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057 - Das Gespensterschloß

057 - Das Gespensterschloß

Titel: 057 - Das Gespensterschloß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Randa
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sich.
    „Schau, es enthält eine Kamee mit meinem Porträt. Du wirst diese Kette nehmen und sie dir um den Hals hängen, danach bringst du den Kasten wieder an seinen Platz und schiebst das Mauerstück zurück.“
    „Warum bis morgen warten? Wenn du mir diese Kette schenkst, nehme ich sie gleich mit.“
    Ein merkwürdiges Lächeln hellt Djallis Gesicht auf.
    „Wenn du willst … schließlich wird es eine zusätzliche Prüfung sein. Ich werde sie dir selbst umhängen, und du wirst dich daran erinnern. Wenn du sie morgen aber nicht wiederfindest, kommst du hierher und holst sie dir.“
    „Wenn ich sie mitnehme, brauche ich sie doch nicht hier wieder zu holen – hast du Angst, daß ich sie verliere?“
    „Wer weiß?“
    „Aber wenn ich sie verliere, Djalli, ist sie nicht mehr hier!“
    „Versprich mir trotzdem, zurückzukommen und nachzuschauen.“
    „Aber Djalli!“
    „Versprich’s!“
    Herzlich lachend gibt er nach: „Ich schwöre es dir.“
    Erleichtert schließt sie den Kasten, schiebt ihn mit Bernards Hilfe in sein Versteck und dreht das Mauerstück in seine ursprüngliche Lage. Dann nimmt sie das Kettchen, das Bernard immer noch in der Hand hält, und hängt es ihm um den Hals.
    „Niemand wird erfahren, daß du es trägst. Das bleibt unser beider Geheimnis. Und wenn eine Frau auf dich zukommt, irgendeine, und sie sagt: ‚Gib mir mein Herz zurück’, dann bin ich es.“
    „Das werde ich nicht brauchen, um dich wiederzuerkennen.“
    „Doch, leider!“
    Sie spricht dieses Wort ohne jede Bitterkeit aus.
    „Ich verspreche dir, was du willst, aber es wird nicht nötig sein.“
    „Wenn es so ist, wird alles gut verlaufen.“
    Überlegend läßt sie den Blick durchs Zimmer wandern.
    „Was suchst du?“
    „Reiß mal ein Blatt aus deinem Notizbuch und schreib drauf: ‚Djalli – Bernard’, darunter das Datum.“
    „Warum tust du’s nicht selber?“
    „Du mußt es tun.“
    Er gehorcht, schreibt Djalli – Bernard und datiert: 23. Dezember 1954.
    „Und was soll jetzt damit geschehen?“
    „Greif ein Buch aus der Bibliothek … dieses da, wenn du magst, Homers Odyssee, und steck das Papier hinein.“
    „So.“
    „Nun stell den Band wieder an seinen Platz. Morgen wirst du ihn dir holen.“
    „Und dann?“
    „Morgen wird es dir gewiß verwunderlich vorkommen, daß du ihn wiederfindest.“
    „Na hör mal, Djalli!“
    „Du hast versprochen, mir zu vertrauen und zu gehorchen.“
    „Schön. Bist du jetzt zufrieden?“
    „Morgen wirst du es vielleicht sein … wenn du mich liebst.“
    Warum redet sie immer wieder von seiner Liebe? Für sie scheint das von ausschlaggebender Bedeutung zu sein. Dabei kennen sie einander kaum, ein paar Stunden nur. Alles hat sich rasend schnell abgespielt, so könnte man meinen. Freilich, Bernard hat nicht diesen Eindruck, im Gegenteil, ihm kommen diese wenigen Stunden wie eine Ewigkeit vor. Jedenfalls hat die kurze Zeit genügt, um Djalli zu lieben, wie er noch nie geliebt hat. Er ist nicht mehr Herr seiner selbst, eine unbekannte Kraft beherrscht ihn, aber Djalli hat künftighin nichts zu befürchten, sein einziges Hoffen wird immer dahin zielen, sie wiederzufinden.
    „Meine kleine Djalli.“
    Er drängt sie zu einem Sessel, setzt sich und nimmt sie auf seine Knie. Sie widerstrebt nicht, sie schaut ihn strahlend an.
    „Ich möchte ein ernstes Wort mit dir reden.“
    „Ja.“
    „Müssen wir uns wirklich trennen?“
    „Es ist unvermeidlich.“
    „Du hast gesagt, du müssest zur Kapelle gehen. Wenn du nicht gingst, was würde dann geschehen?“
    „Du würdest mich schließlich hassen.“
    „Jetzt schon uns trennen … wo wir uns so kurz gesehen haben.“
    „Wir haben noch soviel Zeit vor uns. Hier zählt die Zeit nicht.“
    „Die Zeit zählt nicht? Ich kann das einfach nicht begreifen.“
    „Morgen werden dir meine Erklärungen einleuchten, denn dann wirst du unwiderlegbare Beweise haben.“
    „Unsere beiden Namen in dem Buch und das goldene Kettchen?“
    „Ja.“
    „Wie kindlich du geblieben bist, das ist doch nur ein Spiel, Liebes!“
    „Ich weiß, daß du in mir nur eine Kranke siehst, es war vielleicht die einzige Möglichkeit, und es ist auch besser so.“
    Sanft streicht sie ihm über das Gesicht.
    „Du weißt nicht, was es für mich bedeutet, daß du mich heute geliebt hast. Eigentlich hätte ich abstoßend auf dich wirken müssen.“
    In dem Augenblick, da sie ihn abermals auf die Lippen küßt, kann er sich eines schmerzhaften Erschauerns nicht

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