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057 - Im Banne des Unheimlichen

057 - Im Banne des Unheimlichen

Titel: 057 - Im Banne des Unheimlichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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behalten und zu jeder einzelnen angeben, ob Mann oder Frau den Wagen gelenkt hatte und wie viele Insassen dabei gewesen waren. Eines Tages wollte die Kriminalabteilung, die dem berüchtigten Straßenräuber Joe Stortling auf den Fersen war, wissen, ob nicht jemand den Wagen des Verbrechers gesehen hätte. Ich erinnerte mich sogleich der Nummer und konnte sagen, wo ich den Wagen gesehen und welche Richtung er eingeschlagen hatte. Als meine Begabung den Vorgesetzten zu Ohren kam, holten sie mich in den Erkennungsdienst. Ich kenne jetzt jeden Gewohnheitsverbrecher, mit dem die Polizei je zu tun hatte, und wäre imstande, mindestens dreihundert amerikanische Gauner und ebenso viele französische auf den ersten Blick beim Namen zu nennen. Ich kann Fingerabdrücke bekannter Verbrecher sogleich unterscheiden. Aber wenn man mich beauftragte, einen Mann zu verhaften, käme ich wohl in ärgere Verlegenheit als der Verfolgte.«
    »Ach Gott!« sagte Bill teilnahmsvoll. »Aber möchten Sie denn nicht einmal die Aufdeckung eines Kriminalfalles selbst in die Hand nehmen?«
    Die sanften blauen Augen des Inspektors leuchteten auf. »Und ob ich das möchte! Ich kann ja sonst mit keiner weiteren Beförderung rechnen. Doch wenn ich meine Vorgesetzten um eine aktive Verwendung bitte, lächeln sie nur.«
    »Könnten Sie sich nicht sozusagen eigenmächtig mit einem Fall beschäftigen, noch bevor die zuständigen Stellen davon Wind bekommen haben? Ich denke, man würde Sie nicht wegzuschicken wagen.«
    »Nein, ich glaube auch nicht, daß man es tun würde«, stimmte Bullott gleichgültig zu. »Aber wo findet man einen solchen Fall?«
    Plötzlich fiel Bill - beinahe hätte er es doch noch vergessen - wieder ein, was er hatte vorbringen wollen.
    »Nebenbei bemerkt - kennen Sie einen gewissen Toby Marsh?«
    »Einbrecher!« fiel Bullott sofort ein. »Einmal vorbestraft, mehrmals in Untersuchung gezogen. Fünfundsechzig Zoll groß, hager, lichtblaue Augen, trägt Zwicker, zwei Schneidezähne fehlen. Wohnt in Maida Vale, einem sehr vornehmen Stadtteil. Verwendet mit Vorliebe Fremdwörter und mischt sich gerne in die Angelegenheiten anderer Leute. Freilich kenne ich den!«
    »Das dachte ich mir«, sagte Bill. »Ich habe ihn nämlich heute getroffen. Er scheint ein Geheimniskrämer zu sein.«
    »Ja, das ist seine Passion, die Leute neugierig zu machen. Was hat er Ihnen denn erzählt?«
    Der Inspektor, der sich schon hatte zurückziehen wollen, setzte sich von neuem und blickte seinen Mieter erwartungsvoll an. Die Neugier schien ihn völlig verwandelt zu haben.
    »Ich kann Ihnen gar nicht genau sagen, was er erzählt hat. Es war lauter ungereimtes Zeug. Zum Beispiel hat er den Namen einer mir bekannten jungen Dame genannt und gesagt, sie sei die ›Goldene Stimme des Alls‹.«
    »Die Goldene Stimme des Alls?« wiederholte Bullott langsam. »In welchem Zusammenhang hat er die Dame erwähnt?«
    »Wir sprachen von den Stolzen Söhnen von Ragusa. Haben Sie von denen schon einmal etwas gehört?«
    »Doch, doch«, antwortete der Inspektor ungeduldig. »Das ist eine Gesellschaft, die halbjährlich eine Art Lotterie veranstaltet. Sie wurde von einem verrückten Amerikaner namens Leiff Stone gegründet, der an allerhand Übersinnliches und an Geister glaubt. Stimme des Alls?« Er schlug sich auf die Knie. »Das bedeutet natürlich, vom höchsten Geist des Weltalls inspiriert sein! Wiederholen Sie mir doch bitte so genau wie möglich, was er alles gesagt hat.«
    Er hörte gespannt zu, als Bill den Zug der Söhne von Ragusa schilderte und seine Unterhaltung mit dem Einbrecher rekapitulierte.
    »Betty Carew - das ist doch die Schauspielerin, nicht wahr? Was hat die mit den Söhnen von Ragusa zu tun?«
    »Ich bin überzeugt, daß sie noch nie etwas von ihnen gehört hat«, meinte Bill.
    Bullott rieb sich das Kinn.
    »Der Dreiundzwanzigste Grad? Ich werde der Sache nachgehen. Denn ich sage Ihnen, dieser Marsh erfährt manchmal Dinge, von denen die Polizei keine Ahnung hat. Wie er zu seinen Kenntnissen kommt, weiß ich nicht, wahrscheinlich bei seinen Einbrüchen. Denn er arbeitet fortwährend, ohne daß wir ihn fassen können. Und Toby sucht sich ausgefallene Örtlichkeiten für seine Unternehmungen aus. Gewöhnliche Juwelierläden und Geschäftskassen sind vor ihm sicher. Doch wenn bei der Hauptstelle des Vereins für Sonntagsschulen oder sonst an einem ungewöhnlichen Ort eingebrochen wird, tut man gut daran, zuerst einmal an ihn zu denken. Die Büros von

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