0573 - Tanzplatz des Teufels
genug. Und außerdem, im eigenen Haus müßte ich mich selbst um mein Essen kümmern und putzen und flicken und dergleichen. Im Hotel sorgt das Personal dafür, und ich setze mich an den gedeckten Tisch. Dabei werden mehr Leute beschäftigt, als würde ich nur eine Person als Hauswirtschafterin einstellen, und wenn’s mit der Ärger gibt, müßte ich sie feuern und nach Ersatz suchen. Im ›Seela‹ reiß ich einfach nur die Schnauze auf, und der Manager erledigt alles andere für mich.«
»Auch ’ne Einstellung«, brummte Brass. »Dieser elende Lausebengel ist eben ein typischer Wessi.«
»Sei vorsichtig«, warnte Möbius, »sonst gehst du zu Fuß nach Hause!«
»Das brächtest du doch nie übers Herz«, grinste der alte Mann.
Einträchtig verließen die beiden das ›Glück auf‹. Wenig später brummte draußen der Motor des Mercedes auf.
»Sieht so aus, als hätten sich da die beiden Richtigen gesucht und gefunden«, bemerkte Nicole. »Und was machen wir jetzt mit dem angebrochenen Abend? Das hiesige Nachtleben studieren?«
Zamorra beugte sich über den Tisch zu Nicole und flüsterte: »Wie wäre es, wenn wir das Nachtleben studieren, das in unserem Hotelzimmer stattfindet?«
Sie flüsterte zurück: »Klingt fast, als wäre die Teufelssoße nicht nur scharf, sondern mache auch scharf… Na gut, das will ich jetzt ausprobieren!«
Sie zogen sich ins Zimmer zurück und wurden bis zum Vormittag nicht mehr gesehen…
***
Walter Brass fand keine rechte Ruhe mehr an diesem Abend. Er sah aus dem Fenster, und wieder sah er die Hexen, die über den Nachthimmel flogen, doch diesmal ohne den Teufel an ihrer Spitze. Sie flogen in Richtung Blocksberg…
Nein, an ihm vorbei, nach Thale!
Er hatte es nicht anders erwartet.
Er überlegte, ob er zur Telefonzelle gehen und in Zamorras Hotel anrufen sollte, um dem Parapsychologen von der erneuten Sichtung zu erzählen, doch es war schon sehr spät, Mitternacht vorbei. Da störte man besser niemanden mehr. Die Botschaft hatte Zeit bis zum nächsten Tag.
Brass sicherte sein kleines Haus wieder gut ab. Vielleicht hätte er vorher auch das Auto in seine Absicherungen einbeziehen sollen, aber da hatte er nur daran gedacht, sich vor den Hexen zu schützen, ohne sie wirklich ernst zu nehmen.
Nun aber Wäre er durch Hexen werk beinahe umgekommen.
Ich werde bedroht, dachte er. Es war eine völlig neue Erfahrung. Er hatte zwei Kriege überlebt und kannte deshalb das Gefühl von Todesgefahr. Das waren jedoch handfeste Bedrohungen durch Menschen gewesen, erklärbar durch die jeweiligen Umstände.
Hier aber gab es keine Erklärung, und es war auch nichts, gegen das man sich wehren konnte, indem man den Kopf einzog. Der Teufel und seine Hexen wollten ihm schaden.
Warum?
Und -wer war die Hexe, die die Autos manipuliert hatte?
Ein Kind hatte sie gesehen.
Er beschloß, morgen mit diesem Kind zu sprechen.
Vielleicht konnte es ihm sagen, wie diese Hexe aussah oder wer sie war.
Das half sicher weiter.
Er konnte und wollte nicht einfach dasitzen und abwarten, bis die nächste Attacke erfolgte, ganz gleich, gegen wen sie gerichtet sein würde. Er mußte selbst die Initiative ergreifen.
Stephan Möbius hatte es bereits auf eine andere Weise getan und einen Fachmann hinzugezogen.
Auch Walter Brass war nie ein Zauderer gewesen. Schon immer war Angriff seiner Meinung nach die beste Verteidigung…
***
Zorrn hatte die Hexen gerufen, und sie waren seinem Ruf gefolgt. Der Dämon kauerte auf einer der drei Felszacken unterhalb des Tanzplatzes und nahm ihre Huldigung entgegen. Nachdem auch die dritte den Teufelskuß abgeleistet hatte, verlangte Zorrn ihren Bericht.
Zwei der Hexen hatten nichts zu erzählen, weil ihnen kein Auftrag erteilt worden war. Die dritte, die Karen genannt wurde, kam jetzt zu Wort…
Ein recht dummer Name für eine Hexe, dachte Zorrn. Früher klangen sie besser. Die Menschen konnten sich vor den Namen der Hexen fürchten. Wer fürchtet sich schon vor einer Karen?
Und sie war… »Erfolglos«, stellte er fest, nachdem sie ihren Bericht beendet hatte.
Er winkte sie zu sich.
Sie kauerte sich vor ihm nieder.
»Herr?«
Seine Hand fuhr durch ihr kurzes Haar.
»Du solltest es lang wachsen lassen«, sagte Zorrn, »so daß es deinen Körper weich umspielt. Hexen müssen schön sein, verführerisch schön. Kurzes Haar reizt die Männer nicht. Schau…«
Er vollführte ein Zauberzeichen.
Das Haar der Hexe begann von einem Moment zum anderen zu wachsen, wurde
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