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057 - Im Banne des Unheimlichen

057 - Im Banne des Unheimlichen

Titel: 057 - Im Banne des Unheimlichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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Lächelnd musterte er den Verwundeten. »Ich hätte Reporter werden sollen - ich bin geschickter als ihr alle zusammen! Um Ihnen ein Zeichen meines Vertrauens zu geben, Mr. Bullott, will ich Ihnen gestehen, daß ich mich zwei Jahre lang fast nur in Rechtsanwaltsbüros umgesehen habe. Was ich da nicht alles zu lesen bekam! Briefwechsel und Bekenntnisse und Schweigegelder! Ich bin ein geborener Reporter, sage ich Ihnen! Die Leute glauben, ein Reporter sei ein Mann, der recht viel schreiben will. Das stimmt nicht. Er ist vielmehr, wie Mr. Holbrook bestätigen wird, ein Mann, der wissen will. Das Schreiben ist dabei Nebensache.«
    »Ich bin bereit, eine Wette einzugehen, daß Sie nicht in Laffins Studierzimmer waren«, beharrte Bill.
    »Ich sage ja gar nicht, daß ich im Zimmer war. Mein Körper war weiter als eine Meile entfernt, aber ich war doch anwesend - im Geiste, meine ich ... Ich kann Ihnen nur sagen, daß es leicht zu bewerkstelligen ist.«
    Toby Marsh war überaus vergnügt, als er die verdutzten Gesichter seiner Zuhörer sah. Dann nahm er seinen goldgefaßten Kneifer von der Nase und begann die Gläser zu putzen.
    »Sie könnten wirklich eine Menge Geld verdienen, wenn Sie auf dem rechten Weg bleiben wollten!« entfuhr es Bullott.
    »Keine Sorge - ich werde als angesehener Mann enden, geachtet von der Bevölkerung und beneidet von meinen Nachbarn. Vielleicht werde ich in den Adelsstand erhoben. Man kann nie wissen.«
    Bill warf einen Blick auf Bullott, der gerade seine Uhr hervorgezogen hatte.
    »Sie brauchen nicht länger zu warten«, sagte Toby, »er wird nicht kommen.«
    »Wer?« fuhr der Inspektor irritiert auf.
    »Tinker Lane - der Herr, der aus der Schule plaudern wollte. Ich habe ihn den ganzen Abend gesucht und nicht finden können, und wenn mir das nicht gelingt, wird es den Herren von Scotland Yard auch nicht gelingen. Er wurde das letztemal gesehen, als er um vier Uhr nachmittags in Bonys Kaffeehaus eine Tasse Tee trank. Er wird bestimmt nicht erscheinen.«
    In diesem Augenblick wurde heftig ans Haustor geklopft. Bullott flog förmlich die Treppe hinunter.
    Draußen stand ein verkommen aussehender Mann, aber es war nicht Tinker.
    »Sind Sie Mr. Bullott?« fragte er mit heiserer Stimme.
    Der Inspektor nickte, und der andere streckte ihm einen Brief hin.
    »Warten Sie - warten Sie doch!« rief Bullott, aber der Mann eilte davon, ohne sich umzublicken.
    Der Briefumschlag enthielt nur einen Zettel, auf dem das eine Wort stand: ›Abgehalten‹. Keine Unterschrift.
    »Was halten Sie davon?« fragte Bullott, als er zu den beiden andern zurückkehrte.
    Bill nahm den gereichten Zettel und las.
    »Das kann nur von Tinker sein.«
    »Gewiß nicht!« hörte man den unerschütterlichen Toby sagen. »›Abgehalten‹ ist ein Wort, das Mr. Tinker bestimmt nicht verwenden würde. Es gehört nicht zu den dreitausendsechshundertzwölf Wörtern, die dem Ungebildeten geläufig sind.«
    »Jedenfalls ist es nicht Tinkers Schrift«, sagte Bullott, »denn Tinker kann nämlich überhaupt nicht schreiben.«
    Er ging hinunter und kam mit einem Fläschchen zurück, das mit violettem Pulver gefüllt war. Er schüttete davon ein wenig auf das Papier, drehte es geschickt hin und her, bis der ganze Zettel mit einer violetten Staubschicht überzogen war, und blies das Pulver ins Kaminfeuer. In einer Ecke des Zettels wurde der Abdruck eines Daumens sichtbar.
    »Das ist der Ihre«, bemerkte er verdrießlich zu Bill. »Der Mann, der das geschrieben hat, hatte Handschuhe an.«
    Er behandelte den Briefumschlag auf die gleiche Weise, worauf zahlreiche Fingerabdrücke erschienen. Sein geübtes Auge erkannte sogleich, daß sie größtenteils von der gleichen Person stammten.
    »Das ermöglicht uns wohl, den Überbringer zu ermitteln, der Schreiber aber hat uns keine Spur hinterlassen.«
    Bill setzte sich im Bett auf und langte nach der Zigarettenschachtel.
    »Wenn ich nur wüßte, was am neunundzwanzigsten Juli geschehen soll! Und was mag er gemeint haben damit, daß jemand Mehl, Konserven und sogar Gewehre nach Amerika verschiffen wollte? Bullott, ich will die Verabredung in der Sonntagnacht einhalten, und ich werde allein hingehen!«
    »In diesem Falle«, warf Toby schlagfertig ein, »werden Sie wahrscheinlich in größerer Begleitung zurückkommen. Zwei Ärzte und mehrere Polizisten dürften Sie in einem Transportwagen zum Leichenhaus fahren und dort abliefern. Sie sprechen doch von Ihrem Stelldichein beim dritten Meilenstein auf der

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