0579 - Die Psycho-Vampire
Onacro, töten mußte. Der Biogenetiker sah dem Tod gefaßt ins Auge. Er hatte mit dem Leben schon bei Corellos erster verdächtiger Äußerung abgeschlossen. Er wollte nur noch etwas Zeit gewinnen, bis die 592 Wissenschaftler vollends aus dem Tiefschlaf erwacht waren.
Gegen diese Übermacht würde selbst Corello nichts ausrichten können.
„Ich habe meine strikten Befehle, Onacro, ich lasse mit mir nicht handeln", erklärte Corello. „Ich habe den Auftrag, acht Normalsynthos - und zwar sieben Männer und eine Frau - zu beschaffen, und werde ihn auch ausführen. Die Militärs brauchen vorerst einmal acht synthetisch erschaffene Geschöpfe als Versuchspersonen für den Einsatz gegen die nach wie vor stürmisch angreifenden Haluter. Und ich bin hier, sie zu beschaffen. Mehr kann und darf ich Ihnen nicht verraten."
„Hat die militärische Führungsspitze auch bedacht, daß die Erschaffung dieser acht Versuchspersonen zweimal vier Wochen dauert?" gab Onacro zu bedenken. „Ich weiß, darum kommen wir nicht herum. Aber es wäre sinnvoller, nicht nur diese Versuchspersonen ins Leben zu rufen, sondern die volle Kapazität unserer Retorten auszunützen. Dann würden wir zusätzlich zu den Versuchspersonen sofort einige Tausend Normalsynthos in Reserve haben. Wir brauchten dann nicht nochmals acht Wochen zu warten."
„Sie begehen einen Denkfehler, Onacro, wenn Sie dauernd von einer achtwöchigen Wartezeit sprechen", meinte Corello und verzog seinen kleinen Mund zu einem spöttischen Lächeln.
„Selbstverständlich sollen die acht Versuchspersonen Produkte des Extremen Notprogramms sein!"
Onacro wurde blaß. Er hatte geglaubt, Corello mit vernünftigen Argumenten davon überzeugen zu können, daß das Überlebensprogramm unbedingt anlaufen mußte. Ja, er war sogar bereit gewesen, von seinem Verdacht, Corello sei ein Agent der Haluter, abzugehen. Aber die Forderung, auf das Extreme Notprogramm zurückzugreifen, erschreckte ihn.
„Wissen Sie, was Sie da verlangen?" fragte Onacro.
Corello lächelte immer noch.
„Sicher. Ich verlange, das Retortenverfahren von acht Wochen auf fünf Tage zu verkürzen. Das ist unter Anwendung des Extremen Notprogramms möglich. Oder irre ich?"
„Sie irren nicht", sagte Onacro leise. „Es ist theoretisch möglich, den Wachstumsprozeß in der Retorte so zu beschleunigen, daß nach zweieinhalb Tagen ein lebensfähiges Kleinkind entsteht.
Und es dauert nicht länger als noch einmal zweieinhalb Tage, einen Menschen mit abgeschlossener Entwicklung zu erschaffen. Aber..."
„Egal, welche Bedenken Sie vorbringen, ich erkenne sie nicht an", fiel Corello dem Biogenetiker ins Wort. „Der Testversuch findet statt - auch gegen Ihren Willen!"
„Aber", fuhr Onacro unbeirrbar fort, „es sind enorme Gefahren damit verbunden. Durch den vielfach beschleunigten Wachstumsprozeß können Mißbildungen entstehen, die nicht unserer Kontrolle unterliegen. Aber was noch schlimmer ist, Mängel, die nicht sofort erkennbar sind, wie Gehirn- und Organschäden könnten auftreten!"
„Halten Sie den Mund!" herrschte Corello ihn an. „Es wird an Ihnen liegen, die biochemischen Gefahren möglichst von vornherein zu verringern, indem Sie das beste Material aus Ihren gen-aktivierten Einzelbänken auswählen. Die Probleme, die dabei für Sie entstehen, kümmern mich nicht. Für mich zählt nur das Endprodukt. Ich muß innerhalb von fünf Tagen acht bestens geschulte Normalsynthos mit hervorragenden Erbanlagen haben."
„Ich kann keine Garantie übernehmen", sagte Onacro dazu.
„Sie werden es schaffen", behauptete Corello. „Schließlich stehen Ihnen fast sechshundert der fähigsten lemurischen Wissenschaftler zur Seite."
Onacro zuckte leicht zusammen. Es war ihm nicht entgangen, daß in Corellos Stimme ein seltsamer Unterton mitschwang, als er von den lemurischen Wissenschaftlern sprach. Er sprach von ihnen fast wie von Fremden. War er denn kein Lemurer...?
Diese Äußerung Corellos schürte sein Mißtrauen neuerlich.
Aber bevor er sich eingehender damit beschäftigen konnte, wurde seine Aufmerksamkeit auf ein anderes Ereignis gelenkt.
Aus einem Lautsprecher der Bildsprechanlage ertönte eine Stimme.
„Hier spricht Lowo Phantroc. Ich rufe Vauw Onacro. Haben Sie uns aus dem Tiefschlaf geweckt, Vauw? Melden Sie sich und geben Sie uns Ihre Anweisungen. Wir sind vollzählig, es hat keine Ausfälle gegeben. Melden Sie sich, Vauw Onacro!"
Onacro wechselte einen Blick mit Ribald Corello.
„Meine Leute
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