0580 - Der Fluch der Totengeister
überhaupt noch lebt…
***
»Jetzt haben sie uns!« stöhnte Thany auf. »Wir kommen nicht mehr weg hier!«
»Abwarten«, murmelte Byanca.
Thany hatte recht. Ausweichen oder die Sturmrösser zum Ausweichen zwingen konnten sie diesmal nicht. Wenn es die magischen Riesentiere wollten, rannten sie die Eindringlinge einfach nieder und stampften sie in Grund, und Boden. Denn diesmal waren die Sturmrösser in der besseren Position. Im Sturmlauf auf der Rampe waren sie es nicht gewesen. Hier jedoch konnten sie sich auf ihre Hinterläufe stellen und mit den Vorderhufen nach den Schwertern schlagen. Und in einem Huftritt dieser Tiere lag allemal mehr Kraft als in einem Schwerthieb der Amazonen. Außerdem waren sie neun gegen fünf…
Sayana griff in ihre Gürteltasche. Ihre Finger berührten einen der drei Wurfsterne, die sie darin, aufbewahrte. »Drei nehme ich mit«, flüsterte sie.
Byanca schüttelte den Kopf, obwohl sie die Treffsicherheit der Amazonenkönigin kannte. Sayana konnte die Wurfsterne förmlich aus dem Handgelenk schleudern und würde ihr Ziel nicht verfehlen. Sie hatte so oft und ausdauernd geübt, daß sie gar nicht daneben werfen konnte.
»Nein, warte«, sagte Byanca leise, und ihre Hand legte sich auf die der Gefährtin. »Es würde uns nicht viel nutzen. Ich versuche es anders.«
Und sie trat auf die beiden Sturmrösser zu, die ihnen von der Rampe her gefolgt waren. Jetzt warteten die Tiere ab, doch sie richteten sich immer wieder auf den Hinterläufen auf, stampften und tänzelten.
Doch sie griffen nicht an.
Byanca glaubte das Zeichen richtig zu deuten. Die Sturmrösser kannten tatsächlich so etwas wie Fairneß! Sie warteten auf eine Reaktion, und Byanca wußte, daß jetzt nur Unerschrockenheit helfen konnte.
Sofern sie die magischen Tiere richtig einschätzte. Aber dessen war sie sich sicher.
Es war eine Fehleinschätzung…
Nur wenige Augenblicke später war sie tot…
***
Das war es, was Merlin gesehen hatte!
Das war es, was ihn alarmiert hatte!
Und deshalb hatte er sich darum bemüht, daß Nicole Duval an Byancas Stelle trat!
»Die Sturmrösser müssen etwas falsch gedeutet haben«, sagte er. »Sie griffen an. Sie schleuderten Sayana in eine andere Dimension und töteten Byanca.«
»Wie?« hatte Nicole gefragt.
Daß Merlin sie aus dem Château Montagne einfach entführt und in seine Burg teleportiert hatte, das nahm sie unter Protest hin - etwas anderes blieb ihr auch kaum übrig. Aber allmählich begann sie zu begreifen, daß sich Merlin nicht mit langen Diskussionen hatte aufhalten können.
»Du willst wissen, wie? Mit ihrer Magie! Die Totengeister halfen ihnen!«
»Die… Totengeister? Was bedeutet das?«
Merlin zuckte zusammen. Hatte er sich verplappert und das einen Augenblick zu spät gemerkt? Seine Reaktion deutete darauf hin.
Er wandte sich ab. »Das ist etwas, das dich nichts angeht!«
»Ich muß alles wissen«, widersprach Nicole. »Wenn ich helfen soll, dann…«
»Fängst du schon wieder damit an?« brüllte Merlin wütend auf. »Du mußt nicht alles wissen! Du mußt die Sturmrösser bändigen, damit sie nicht noch mehr Unheil anrichten. Und du mußt dafür sorgen, daß das Gleichgewicht in der Straße der Götter erhalten bleibt! Weder Byanca noch Damon dürfen allein für sich stehen! Es entstände ein Ungleichgewicht für den ORTHOS oder den OLYMPOS. Beides ist nicht gut. Ein Ungleichgewicht, ein Verschieben der Machtverhältnisse zugunsten einer der beiden großen Mächte, würde zum Untergang der gesamten Welt führen!«
»Mal langsam«, begann Nicole, aber Merlin ließ sie nicht weitersprechen. Sie hatte das Gefühl, daß er nicht mehr der Merlin war, den sie von früher her kannte.
»Nicht langsam! Es gilt, so schnell wie möglich zu handeln! Deine Aura entspricht fast genau der von Byanca. Ihr seid grundverschieden, doch was eure persönliche Bewußtseinsaura angeht, seid ihr fast gleich. Ihr könntet Schwestern sein! Du bist die einzige, die die Sturmrösser täuschen kann -und nicht nur sie! Byanca ist tot. Du mußt an ihre Stelle treten, und niemand darf es merken.«
Da lachte Nicole spöttisch auf. »Wie soll das denn gehen? Mal abgesehen davon, daß ich nicht mal andeutungsweise über Byancas Magie verfüge, ich besitze auch nicht ihre Erinnerungen. Wen soll ich da täuschen können? Schon Damon wird erkennen, daß ich eine andere bin!«
»Zerbrech dir darüber nicht den Kopf«, sagte Merlin. »Es geht vorwiegend darum, die außer Kontrolle
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