058 - Sub Sisco
und spuckend strich sie über die schmerzende Stelle, während der Behälter gehörig ins Schwanken geriet.
Clay hätte sich am liebsten ausgeschüttet vor Lachen, doch Piar durchbohrte ihn mit warnenden Blicken. Wenn sie die Stirn derart in Falten legte, konnte schon ein falsches Wort ihr Temp erament zum überschäumen bringen. Besser, sie tauchten ab.
»Wer als Erster am Turm ist«, schlug Clay vor.
Das letzte Wort ging in einem leisen Plätschern unter, denn er sank bereits in die Tiefe, warf die Schultern herum und schoss auf die nahe Fassade zu. Diesmal hatte er die Überraschung auf seiner Seite, doch Piar nahm die Herausforderung an und folgte dichtauf.
Gemeinsam erreichten sie die Kruste aus toten Muscheln, Schnecken und Seesternen, die sich in mehreren Lagen an der Wand abgesetzt hatte und das Gebäude vor dem Zerfall bewahrte.
Tastend machten sie sich mit der Umgebung vertraut, bevor sie sich durch eines der geborstenen Fenster ins Innere des überfluteten Stockwerks wagten. Drinnen wurde es bereits nach wenigen Körperlängen stockdunkel, doch das einfallende Licht reichte aus, um zu sehen, dass es hier nicht viel zu holen gab. Die Meeresströmung hatte längst alles Brauchbare hinausgespült.
Nur einige Fischschwärme kreuzten ihren Weg.
Clay reichte seiner Freundin einen der armlangen Spieße, die mit doppelseitig geschärften Spitzen versehen waren. Weder Feuermakrelen, Stachelbrassen noch Teufelsbonitos ließen sich von den Waffen aus der Ruhe bringen. Die beiden seltsamen Geschöpfe, die da so unbeholfen herumschwammen, schienen nicht besonders gefährlich sein.
Fasziniert beobachteten Clay und Piar, wie die Fische hautnah um sie herumstrichen, als ob sie die Nachbarn aus den oberen Stockwerken begrüßen wollten. Die Schwärme schienen die künstliche Höhle als ihr Zuhause anzusehen, denn statt ins Freie zu schwimmen, kehrten sie wieder um und zogen in die Dunkelheit davon.
So weit Clay erkennen konnte, wurden Wände, Boden und Decke von den gleichen Schalentieren überzogen, die auch an der Fassade klebten. Bei näherem Hinsehen meinte er sogar ein ähnliches Muster wie draußen zu erkennen.
Verwundert schwamm er zum Luftholen zurück und erzählte Piar von seiner Beobachtung. Bei den nächsten Tauchgängen nahmen sie die Fassade näher in Augenschein. Nun, da sie darauf achteten, stellten sie fest, dass sich tatsächlich bestimmte Gruppen von aneinander klebenden Muscheln, Schnecken- und Garnelenhüllen in regelmäßigem Abstand wiederholten. Wie eine Art Scherbenmosaik, das von fremder Hand aufgetragen worden war.
Sie fanden für dieses Phänomen keine Erklärung, aber die Vorstellung, dass sich die Tiere nur zufällig in wiederkehrenden Formen angeordnet hätten, schien erst Recht völlig abwegig. Noch während sie die Entdeckung lebhaft diskutierten, schwand der Luftvorrat im Behälter.
Clay kappte zwei Steine, um ein Absinken zu verhindern, trotzdem konnten sie nicht mehr lange bleiben. Der Wasserpegel im Innenraum stieg weiter an. Sie mussten bereits den Kopf in den Nacken legen, um nach Atem zu schöpfen.
»Wir sollten noch ein Stück tiefer gehen, bevor wir an die Oberfläche zurückkehren«, schlug Clay vor. Sein Entdeckungsgeist schien ungebrochen.
»Höchstens noch drei Tauchgänge«, schränkte Piar ein. »Mir ist schon ganz kalt.« In der Aufregung über seine Entdeckung hatte Clay gar nicht gemerkt, wie eisig es in dieser Tiefe war. Erst beim Anblick von Piars blau angelaufenen Lippen wurde ihm bewusst, dass er ebenfalls am ganzen Leib zitterte.
Er stimmte zu und stellte ein wärmendes Sonnenbad auf einem abseits gelegenen Ankerplatz in Aussicht. Der Gedanke an diese stille Zweisamkeit ließ etwas Farbe in Piars bleiches Gesicht zurückkehren.
Gemeinsam holten beide Luft, zogen den Kopf ein und tauchten mit den Armen voran in die Tiefe. Das Gewicht der Spieße half ihnen, dem natürlichen Auftrieb entgegenzuwirken. Mit kräftigen Beinbewegungen beschleunigten sie das Tempo. Fensterreihe für Fensterreihe glitt an ihnen vorüber, bis sie fünf Stockwerke passiert hatten. Piar bekam allerdings Probleme mit dem Druckausgleich und musste wieder ein Stück höher gehen, um die Trommelfelle zu entlasten.
Clay klammerte sich indessen an die nächstbeste Fensteröffnung, um ihre Rückkehr abzuwarten. Feine Planktonschleier zogen durch das grün schimmernde Zwielicht, während er sich unbehaglich umsah. So tief wie jetzt war er noch nie zuvor gewesen. Eine leuchtend rote
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