058 - Der Duft von Sandelholz
war zerrissen.
„Was, das gefällt Ihnen nicht?", spottete Derek mit wachsendem Zorn. „Vielleicht hatte ich es nicht richtig ausgeführt." Er schlug noch einmal, fester diesmal. „Hoch mir Ihnen! Mal sehen, wie gut Sie gegen jemanden kämpfen, der sich wehren kann."
„Derek!", rief Lily.
Ihr erschrockener Ruf schien ihn zurückzuholen von einem finsteren Ort in seinem Innern, an dem er sich viel zu sehr zu Hause fühlte. Als er sie ansah, war sein Gesicht rot vor Wut, und in seinen hellen Augen loderte der Zorn.
Es waren die Augen eines Fremden.
Der Ausdruck auf seinem Gesicht erinnerte sie an die undurchdringliche Düsternis, die sie in der vergangenen Nacht an ihm bemerkt hatte, als sie am Fluss standen.
Dort hatte er sie beunruhigt, jetzt verwirrte er sie.
Vielleicht sah er seine eigene Wildheit in ihren entsetzten Augen spiegeln, denn im nächsten Moment schien er seinen Zorn wieder unter Kontrolle zu haben. Er warf einen verächtlichen Blick auf den Kutscher. „Er verdient es."
Dann hörte er auf, den Kutscher weiter einzuschüchtern. Er wickelte die Pferdepeitsche auf, trat zurück und warf sie hoch, wo sie sich wie eine Schlange entrollte und auf einem der Wagendächer liegen blieb.
Derek klopfte sich die Hände ab, sah noch einmal den Kutscher an, dann widmete er sich wieder der Aufgabe, das Pferd aus seinem Geschirr zu nehmen.
Schnell war dies erledigt. Sanft legte er der Stute eine Hand auf den Hals legte und sprach leise mit ihr. Zum Schluss ergriff er die Zügel und führte das hinkende Tier fort.
Die Stimmung der Menge war seltsam ernst geworden, als die Aufmerksamkeit sich wieder der leidenden Kreatur zuwandte.
Lautlos gingen die Zuschauer auseinander, um für Derek und die Stute Platz zu machen.
Aber ehe Derek davonging, drehte er sich kurz um und warf Lily einen entschuldigenden Blick zu.
Zärtlich schüttelte sie den Kopf.
Er senkte den Kopf und ging weiter.
Innerhalb weniger Augenblicke hatte sich die Menge wieder hinter ihm geschlossen.
Erst jetzt kamen drei Konstabier dazu, und der Kutscher verlor keine Zeit, sie hinter Derek her zu schicken.
„Haltet den Dieb! Haltet ihn! Mörder!" Bisher hatte er neben dem Wagenrad gehockt, jetzt richtete er sich auf und begann aus Leibeskräften zu schreien, wobei er eifrig in die Richtung wies, in die Derek gegangen war. „Er ist da entlanggegangen.
Ein Wahnsinniger hat uns gerade angegriffen und ist mit einem meiner Pferde abgehauen. Großer Kerl, langes schwarzes Haar. Worauf warten Sie noch? Er entkommt - und er nimmt mein Pferd mit! Sehen Sie?" Er hielt die leeren Lederbänder hoch, wo die Stute eben noch im Geschirr gestanden hatte.
„Stimmt das?", fragte der erste Konstabier und blickte in die Runde.
„Ja, Sir" Der Pferdeknecht stand seinem Herrn bei. Der drahtige Bursche lag noch immer auf dem Boden. Er hatte sich auf die Seite gedreht und rieb sich die Hüfte.
„Er warf mich um, und jetzt habe ich mir etwas gebrochen."
Der Wachtposten ein paar Schritte weiter war in kaum besserer Verfassung und schüttelte benommen den Kopf, während er langsam wieder ins Bewusstsein zurückfand. Er wischte sich einen Tropfen Blut von der Nase.
Die Miene des Polizisten wurde hart. „Gut." Er sah seine Männer an. „Männer, Sie wissen, was zu tun ist. Ihm nach!"
Lily sah mit großen Augen zu, wie sie davonliefen, um Derek festzunehmen.
Sie tauschte einen furchtsamen Blick mit Mrs. Clearwell. Sie wussten beide, dass er und das hinkende Pferd nicht weit gekommen sein konnten. Sie konnte nur hoffen, dass Dereks Respekt vor Autoritäten ihn daran hindern würde, die Konstabier ebenfalls zu schlagen.
Vielleicht konnte er sich mit seinem Charme aus der unangenehmen Situation herausreden. Aber ihre Hoffnungen wurden zunichtegemacht, als jemand in der Menge rief: „Sie nehmen ihn fest!"
Das war zu viel.
Unfähig, sich länger zurückzuhalten, sprang Lily aus der Barouche, raffte die Röcke mit beiden Händen, um nicht darüber zu stolpern, und lief auf den Konstabier zu.
„Officer, warten Sie!"
Der Polizist drehte sich zu ihr um. „Miss? Was gibt es?"
„Was dieser Mann da behauptet, ist Unsinn."
„Ach ja? Es sieht aber aus, als hätte irgendwer diese Männer angegriffen."
„Ich versichere Ihnen, sie haben es beide verdient - vor allem er", rief sie und deutete auf den Kutscher.
Die Menge begleitete ihre Verteidigungsrede mit zahlreichen: „Ja, ja, so war es" und
„Hört, hört!"
„Der Mann, den sie beschuldigen, ist
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