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057 - Im Banne des Unheimlichen

057 - Im Banne des Unheimlichen

Titel: 057 - Im Banne des Unheimlichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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der Stewards machte es überflüssig, daß er noch weiter Wache hielt.
    Er zog sich in seine Kabine zurück, um sich schlafen zu legen, aber es blieb beim Vorsatz, denn er fand auf seinem Kissen einen Brief liegen, der ihm alle Ruhe raubte. Die Adresse war mit Bleistift flüchtig hingekritzelt, und Bill erkannte sofort die Handschrift Bullotts. Er riß den Umschlag auf - auf dem Blatt Papier standen nur die wenigen Worte:
    ›Sorgen Sie sich nicht um mich. Ich halte einiges aus.‹
    Eine Unterschrift fehlte, aber ohne Zweifel war es Bullotts Schrift.
    Bill brachte den Zettel unverzüglich zum Kapitän. Der alte Seemann war wach. Er stand im Pyjama, eine Pfeife im Mund, in der Tür seiner behaglichen Kajüte und nahm Holbrook den Zettel aus der Hand.
    »Ich bin sehr erleichtert«, sagte er, »aber ich wäre froh, wenn die Herren von Scotland Yard ihre Künste nicht gerade auf meinem Schiff produzierten.«
    Bill teilte auch Betty die Neuigkeit mit, sobald sie auf Deck erschien. Sie zeigte sich hocherfreut.
    »Aber wo mag er nur stecken, Billy?«
    Wenn Holbrook etwas haßte, so war es das Wort ›Billy‹, das ihn an einen alten Ziegenbock aus seiner Kinderzeit erinnerte. Als er es jedoch aus dem Munde Bettys hörte, war er von dieser Abneigung geheilt.
    Später traf er Clive Lowbridge, dem er die gute Nachricht ebenfalls erzählte.
    »Wissen Sie«, meinte der junge Lord achselzuckend, »ich begreife nicht, was der Mann eigentlich will. Was soll dieses Versteckenspielen? Haben Sie übrigens Ihre Waffen abgegeben?«
    Clive grinste. »Ich besaß einen alten Revolver, der jetzt in den Händen des Zahlmeisters ist. Es war überraschend zu sehen, wieviel Schießeisen sich an Bord befanden - gerade als ob jedermann im Glauben aufs Schiff gekommen wäre, einen Kaperangriff abwehren zu müssen.«
    Bill versicherte, daß ihn die Anordnung nicht berührt habe.
    Als er daraufhin beim Zahlmeister vorbeiging, zeigte ihm dieser stolz das Arsenal. Reihe um Reihe lagen Repetierpistolen und Revolver aller Art auf seinem Tisch, und an jeder Waffe war ein Zettel mit dem Namen des Eigentümers und seiner voraussichtlichen Adresse in Amerika befestigt.
    Im Weitergehen kam Holbrook ein Gedanke. Er runzelte die Stirn. Wieso kam eigentlich der Staatsanwalt eines amerikanischen Staates dazu, auf hoher See generelle Verfügungen zu erlassen?
    Er lief die Treppe hinauf zum Bootsdeck. Ungefähr in der Mitte des Schiffes, knapp hinter dem vierten Schlot, befand sich die Funkstation. Bill kannte sich in diesem Teil des Schiffes bereits aus. Er öffnete die Tür und trat in einen von Röhrenlampen hellerleuchteten Raum. Der bebrillte junge Mann, der an einem Tisch vor seinen Apparaten saß, wandte sich ihm lächelnd zu.
    »Ich möchte Sie bitten, für mich sogleich eine Funkdepesche nach New York aufzugeben«, sagte Bill, indem er sich setzte und zu kritzeln begann. »Hier ist sie!«
    ›An den Staatsanwalt des Staates New York: Haben Sie dem Zahlmeister der ›Escorial‹ Weisungen zukommen lassen, wonach alle an Bord befindlichen Feuerwaffen abgeliefert werden müssen? Anfrage sehr dringend. Habe Grund zu vermuten, daß Handstreich an Bord geplant. Erbitte umgehende Funkantwort. William Holbrook, Reporter des ›Globe Herald‹.‹
    Der Funker sah auf seine Armbanduhr und notierte die Zeit auf dem Formular.
    Bill verschlief den ganzen Montagnachmittag. Als er erwachte, stellte er einen Wettersturz fest. Es regnete heftig und die See war ziemlich bewegt, was allerdings auf dem riesigen Schiff kaum zu spüren war.
    Mit dem einigermaßen beruhigenden Gefühl, nicht völlig untätig gewesen zu sein, ging Bill zum Abendessen. Wenn auch irgendwo auf dem Schiff der geheimnisvolle Dr. Laffin lauerte. so lag dafür anderswo der nicht minder geheimnisvolle Inspektor Bullott im Hinterhalt.
    Auf dem Weg zurück in seine Kabine fing ihn sein Steward ab.
    »Ich bin zwar kein Detektiv, Sir«, sprach ihn der Mann an, »aber ich besitze Beobachtungsgabe, und darum möchte ich Sie fragen, ob Sie den Stöpsel auf Ihrer Wasserflasche herausgenommen haben, bevor Sie zu Tisch gingen?«
    Die Wasserflaschen in den Kabinen standen in einem eigens dafür bestimmten Gestell an der Wand, und die Stöpsel, die das Wasser vor Verunreinigung schützten, waren an dünnen Ketten befestigt.
    »Ich weiß bestimmt, daß ich ihn nicht herausgenommen habe«, erwiderte Bill.
    »Auch ich bin überzeugt, daß Sie es nicht taten«, sagte der Steward. »Ich erinnere mich genau, daß ich den

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