0581 - Die Geistermutanten
würde er sich dazu allerdings nicht hergeben. Man mußte ihn zwingen. In aller Eile informierte sich Rock Looman über die Personalien des Amtsleiters. Er erfuhr, daß er Junggeselle war und in einem Appartementskomplex am Nordrand der Stadt wohnte. Trotz seines hohen Ranges, der eine gewisse Exponiertheit und damit Gefahr mit sich brachte, hatte Savrin, dem offenbar der Solar nicht zu leicht durch die Finger glitt, die Ausgaben für eine bewachte und gegen die Umwelt gesicherte Unterkunft gescheut und sich in einem Gebäude eingemietet, das außer dem üblichen Pförtnerrobot über keinerlei Sicherheitsvorkehrungen verfügte.
Gegen zwei Uhr morgens in dieser schicksalhaften Nacht begab Rock Looman sich also zur Residenz des Leiters des Zentralamtes. Dem Pförtner antwortete er auf eine diesbezügliche Frage, er wünsche seine Braut, Zelda Vijm, zu sprechen. Daraufhin gab der Pförtner zu bedenken: „Eine Bitte um Zulassung um diese Stunde ist höchst ungewöhnlich. Außerdem gibt es hier keine Person dieses Namens."
Inzwischen war Looman nicht untätig gewesen. Er hatte den kleinen Pulsgeber, der ihm schon bei Hunderten verschiedener Gelegenheiten vortreffliche Dienste geleistet hatte, aus der Tasche gezogen und preßte ihn gegen die Wand, durch die die Stimme des Pförtnerrobots drang. Er wußte, daß der Robot selbst sich nicht unmittelbar hinter der Wand befand. Aber das Netzwerk, das den Lautsprecher mit dem eigentlichen Robotkörper verband, würde die Pulse auffangen und weiterleiten.
„Ich bin sicher, daß Zelda Vijm hier wohnt", widersprach er der hartnäckigen Maschine. „Sieh noch mal in deinem Verzeichnis nach."
Die Antwort kam sofort.
„Fffffmmmmmffff..."
„Wie bitte?" erkundigte sich Looman.
„Ffffrrrrrr... uuuh..."
„Öffnen!" befahl Looman barsch.
Die Tür glitt auf. In dem Augenblick, in dem Looman den Pulsgeber wieder in die Tasche steckte, kam der Pförtner wieder zu Sinnen, aber der Hagel von Störimpulsen hatte einen Teil seines Gedächtnisses ausgelöscht, und die für einen solchen Fall vorgesehene Not-Logik nahm lediglich zur Kenntnis, daß die Tür geöffnet worden war, und schloß daraus, daß es sich um einen legitimen Zutritt handele. Looman blieb jenseits der Tür ein paar Sekunden lang stehen, um zu hören, ob irgendwo Alarm geschlagen würde. Als alles ruhig blieb, setzte er seinen Weg zielbewußt fort.
Derselbe Pulsgeber, der den Pförtnerrobot lahmgelegt hatte, öffnete ihm wenige Minuten später nach einer Reihe zunächst erfolgloser Versuche auch die Tür zu Savrins Wohnung. Looman hatte erwartet, den Wissenschaftler in tiefem Schlaf vorzufinden.
Daß er statt dessen in seinem Appartement umhergeisterte, warf ihn einen Atemzug lang aus dem Gleichgewicht. Es gelang ihm jedoch, als Savrin von der Küche zum Wohnzimmer ging und das Geräusch des Einbrechenden hörte, sich in der Flurgarderobe zu verstecken und dort auszuharren, bis er den Wissenschaftler in günstiger Schußposition vor sich hatte.
Eldor Savrin war ein kleiner, ein schmächtiger Mann. Aber an Mut fehlte es ihm keinesfalls.
„Ich kenne Sie nicht", schüttelte er den Kopf, „und habe mit Ihnen auch keine geschäftliche Angelegenheit zu besprechen. Im Gegenteil: Sie sind widerrechtlich hier eingedrungen, und ich werde sofort die Polizei benachrichtigen, damit man Sie festnimmt."
Looman grinste höhnisch.
„Und ich, meinen Sie, stehe mit den Händen in den Hosentaschen dabei und warte, bis man mich beim Kragen nimmt, wie? Nein, kleiner Mann. Da haben Sie sich verrechnet."
Er zog den Schocker aus der Tasche und tippte leicht auf den Auslöser. Die Waffe war auf geringste Wirkung eingestellt. Ein Schmerz wie von einem kräftigen, elektrischen Schlag zuckte durch Savrins Körper und verkrampfte die Muskeln. Savrin vollführte einen ungewollten Sprung und prallte schwer gegen die Wand.
„Sehen Sie?" lachte Looman. „Das Spiel geht ganz anders, als Sie sich das dachten."
Benommen raffte Savrin sich auf.
„Was wollen Sie?" krächzte er.
„So hört sich's schon vernünftiger an", lobte Looman höhnisch.
„Gehen Sie mir voraus ins Wohnzimmer. Sie werden einen Telekom-Ruf machen."
Savrin entschloß sich zu gehorchen. Dem Schocker gegenüber war er wehrlos. Er selbst hatte keine Waffe im Haus, und selbst wenn eine da gewesen wäre, hätte sein ungebetener Gast ihm wohl kaum Gelegenheit gegeben, sie an sich zu nehmen. Im Wohnzimmer erklärte Looman: „Mein Interesse gilt einem gemeinsamen
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