0580 - Der Fluch der Totengeister
konnten, davon hatte Sayana noch nie gehört!
Sumpfblasen platzten geräuschvoll, in der Tiefe brodelte es. Reste von Skeletten schwammen in der trüben Brühe heran, und Sayana sah die Schädel von Menschen und anderen Wesen…
Äste tasteten nach ihr. Höchst bewegliche Äste, wie Fangarme. Sie hatten auch Byanca ermordet.
»Die Sturmrösser«, keuchte die Amazone. »Sie selbst töten nicht - sie lassen töten…«
Sie versuchte sich zu wehren. Aber die Bäume rückten auf sie zu. Der Durchgang zum Sumpf wurde schmaler.
Sayanas Klingen fuhren in weiche Masse, ließen eine grünliche, zähe Flüssigkeit herausquellen. Das war weder Harz noch Blut. Und die Bäume, sie konnten keine wirklichen Bäume sein, denn dafür waren sie zu beweglich.
Das drohende Flüstern und Raunen wurde immer lauter. Immer zorniger. Byanca hatten diese Ungeheuer sofort töten können, aber die Amazone machte ihnen Schwierigkeiten, sie wehrte sich!
Aber nicht mehr lange!
Ein Tentakel wickelte sich um ihr rechtes Fußgelenk und riß sie zu Boden. Sie fiel weich, auf eine nachgiebige Masse. Sie stieß den Dolch sofort hinein in diese Masse. Der Fangarm reagierte, preßte stärker zu.
Weitere bewegliche Äste ruckten vor und bekamen Sayanas Arme zu fassen, dann griff etwas nach ihrem Kopf.
Sie wußte, daß sie nur noch wenige Herzschläge zu leben hatte.
Sie fragte sich, was aus ihren drei Gefährtinnen geworden war. Ob sie es schafften, sich einen Weg zurück in die Freiheit zu kämpfen? Oder waren auch sie von den Sturmrössern in andere Bereiche dieses mörderischen Sumpfwaldes versetzt worden? Wurden sie nun ebenso ermordet?
Die Mission war gescheitert.
Sie war von Anfang an zum Scheitern verurteilt gewesen. Niemand konnte die Sturmrösser aus Khe-She herausholen, geschweige denn, sie für sich einsetzen! Sie waren zu mächtig. Sie hatten ja sogar dem Gott der Stürme getrotzt!
Wie vermessen war es doch gewesen. Sie hatten geglaubt, das erreichen zu können, wovor Zardoz kapituliert hatte!
Sayana bedauerte, daß sie Byanca nicht von ihrem wahnwitzigen Plan abgebracht hatte. Sie hätte dem allen nicht zustimmen dürfen.
Aber nun war es geschehen, und nach Byanca starb jetzt auch Sayana…
***
Fooly kauerte neben der reglosen Byanca. Zamorra fand es erstaunlich, wie der fettleibige Jungdrache seinen Körper verrenken konnte…
Foolys Finger glitten über den Körper der Frau. Er hatte seine Krallen zurückgezogen, strich sanft über ihre Haut.
»Was machst du da?« fragte Zamorra.
Der Drache wandte den Kopf. »Still!« fauchte er. »Störe mich nicht! Es ist ein wenig komplizierter als ein gebrochenes Bein. Ich muß herausfinden, woran sie… Aber jetzt sei ruhig!«
Zamorra hob die Brauen. Das Wort ›starb‹ hatte Fooly nicht aussprechen wollen.
Ein beinahe aberwitziger Gedanke durchzuckte ihn.
»Ist… ist sie vielleicht noch gar nicht tot?«
»Kannst du mal für fünf Minuten die Klappe halten, Chef?« ächzte Fooly verdrossen. »Ich muß mich konzentrieren !«
Was genau er beabsichtigte, hatte er Zamorra immer noch nicht verraten. Der Dämonenjäger mußte sich damit abfinden, allerdings gefiel ihm nicht, daß sich Fooly plötzlich genauso geheimniskrämerisch gab wie Merlin.
Zamorra beobachtete ihn und sein Tun.
Er konnte nicht feststellen, ob der Drache tatsächlich etwas unternahm. Er konnte auch keine Magie registrieren, obgleich er das über sein Amulett versuchte. Was auch immer Fooly tat, es blieb ungreifbar.
In Zamorra tobten Unruhe und Ungeduld. Immer wieder dachte er an Nicole, die seine Hilfe sicher jetzt brauchte. Aber hatte Fooly ihm nicht davon abgeraten, ihr zu folgen?
Aber war es nicht verrückt, auf den kleinen Fooly zu hören?
Wertvolle Zeit verrann, aber Zamorra rührte sich nicht von der Stelle.
Und plötzlich bemerkte er, daß er und Fooly in der Mardhin-Grotte nicht mehr allein waren…
***
Einige Zeit vorher:
Die Totengeister… !
Im ersten Moment begriff Nicole überhaupt nicht, wo sie sich jetzt befand. Merlin hatte sie aus der Mardhin-Grotte zu den Totengeistern geschickt!
Nicole benötigte Zeit, sich zu orientieren.
Sie befand sich an einem ihr unbekannten Ort, der allerdings in der Straße der Götter sein mußte. Das erkannte sie allein daran, daß sie hier völlig nackt materialisiert war.
Rings um sie war Dunkelheit!
Darin ein paar Lichtpunkte…
Glühende Augen!
Und vor sich sah Nicole einen hellen Fleck. War das der Ausgang aus dieser Dunkelheit?
Vor dem Fleck
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