0580 - Der Fluch der Totengeister
ausgesprochen.«
»Was?« stieß Zamorra irritiert hervor.
»Die Zeit… sie ist der Unsicherheitsfaktor.«
Zamorra atmete tief durch. »Du sprichst schon wieder in Rätseln!«
»Du weißt noch, daß die Zeit in der Straße der Götter anders verläuft als hier auf der Erde?«
»Ja. Aber ich habe bis heute den genauen Umrechnungsfaktor nicht herausgefunden.«
»Er schwankt«, behauptete Merlin. »Er ist äußerst variabel.«
»Wie bei der Echsenwelt?«
Merlin nickte. »Du hast es erfaßt. Auch dort verlief die Zeit nicht kontinuierlich mit der gleichen Geschwindigkeit. Sie war mal schneller, mal langsamer als bei uns. Den Grund dafür kannst du dir sicher denken.«
Zamorra schüttelte den Kopf.
Merlins plötzliche Gesprächigkeit kam ihm merkwürdig vor. Eben noch hatte er den großen Geheimniskrämer gespielt, und jetzt - nun gut, er sprudelte nicht gerade über vor Auskunftsfreude, aber er gewehrte Zamorra immerhin mehr Informationen als zuvor.
»Die Echsenwelt entstand durch das Experiment eines außerirdischen Imperiums, der DYNASTIE DER EWIGEN, genauer gesagt des ERHABENEN Ghot Iyahve. Der ERHABENE Zeus als einer seiner Nachfolger oder Nachfahren zog sich eines Tages vom Thron der Dynastie zurück, und seinen Machtkristall besitzt jetzt Ted Ewigk, denn in ihm fließt das Blut des Ewigen Zeus. Doch Zeus, einst Herrscher eines galaktischen Reiches, zog sich in eine andere Welt zurück - in die Straße der Götter.«
»Das ist mir bekannt«, sagte Zamorra.
»Das ist auch der Grund dafür, daß der Zeitverlauf sowohl in der Echsenwelt als auch in der Straße der Götter variabel ist. Mich erstaunt, daß dir das entgangen sein soll.«
»Du… du willst damit sagen, daß die Straße der Götter… daß diese Welt von den Ewigen geschaffen wurde?«
Merlin nickte.
»Zeus schuf sie«, bestätigte er.
Zamorra schüttelte den Kopf.
»Ich kenne die Entstehungsgeschichte der Straße der Götter«, erwiderte er. »Und die sieht anders aus…«
***
Am Anfang war das Nichts, so sagt die uralte Legende. Nur der Weltenvater Dhasor und die Herrscherin der Tiefe, Thuolla, verkörperten Gut und Böse. Aus ihrer Vereinigung entstanden zwei Kinder. Wo die Kraft Dhasons überwog, entstand Allesandra, die Göttin der Liebe, wo Thuollas Kraft überwog, ward Mamertus, der Herr des Krieges. Von diesen vier Göttern stammt, sei es gezeugt oder geschaffen, die gesamte Familie der Götter und Dämonen ab.
Und die guten Götter unter Allesandra, die den Weltenvater ehren, herrschen im OLYMPOS, die bösen Götter unter Mamertus aber, die Thuolla ehren, herrschen im ORTHOS. Dies sind Regenbogenkristalle, von denen der OLYMPOS in den Bergen des Landes Rhonacon liegt und der ORTHOS in den Tiefen der Felsen von Grex. Seit jeher aber kämpfen OLYMPOS und ORTHOS um die Macht über die Menschen und die Straße der Götter…
***
»Welch ein Unsinn«, rief Merlin, »Die Menschenwesen, die die Straße der Götter bevölkern, mögen das alles vielleicht glauben. Jedes Volk braucht seine Schöpfungslegende. Aber zwei Dinge sind selbst dir dabei scheinbar nicht aufgefallen, mein Freund. Erstens: Die Entstehung der Straße der Götter wird dadurch nicht erklärt, in der Legende gibt es sie schon, wenn Dhasor und Thuolla sich erstmals über den Weg laufen. Nur die - angebliche -Entstehung von Göttern und Dämonen wird auf diese Weise erzählt.«
Merlin machte eine wegwerfende Handbewegung, dann hob er den Zeigefinger und hielt ihn Zamorra unter die Nase.
»Zweitens: Im OLYMPOS herrscht Gevatter Zeus. Seine Gefährtin Khea -im antiken Griechenland auch unter dem Namen Hera bekannt, was aber in Wirklichkeit nur ein Buchstabendreher ist - geht ihm dabei zur Hand. Eine gewisse Allesandra verrichtet dort höchstens niedere Dienste, auch wenn das Volk ihr Tempel und Statuen widmet und sie anbetet. Du selbst hast dich schon im OLYMPOS aufgehalten und mit Zeus, Thor und den anderen dieser Götter gesprochen. Wer von den anderen ist dir dabei über den Weg gelaufen? Im ORTHOS sieht es ähnlich aus. Irdische Dämonen wie Abbadon, Astaroth und andere sind dort wohlbekannte Gestalten. Natürlich gibt's durchaus eine Menge kleinerer Götter und Dämonchen, die in den beiden Palästen ihr Unwesen treiben. Aber viele stammen von hier, von der Erde! Sie sind einfach mit hinübergeschlüpft, als Zeus eine völlig neue Welt schuf. Die Straße der Götter hat nicht nur einen variablen Zeitablauf, sie macht auch gewaltige Entwicklungssprünge mit. Du
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