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057 - Schreckensmahl

057 - Schreckensmahl

Titel: 057 - Schreckensmahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Brent
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verließ Madelaine die Wohnung. Das Mädchen war
verführerisch angezogen. Sie verschwand in der Dunkelheit.
    Er wußte, daß er bis Mitternacht aufbleiben mußte. Gegen
Mitternacht stets hatte Rolf Solkan das Mädchen nach Hause gebracht. Auch
diesmal kam sie um diese Zeit heim. Aber ohne Solkan. Ob der Deutsche sofort zu
seinem Hotel in die Stadt gefahren war?
    Cumberland fühlte sich nicht wohl in seiner Haut.
    »Liebe macht blind«, murmelte er vor sich hin. »Ich hätte
es ihm sagen sollen …«
    In den nächsten Tagen beobachtete er von seinem Zimmer
aus eingehend das Haus. Madelaine war frisch und hübsch wie immer, wenn sie
auftauchte, um einen zufällig vorbeifahrenden Kunden zu bedienen. Drei Tage
hintereinander ging sie nicht aus. Am vierten Abend schließlich nahm sie den
gewohnten Spaziergang zum Waldrand wieder auf.
    Wie üblich kehrte sie auch vor Mitternacht wieder zurück.
    So ging es acht Tage lang. Zum verabredeten Zeitpunkt
traf Rolf Solkan nicht in der Pension ein.
    Henry Cumberland machte sich Sorgen.
    Am zehnten Tag beschloß er, etwas zu unternehmen.
    Die Polizei zu benachrichtigen, hatte keinen Sinn. Allein
auf einen mehr als merkwürdigen Verdacht hin? Man würde ihn auslachen.
Schließlich hatte der Deutsche sein Gepäck mitgenommen und konnte hinfahren,
wohin er wollte.
    Cumberland entschloß sich, das Risiko auf sich zu nehmen.
    Er wollte Gewißheit haben.
    So wartete er ab, bis Madelaine abends wieder aus dem
Haus ging. Es war gegen acht Uhr, die gewohnte Stunde.
    Er konnte es kaum glauben, daß es so weit war. Sein Herz
pochte heftig, als er sein Zimmer verließ und durch die hintere Tür aus der
Pension ging.
    Zweifel und Angst peinigten ihn. Was würde ihn erwarten?
    Stärker als alle Zweifel und Furcht aber war die
Neugierde, der unersättliche Drang, dem Geheimnisvollen auf die Schliche zu
kommen.
    Er schlenderte die Dorfstraße entlang, tat so, als würde
er einen Spaziergang zum Wald machen. Auf halbem Wege aber kehrte er um. Es war
dunkel genug, ungesehen von der Rückseite her sich dem einsamen Haus zu nähern.
    Kalter Schweiß stand auf seiner Stirn, als er vor der Tür
stand und den Schlüssel leise in das Schloß schob. Vor Tagen schon, vor dem
Eintreffen des Deutschen, hatte er in der Stadt anhand eines Wachsabdruckes
einen Nachschlüssel anfertigen lassen.
    Aber erst heute fand er den Mut, diesen Schlüssel auch
anzuwenden.
    Spätestens um Mitternacht würde Madelaine wieder zurück
sein. Bis dahin würde er wissen, was er wissen wollte. Er mußte die Mutter
sehen. Madelaine wollte er auf keinen Fall begegnen. Später vielleicht würde er
ein Gespräch unter vier Augen herbeiführen. Aber das hatte noch Zeit. Erst brauchte
er Beweise für seine phantastische Vermutung.
    Vorsichtig drehte er den Schlüssel herum. Zweimal knackte
der Riegel, hart und trocken. Hatte die Alte etwas gehört? Im Haus blieb es
still.
    Er ließ drei Minuten verstreichen, ehe er die Tür
spaltbreit aufdrückte. Ein eigenartiger Geruch nach seltenen Kräutern und
Gewürzen stieg ihm in die Nase.
    Ein schmaler Flur lag vor ihm. Links schattengleich die
Umrisse einer nach oben führenden, gewundenen Treppe.
    Seine Augen, an die Dunkelheit gewöhnt, erfaßten die
Eingänge zu drei Zimmern, die in den Flur mündeten. Eine Tür stand halb offen.
Die Küche. Ein alter, eiserner Herd, darauf einige alte Töpfe. Rechts ein
schwerer Diwan mit zahlreichen Kissen. Drei Stühle und …
    Der Schatten sprang ihn an. Zwei grüne Augen funkelten in
der Finsternis wie glühende Kohlen. Mit einem Aufschrei wich Cumberland zurück.
Ein Fauchen, ganz dicht an seinem Ohr.
    Totenbleich lehnte der Engländer an der Wand, blickte der
Katze nach, die blitzschnell auf leisen Pfoten die gewundene Treppe hochlief.
    Der Journalist brauchte einige Sekunden, ehe er sich
wieder gefangen hatte.
    Dann betrat er das dunkle Wohnzimmer. Auch hier niemand.
    Er riskierte es und riß ein Streichholz an. Über der Couchgarnitur
hing an der Wand ein düsteres Bild. Das Bildnis einer Frau, in starken,
dämonischen Farben. Die Haut der Dargestellten leuchtete fast in einem grellen
Weiß, so daß die dunklen, unergründlichen Augen darin glühten wie ein wildes
Feuer.
    Das Bildnis der – schönen Madelaine!
    Aber es konnte nicht sein! Das Bildnis war alt, sehr alt.
An manchen Stellen blätterte die Farbe ab. Der schwere, handgeschnitzte Rahmen
war abgestoßen und schartig. Ein Bild – achtzig – hundert Jahre alt? Dann war
diese Frau nicht

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