig zuunterst, darüber immer größere Scheite bis zum Tannenstumpf, der das Gebäude krönt. Nur, dieses Holz ist mit Staub und Spinnweben bedeckt.
    Gleichzeitig wenden sie sich um und betrachten das Zimmer mit prüfendem Blick. Es ist gepflegt, keine Spur von Vernachlässigung. Kein Teppich abgenutzt – und dann dieses morsche Holz im Kamin! Wie reimt sich das zusammen?
    „Das ist doch nicht zu fassen“, flüstert Marthe.
    Bernard ist verlegen.
    Vorsichtig hält er die Flamme an den Holzhaufen. Sofort brennt er, wie Zunder.
    „Das Holz ist zu trocken, es wird im Nu verbrannt sein.“
    Ängstlich beobachten sie die Flammen. Sie sinken nicht herab, im Gegenteil, sie werden kräftiger. Dieses Holz war also nicht so morsch wie vermutet? Und dennoch … Marthe schmiegt sich instinktiv an ihren Gefährten.
    „Es ist grausig.“
    „Warum grausig? Wir begreifen es eben nicht, weiter nichts.“
    „Ich möchte wissen, ob es im Zimmer von Jacques und Simone auch so ist.“
    „Fragen wir sie doch.“
    Er geht bereits zur Tür. Sie hält ihn zurück.
    „Nein.“
    Es ist mehr als ein Beschwören, es ist ein Angstschrei. Bernard zögert, er weiß schon, daß er keine Lust mehr hat, hinüberzugehen. Aus welchem Grund?
    Eigentlich könnten Jacques und Simone ja auch ein Lebenszeichen geben. Vermutlich haben sie Feuer angemacht wie sie. Ob sie ihren Kamin auch so sonderbar fanden, wie der hier es ist? Warum kommen sie nicht? Wegen des Flurs? Bernard setzt sich auf einen Stuhl und sucht seine Zigaretten.
    „Wir sind wirklich albern.“
    Aber um nichts in der Welt würde er sich von der Stelle rühren.
    „Du nimmst mir doch nicht übel, daß ich dir meine Gesellschaft aufgezwungen habe“, sagt Marthe.
    „Na hör mal, das ist doch ganz selbstverständlich. Ich kann mir dich nicht allein in einem solchen Zimmer vorstellen – und ich mich auch nicht.“
    Er versucht zu lachen. Die Zigarette, die sie rauchen, entspannt sie ein wenig.
    „Wir hätten uns nicht von Jacques und Simone trennen dürfen. Sollte dieser Mann es etwa darauf angelegt haben, uns zu trennen?“
    „Red’ keinen Unsinn. Aus welchem Grund denn?“
    Er lacht: „Man müßte voraussetzen, daß er uns umbringen will; daß wir in eine Art Wirtshaus im Spessart geraten sind. Und warum umbringen, du lieber Gott? Um uns auszurauben? Wir haben nichts, und er hat uns keine diesbezügliche indiskrete Frage gestellt.“
    Das Holz im Kamin kracht munter, und der Raum erwärmt sich.
     

     
    „Ist dir aufgefallen, daß es in diesem Zimmer keine Anzeichen von Feuchtigkeit gibt?“
    „Ja. Wir wissen nicht, wie das Leben in diesem weltverlorenen Schloß organisiert ist. Außer Therese und Wilhelm muß es weitere Dienstboten geben, die wir noch nicht zu Gesicht bekommen haben. Da alles so gepflegt ist, kann es gar nicht anders sein.“
    Weitere Dienstboten, weitere Menschen, diese Möglichkeit samt allem, was sie beinhaltet, wirkt beruhigend auf Marthe. Bernard fügt hinzu: „Derais hat seinen Bruder Tristan erwähnt, er hat uns aber nicht gesagt, daß es keine sonstigen Schloßbewohner gäbe. Morgen werden wir möglicherweise eine Überraschung erleben.“
    „Meinst du?“
    „Ich fürchte sogar, man macht sich über uns lustig.“
    „Weil wir Angst haben?“
    „Ja.“
    „Woran sollen sie es merken?“
    „An den heruntergebrannten Kerzen.“
    Die allmählich sich verbreitende Wärme trägt zu ihrer Beruhigung bei. Ein warmer Raum ist weniger feindselig als ein kalter. In gewissem Sinn hält Behaglichkeit alles Mysteriöse fern. In einer modernen Wohnung ist von Gespenstern nie die Rede. Sie suchen nur die alten Behausungen heim.
    Im Augenblick jedenfalls wirkt das hell erleuchtete Zimmer gemütlich und heimelig.
    Marthe geht zum Bett. Sie hebt die Decke hoch und betastet das Laken.
    „So etwas gibt es heutzutage gar nicht mehr, Bernard. Von einer Feinheit … über und über handbestickt. Diese Leute müssen unwahrscheinlich reich sein.“
    Hinter dem Bett entdecken sie, in etwa anderthalb Meter Höhe, eine rechteckige Nische mit drei nebeneinander liegenden Fenstern.
    Das mittlere, breiteste, ist versiegelt, während die beiden andern sich öffnen lassen. Sie bestehen nicht aus durchsichtigem Glas, sondern aus bunten

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