0585 - Unterwelt
lenkte Ugly Monster den Wagen voll hinein und bremste abrupt, so daß im Fond einige Freaks durcheinanderpurzelten und sich lautstark beschwerten.
»Hört auf zu jaulen!« rief Princess Perfect. »Schließlich hat Ugly-Darling heute Geburtstag.«
»Na und?« keiften Marc und Nicola. »Der soll anständig fahren, der bunte Hund.«
Ugly Monster kümmerte sich nicht um sie. Er war bereits ausgestiegen und hielt sein Gesicht gegen den Wind. Der Regen hatte nachgelassen, es nieselte nur noch. Feiner Sprüh fiel aus den bleifarbenen Wolken und legte einen Teppich über das Land. Nebelbänke entstanden, besonders am Wald.
Von innen hatten die anderen die Heckklappe geöffnet und sie in die Höhe gedrückt.
Hand in Hand sprangen Cat und Carrigan aus dem Wagen. Hinter ihnen rutschte Sam heraus. Er sah aus wie ein Mädchen, gehörte aber zu den Jungen. Manchmal allerdings wußte er selbst nicht genau, welchem Geschlecht er sich zuwenden sollte. Es wechselte je nach Laune. Diesmal klammerte er sich an Cat fest und kreischte.
Carrigan schlug ihm auf die Bleichhaarperücke, so daß der künstliche Kopfschmuck verrutschte. »Hau ab mit deinem Arsch! Cat ist für dich tabu.«
»Bä, bäbä…« Er streckte dem Mädchen die Zunge heraus und bedachte es mit einem nicht druckreifen Schimpfwort. Danach half er, die Instrumente auszupacken.
In der Unterwelt sollte es in dieser Nacht heiße Musik geben, daß selbst die Ratten zu Heavy-Metal-Fans wurden. Das hatte sich die Clique geschworen.
Die Getränke waren in handlichen Kisten und Kartons verstaut worden, die sich auch gut tragen ließen.
Ugly Monster brauchte an seinem heutigen Ehrentag nicht mitanzufassen. Er achtete darauf, daß nichts zerstört wurde und die Instrumente keinen Schaden nahmen. Zudem behielt er die Umgebung im Auge, weil er nicht wollte, daß sie von irgendwelchen zufällig vorbeilaufenden Zeugen beobachtet wurden.
Sie waren allein, konnten fluchen, sich beschweren und auch auf die heiße Party freuen.
Princess Perfect kümmerte sich um die beiden Rockgitarren, die einzigen Instrumente. Wenn sie einen anderen heißen Sound hören wollten, stellten sie den Recorder an.
»So, Ugly, fertig?«
Er nickte. Wind spielte mit seinem toupierten Haar. Die Glöckchen gaben einen hellen Klang ab, fast so wie an Weihnachten, wenn die Engel kamen.
»Dann mal rein!« Zusammen mit Yana wuchtete er den Gullydeckel zur Seite.
Er würde auch so liegenbleiben. Wer als einsamer Spaziergänger oder Läufer die Lücke im Boden übersah, der hatte eben Pech gehabt. Sollte er woanders laufen.
»Los, ihr lahmen Krähen, flutscht rein!«
»In wen?« kicherte Sam.
»Verzieh dich!«
Ugly Monster beobachtete das Verschwinden seiner Kumpane.
Princess Perfect stand neben ihm. In ihrem lachsfarbenen Flitterkleid fror sie. An einigen Stellen war es durchsichtig. P.P.’s Brüste schimmerten durch den dünnen Stoff.
»Du hättest dir was mitnehmen sollen.«
»Mir wird schon warm werden, Ugly.«
»Brauchst du einen Schluck?«
»Gleich.«
Die letzte stieg ein. Es war Monnie. Sie hatte ihre Augen dunkel geschminkt und blaue Tränen gemalt, die aus den Winkeln entlang der bleichen Wangen rannen. Tagsüber arbeitete sie in einem Schnellimbiß und trug eine elegante Uniform. In der Nacht und am Abend, da gehörte sie zu denen, die am stärksten ausflippten. Allerdings fürchtete sie sich am meisten vor den Ratten.
»Hoffentlich hat der viele Regen die Ratten nicht aus ihren Höhlen und Verstecken geschwemmt«, sagte sie.
»Und wenn schon.« Ugly grinste, was ihn noch häßlicher machte.
»Dann werden wir sie killen und dir mitgeben.«
»Wieso mir?«
»Die kannst du dann deinem Arbeitgeber mitbringen. Ihr dreht doch sowieso alles durch.«
»Hä, du Schwein, du!«
»Verzieh dich schon.«
Sich schüttelnd, stieg Monnie in den Schacht. Die Metallsprossen hielten die Gewichte der Kletternden. Sie waren von ihnen noch nachträglich befestigt worden.
Auch P.P. tauchte in die Tiefe. Sie fror wieder. Aus dem Loch drang ihr ein fauliger Gestank entgegen. Ein Geruch, an den sich die Freaks inzwischen gewöhnt hatten.
Zuletzt ging Ugly Monster. Geschickt schwang er sich in den Schacht. Von unten her erreichten ihn die Stimmen seiner Kumpane.
Er hörte sie sprechen und schreien. Sie versuchten sich gegenseitig Angst einzujagen, zudem lachten und kreischten sie wild.
Der Grund glänzte feucht. Taschenlampen warfen ihre hellen Kegel in die Finsternis. Ihr bleiches Licht zuckte über
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