Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
057 - Im Banne des Unheimlichen

057 - Im Banne des Unheimlichen

Titel: 057 - Im Banne des Unheimlichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
Vom Netzwerk:
ich kann natürlich auf Grund eines Privattelegramms nicht dienstlich vorgehen. Ich werde mit dem Kapitän sprechen müssen . Ja, ich werde gleich zu ihm gehen, Mr. Holbrook. Wollen Sie mich hier erwarten?«
    Allein geblieben, schlenderte Bill in dem geräumigen Kanzleiraum auf und ab. In einem Gestell lag eine mächtige Browningpistole, an deren Lauf eine Pappschachtel mit Patronen angebunden war.
    Nachdenklich blickte er die Waffe an.
    Beim Eingang stand der Doppelposten Wache. Der Zahlmeister ist gut bewacht, dachte Bill. Durch eine unbewußte Gedankenverbindung alarmierte ihn das Wort ›bewacht‹. Er konnte sich nicht erinnern, aber es mußte da einen Zusammenhang geben, der ihm nur nicht einfiel. ›Bewacht‹, ›Wache‹ - wo hatte er das nur gehört? Richtig: Tinker Lane hatte erwähnt, daß er zur ›zweiten Maschinenwache‹ gehöre. Er hatte das Wort hingeworfen, um die Wichtigkeit der Mitteilungen zu unterstreichen, die er verkaufen wollte.
    Der Zahlmeister kam zurück.
    »Ich habe mit dem Kapitän gesprochen. Er wird sich selbst in New York erkundigen, ist aber der Meinung, daß wir bis auf weiteres die Waffen aufbewahren sollen, da sie ja an Bord doch nicht gebraucht werden. Und da wir im Handmunitionsdepot des Schiffes genug Waffen für die Bemannung liegen haben, hält er auch jede Furcht vor einem Handstreich für überflüssig.«
    »Wo ist das Munitionsdepot?«
    »Gleich hinter dem Kartenhaus. Es sind genug Gewehre und Revolver da, um in den Krieg zu ziehen.«
    »Na, wir werden ja sehen!« meinte Bill kopfschüttelnd. »Ich fürchte nur, Sie werden es noch bereuen, daß Sie nicht auf mich hörten.«
    Mit diesen Worten trollte er sich. Er wollte nun endlich hinunter zum Frühstück. Unterwegs traf er Betty und teilte ihr das Ergebnis seiner Besprechung mit.
    »Sie sind leider an Bord so überzeugt, auf diesem besten aller Schiffe könne sich nichts Ordnungswidriges ereignen, daß sie für keine ernsteren Maßnahmen zu haben sind.«
    Beim Eingang zum Speisesaal kamen sie an einer kleinen Gruppe vorbei, die sich vor dem schwarzen Brett versammelt hatte, an dem die neuesten funktelegrafischen Nachrichten aus aller Welt angeschlagen wurden. Sie blieben ebenfalls stehen, und Bill drängte sich ein wenig vor, weil eine Überschrift sein Interesse geweckt hatte. Sie lautete: ›Das verschwundene Schiff‹. Weiter hieß es:
    ›Die spanische Seepolizei meldet das Verschwinden des Tankschiffes ›Thomas Inland‹ aus dem Hafen von Bilbao. Das Schiff hat während der Nacht, als Kapitän und Offiziere an Land weilten, den Hafen verlassen und ist seither nicht mehr gesichtet worden. Das spanische Kanonenboot ›Alfonso XIII‹ ist sofort in See gegangen, um die Verfolgung aufzunehmen, hat aber im Golf dichten Nebel angetroffen, der seine Aufgabe erschwert.
    Man vermutet, daß sich einige britische Seeleute, die sich längere Zeit in Bilbao aufgehalten haben, unter der Führung des vorbestraften Kapitäns Harvey Hale des Schiffes in verbrecherischer Absicht bemächtigt haben.‹
    Bill war zurückgetreten, und dann, als ihm die Erleuchtung kam, erstarrte er einen Augenblick.
    »Harvey Hale - ›H. H.‹!«
    Die beiden Buchstaben am Griff des Messers! War Harvey Hale an Bord des Schiffes? Und wenn ja - bestand zwischen den Vorgängen auf der ›Escorial‹ und dem Verschwinden des Tankdampfers in Bilbao ein Zusammenhang? Der Buchstabe H war allerdings kein seltener Anfangsbuchstabe bei englischen Namen. Es mochte ein Dutzend Leute an Bord geben, auf die das ›H. H.‹ paßte. Aber das Zusammentreffen war doch sehr auffällig.
    Bill war mit Betty allein bei Tisch. Lambert Stone hatte sich soweit gut erholt, doch blieb er seines Verbandes wegen vorerst lieber oben. Auch Lowbridge erschien an diesem Morgen nicht zum Frühstück. Die See war zwar ziemlich ruhig, nur von einer leichten Dünung bewegt, aber das hatte genügt, Clive an seine Kabine zu fesseln.
    »Wissen Sie, Billy«, sagte Betty plötzlich, »Onkel Stone glaubt, daß mein Vater tot ist. Glauben Sie es auch?«
    »Ja -«, antwortete er langsam, »ich fürchte.«
    »Es ist seltsam - er hat mir so wenig bedeutet. Er war mir eigentlich viel fremder als Sie, Billy. Ich werde jetzt auf Deck gehen .«
    Sie wollte erst nachsehen, ob ihr Onkel etwas brauche, und Bill begab sich zu seiner Kabine. Er griff nach der Klinke - da sah er den schwarzen Abdruck einer großen Hand auf der weißgestrichenen Tür. Er starrte verwundert darauf. Sollte das eine Warnung sein?

Weitere Kostenlose Bücher