Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0582 - Der Totenbaum

0582 - Der Totenbaum

Titel: 0582 - Der Totenbaum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
Vom Netzwerk:
geleiten.«
    »Geleiten Sie ihn ruhig hierher«, bat Nicole. »Um wen handelt es sich denn?«
    »Um Chefinspektor Robin von der Mordkommission Lyon.«
    ***
    Wo der Tod wohnt, spürte ein Bewußtsein, daß sich artfremde Gedanken mit ihm befaßten. Sie suchten nach ihm, sie suchten auch nach Erklärungen, doch in ihrem Denken waren die Wurzellosen zu eingeschränkt, um diese Erklärungen finden zu können.
    Das Bewußtsein selbst war stärker geworden in der letzten Nacht. Seine Fähigkeiten waren jetzt verfeinert und verbessert.
    Vorher war es eins gewesen.
    Jetzt war es drei.
    Aber es würde schon bald wieder eins sein. Die beiden anderen wurden mehr und mehr aufgenommen und aufgesogen.
    Und noch etwas anderes war geschehen.
    Winzige Fragmente waren in den leeren Wirten zurückgeblieben.
    Dort konnten sie aktiv werden…
    ***
    »Du könntest deine Besuche vorher kurz telefonisch anzukündigen, aber davon hältst du neuerdings wohl nichts mehr, Pierre«, rügte Nicole.
    »Das hat wohl jemand vergessen.« Der schnauzbärtige Beamte winkte ab. »Himmel, dieser William, oder wie er sich schimpft, benimmt sich manchmal noch geschraubter und gestelzter als Raffael in seinen besten Zeiten.«
    »Kann ich dir sonst irgendwie vors Schienbein treten, Pierre?« fragte Zamorra. »Dich treibt doch der Dienst her, oder? Geht es um mordende Bäume?«
    Robins Unterkiefer klappte südpolwärts.
    »Wie kommst du darauf? Weil du vor ein paar Tagen Probleme mit solchem Gewächs hattest?«
    »Es rauscht im Blätterwald, und zwar, daß ein Baum einen Menschen ermordet haben soll.«
    Robin schnappte nach Luft.
    »Das kann doch noch gar nicht sein! Kein Reporter…«
    Zamorra grinste. »Du meinst den Zeitungsblätterwald, ich den echten. Mit Wurzeln, Ästen, Zweigen, Laub…«
    »Du willst also sagen, daß ein Baum dir einen Mord gebeichtet hat?« Robin trat dicht vor Zamorra und schnupperte. »Hauch mich mal an, mein Bester. Wieviel Montagnewein hast du heute schon genossen? Oder bekommt dir das Wetter nicht?«
    »Mal im Ernst«, sagte Zamorra. »Ich wollte dich schon anrufen und nachfragen, was du darüber weißt.«
    »Du mußt ja neuerdings über ganz schön weite Entfernungen Gedanken lesen können. Oder bist du vorhin in Lyon gewesen und hast uns irgendwie belauscht? Nein… sicher nicht.«
    Robin konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, woher Zamorra diese Information hatte.
    Und Zamorra verzichtete darauf, seinem Freund von Fooly und seinem erdverwurzelten, dichtbelaubten ›Freund‹ zu erzählen. Robin ließ sich zwar längst nicht mehr von übersinnlichen Dingen beeindrucken, aber Zamorra war sich nicht sicher, was er davon halten würde.
    »Nimm einfach hin, daß ich etwas ahne«, sagte er deshalb. »Und daß ich gern mehr darüber wissen möchte, schon allein der zurückliegenden Aktion wegen. Vielleicht sind die bösen Bäume wieder aus ihrer bösen Asche erwacht…«
    »Na schön. Kommst du mit rüber und siehst dir die Akten an?«
    »Und die Tatorte.«
    »Den Tatort. Bisher haben wir nur einen.«
    »Natürlich kommen wir«, versprach Nicole und erhob sich. »Wartet einen Moment, ich ziehe mir nur eben etwas an…«
    Sie huschte davon.
    Zamorra folgte ihr. Er wollte ein paar Ausrüstungsstücke mitnehmen.
    Denn wenn die mordenden Bäume etwas mit seinem letzten Abenteuer zu tun hatten, dann half sein zauberkräftiges Amulett auch nicht viel.
    ***
    Etwas, das winzig war, wurde aktiv. Es begann zu wachsen.
    Aber um wachsen zu können, benötigte es Nahrung.
    Nach dieser sah es sich um.
    Es brauchte keine Augen, um sehen zu können. Seine Sinne waren anders ausgerichtet.
    Und es handelte kollektiv.
    Es erfuhr rasch, wo Nahrung zu finden war.
    ***
    Ehe Zamorra und Nicole mit Robin nach Lyon wechselten, lief ihnen noch einmal Fooly über den Weg. Der Drache mußte in der Zwischenzeit noch einmal draußen gewesen sein, denn er hielt Zamorra fest und raunte ihm zu: »Ich habe noch mal mit dem Baum geredet. Du solltest wissen, Chef, daß die Zeit drängt. Etwas geschieht.«
    Im ersten Moment, als Fooly Zamorra zu sich herunterzog, hatte der Professor gefürchtet, der Drache werde ihm ein paar Funken ins Ohr blasen. Statt dessen flüsterte er so dezent, daß Robin nicht mitbekam, was Fooly Zamorra mitteilte.
    »Was geschieht, Kleiner?« wollte Zamorra ebenso leise wissen.
    »Nur die Bäume wissen es, und sie schweigen. Aber es dräut Gefahr. Paßt auf euch auf. Die Gefahr kommt vielleicht aus einer Richtung, die ihr nicht

Weitere Kostenlose Bücher