0586 - In den Fängen des Wolfes
tief in ihr.
Und stets kollidierten diese Instinkte mit ihrer Ethik. Denn immer noch mußte sie töten, um zu überleben, tat es aber nicht aus Mordlust und nicht zum Nutzen der Höllenmächte. Daran hatte auch der Fluch des Lucifuge Rofocale nichts ändern können.
Aber die Silberkugel, die sie vor einiger Zeit getroffen hatte, steckte immer noch in ihrem Körper, war längst fest eingewachsen, doch sie schmerzte nur noch wenig. Zia hatte sich fast daran gewöhnt. Während der ganzen Zeit hatte sie auch immer wieder an den Grauen gedacht, diesen schönen, edlen Wolf, in den sie sich verliebt hatte.
Damals, als sie selbst noch Wölfin gewesen war.
Jetzt kamen ihr Zweifel.
Daß er kein Werwolf war, kein Gestaltwandler, hatte sie damals deutlich spüren können. Aber wenn sie jetzt wieder Mensch war, wenn auch eine Werwölfin, er aber ein Wolf blieb, wie sollten sie dann jemals zueinander finden?
Ihre Zweifel wurden zu Angst.
Und jetzt kam eine weitere Angst hinzu. Die Vergangenheit hatte sie eingeholt.
Jener, den sie einst hatte retten wollen, war in ihr Leben zurückgekehrt. Nach all der Zeit, in der sie nichts mehr von ihm gehört hatte.
Er war nicht tot.
Er lebte immer noch.
Und so, wie es vor ihm die schwarzen Mörder taten, die es jetzt nicht mehr gab, genauso benutzte auch er den Grauen als Köder.
Mehr noch, er mißbrauchte ihn!
Und ebenso mißbrauchte er Zia Thepins Erinnerungen, aus denen er den Grauen herausgriff, um sein Abbild zu erschaffen…
Er war das schlimmste Monster, das Zia sich jemals hätte vorstellen können. Er war mehr geworden als alles, was er sich einst erhofft hatte.
Nur seinen Namen, den kannte sie immer noch nicht.
Den Namen des Jungen…
***
Fenrir bewegte sich durch das kleine Bauernhaus. Er schnüffelte aufmerksam, ließ nichts aus. Provozierend versuchte er sogar, den Kühlschrank zu öffnen, ließ aber dann von diesem Versuch ab, obwohl er es ohne Mühe hätte schaffen können, doch Robin rief ihn zur Ordnung.
Joel Wisslaire, der auch noch immer anwesend war, staunte.
Er hatte seinen Chef und auch Brunot schon von diesem Wolf erzählen hören, auch von den Wunderdingen, die das graue Biest angeblich vollbrachte, aber trotzdem trat er Fenrir mit einiger Skepsis entgegen. Wolf ist Wolf, dachte er und konnte sich nicht vorstellen, daß dieses Tier fähig war, wie ein Mensch zu denken und zu handeln, nur eingeschränkt durch die Nachteile seines Körpers.
Magie, nun ja…
Er hatte seine ganz eigenen Erfahrungen mit Magie gemacht, vorwiegend mit Schwarzer Magie. Seine Freundin war dabei ums Leben gekommen, er selbst in Tatverdacht geraten - wer glaubte es schon, wenn man ihm erzählte, ein toter Dämon sei zum Baum geworden, zu einem Baum, der Menschen ermordete. [4]
Seine erste Begegnung mit Magie war somit negativer Art gewesen, und daher blieb er auch jetzt mißtrauisch. Es erging ihm da nicht anders als den meisten Menschen, die durch Geschehnisse dieser Art aus ihrer vertrauten Lebensbahn gerissen werden. Joel Wisslaire hatte dabei noch das Glück gehabt, an Leute zu geraten, die mit diesen Phänomenen vertraut waren, wie Robin, Brunot und auch Zamorra, der ihm damals auch hilfreich unter die Arme gegriffen hatte.
Viele andere Dämonenopfern traf es da schlimmer. Sie zerbrachen an ihren Erlebnissen - oder gerieten selbst auf die dunkle Seite der Macht…
Fenrir interessierte sich schließlich fast nur noch für Clios Schlafzimmer. Er sprang auf das Bett und schnupperte an der Wand, an der es stand, scharrte an der Tapete, dann verließ er das Haus, umrundete es und begann an der Außenseite eben jener Wand zu wittern.
Erfolglos.
»Und? Was sagt Ihnen sein Schweifwedeln und Schnuppern jetzt?« fragte Thorneaux. Er hielt sich grundsätzlich so weit zurück, daß er bei einem Angriff des Wolfes durch die Körper der anderen Menschen abgeschirmt wurde.
Mari Marti zeigte sich überhaupt nicht, irgendwie hatte sie es fertiggebracht, dem durch die Zimmer schnüffelnden Wolf aus dem Weg zu gehen.
»Wir wissen jetzt, was wir wissen wollten«, erklärte Zamorra.
»Und das wäre?« drängte Thorneaux.
»Wir werden Sie rechtzeitig darüber in Kenntnis setzen. Es wäre allerdings ratsam für Ihre Freundin und auch für Sie selbst, Sie würden die nächsten Stunden oder Tage nicht in diesem Haus verbringen. Wie wäre es, wenn Sie beide Ihre Wohnung in Lyon nutzen würden, Monsieur Thorneaux?«
»Dafür sollten Sie uns schon einen guten Grund nennen.«
Robin winkte
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