058 - Sub Sisco
durchzuckte ihn, als ob Hunderte von Nadeln in seine Waden stachen.
Die Muskeln verkrampften sich. Ein taubes Gefühl breitete sich bis zu den Oberschenkeln aus und schwand wieder. Die Wirkung ähnelte dem Schlag der Zitterxaala - armlange, schlanke Fische, die sich manchmal in den Netzen der Fischer verfingen. Aber all das hatte keine Auswirkungen auf den Schwung, mit dem er der Bestie entgegen schoss.
Clay versank im Schlagschatten des Raumes und stieß blindlings mit der Harpune zu, traf aber auf keinerlei Widerstand. In einer spielerisch anmutenden Bewegung wich ihm der Seeteufel aus. Mehr als der glänzende Meterstab und eine verzerrte Silhouette ließen sich nicht ausmachen, trotzdem gelang es Clay, sich noch herumzuwerfen. Genau im richtigen Moment, um die rechte Schulter gegen den Leib des Monsters zu rammen.
Der Zusammenprall ließ beide durchs Wasser wirbeln.
Scharfer Schmerz zuckte durch Clays nackte Sohlen, als er sich mit den Füßen abfing und sofort wieder Kampfstellung einnahm. Der Fishmanta'kan schien verwirrt über die heftige Gegenwehr. Aufgeregt paddelte er umher, um Clays stochernder Harpune zu entgehen.
Seine Fischaugen blitzten in der Dunkelheit auf, als die linke Handflosse geritzt wurde.
Das ohnehin hässliche Gesicht verwandelte sich in eine schaurige Fratze.
Ein gequälter Ton hallte von den Wänden wider. Das Vieh schrie gepeinigt auf.
Sehr gut! Alles was Schmerzen empfand, ließ sich auch töten!
Clays Triumphgefühl schwand abrupt, als er sah, wie der Fishmanta'kan den Blitzstab herumschwang und auf ihn anlegte.
Statt vor Furcht zu erstarren, brachte sich Clay blitzschnell in Rückenlage und trat nach vorne aus. Sein rechter Fuß fegte den glänzenden Stab in die Höhe, kurz bevor sich die nächste Entladung aus der Spitze löste.
Dieser Blitz war heller als der erste.
Und wesentlich stärker!
Krachend schlug er in die Decke. Der ganze Raum erbebte, als würde jemand die Wände mit riesigen Hämmern bearbeiten. Zerborstene Muschelsplitter wirbelten durchs Wasser.
Unzählige kleine Brocken, vermischt mit Steinkrümeln aus der ursprünglichen Decke verdunkelten den Raum.
Der ideale Zeitpunkt zum Rückzug. Besonders wenn man über keine Kiemen verfügte und die Lungen nach frischer Luft gierten. Clay stieß sich vom Boden ab und pflügte mit hektischen Bewegungen durchs Wasser. Eine der zahlreichen von Oberflächenlicht erhellen Öffnungen war sein Ziel.
Umherwirbelnde Einschlagssplitter kratzten über seine Haut und nahmen ihm die Sicht.
Er schwamm einfach blind weiter, getrieben von Panik, die durch immer lauteres Krachen geschürt wurde.
Weitere, größere Trümmer trudelten hinab.
Die Decke stand kurz vor dem Einsturz.
***
Westküste von Meeraka, Frühjahr 2518
Rayy und Blair hatten nicht gelogen. Eine halbe Stunde nachdem sich Matt, Aiko und Aruula von dem Barbaren und der Nosfera verabschiedet hatten, gelangten die Gleiter an eine lose Kette aus mannshohen Granithaufen, deren Enden sich zu beiden Seiten am Horizont verloren. Zwischen den einzelnen Gebilden, die sich kegelförmig nach oben verjüngten, lagen jeweils tausend Meter. Wenn sich die Linie, die sie markierten, wirklich von dem schroffen Küstengebirge bis zum Ufer des San'andra-Sees zog, musste es eine Menge Schweiß gekostet haben, all die Feldsteine zusammenzutragen und aufzuschichten.
Die Grenze erinnerte ein wenig an die Überreste archaischer Befestigungsanlagen, wie sie Matt aus den Urlaubsreisen während seiner Stationierung in Berlin kannte. Der Hadrian-Wall in Schottland hatte einen ähnlichen Eindruck auf ihn hinterlassen, oder die überwuchten Fragmente des Limes entlang des Rheins. Dass die hiesigen Steinkegel vor allem der Abschreckung dienten, war unübersehbar. Sie wurden von menschlichen Totenschädeln gekrönt, die aus leeren Augenhöhlen gen Süden starrten.
»Ganz schön schaurig«, lästerte Aiko. »Möchte wissen, wer sich die ganze Mühe gemacht hat. Die Ortsansässigen, die das Gebiet sowieso meiden?«
»Warum nicht?«, fragte Matt zurück. »Wer einen Angehörigen verloren hat, möchte vielleicht andere vor ähnlichen Verlusten bewahren. Das wäre doch ein Motiv.«
Der Japaner zuckte mit den Schultern. »Wie dem auch sei - meine Instrumente zeigen weder Strahlungen noch sonstige Kontaminationen an. Was meinst ihr? Ausweichen oder auf Risiko spielen?«
»Weiterfliegen«, sagte Matt, und Aruula meinte: »Wer weiß denn, ob am anderen Seeufer nicht noch viel größere Gefahren
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