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0586 - In den Fängen des Wolfes

0586 - In den Fängen des Wolfes

Titel: 0586 - In den Fängen des Wolfes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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doch war sie anders gewesen als die anderen…
    BILDER VON EINST…
    Immer, wenn sie das Haus verließ, sah der Junge sie an. Anfangs hatte sie es für Zufall gehalten, daß er immer dann in der Nähe war. Schließlich aber begriff sie, daß er sie genau beobachtete.
    Ahnte er etwas?
    Wenn ja, warum zog er sich dann nicht voller Furcht und Abscheu zurück? War er noch zu jung, den Schrecken zu erahnen, den Wesen ihrer Art verbreiteten? Faszinierte es ihn, statt ihn abzustoßen?
    Sie mußte vorsichtiger sein, ihm aus dem Weg gehen.
    Später einmal sagte er leise zu ihr: »Ich habe dich gesehen, als du jagtest.«
    Sie hätte ihn töten müssen! Er wußte über sie Bescheid! Er war eine Gefahr für sie, konnte sie jederzeit verraten. Dann würde auch sie Serges grausiges Schicksal erleiden…
    In ihren Träumen sah sie Serge, den anderen Werwolf, immer wieder vor sich, und sie fragte sich, ob es richtig gewesen war, daß sie ihn der Inquisition ausgeliefert hatte. Aber er hatte ihren Geliebten Jeoffrey ermordet, und er hatte es nicht getan, um seinem Drang zu folgen, sondern um Zia zu verletzen!
    »Ich sah dich«, flüsterte der Junge, »als du dich verwandeltest. Ich folgte dir, ohne daß du es merktest, ich sah dich bei der Jagd.«
    »Warum verrätst du mich nicht?« fragte sie ihn.
    »Weil ich werden will wie du. Zeige mir, wie man ein Werwolf wird!« -Er vergoß bittere Tränen, als Zia ihm die Hoffnung nahm. »Du wirst kein Werwolf werden«, sagte sie. »Du hast ein besseres Leben verdient. Wir sind nicht nur Jäger, wir sind auch Gejagte. Wie Serge.«
    »Du hast ihn verraten!«
    »Er tötete meine Liebe.«
    »Was ist schon Liebe?«
    Nein, Liebe hatte er niemals kennengelernt. Seine Mutter starb früh, sein Vater trank und schlug ihn. In seinem Leben hatte es nur Haß gegeben. Und Verachtung, die die anderen Menschen vom Vater auf den Sohn übertrugen.
    »Und deshalb willst du ein Werwolf werden? Um dich rächen zu können? An deinem Vater und den anderen Menschen im Dorf? Das ist es nicht, was dein Schicksal sein sollte. Du bist zu jung. Lebe zunächst als Mensch, um als Mensch auch die Liebe kennenzulernen. Wenn du dann immer noch ein Werwolf werden willst, wirst du auch ohne mich Mittel und Wege dazu finden.«
    Für eine Weile fürchtete sie, er würde jetzt auch sie hassen und sie verraten, weil er sich im Stich gelassen fühlte. Sie brachte ihn fort zu anderen Menschen, die ihn aufnahmen wie ihr eigenes Kind und ihm ihre Zuneigung und Liebe schenkten.
    Sie erfuhr nie, was aus dem Jungen wurde, sie kannte nicht mal seinen Namen. Sie hatte ihn nie danach gefragt, und er hatte ihn auch nie genannt. Wenn andere ihn riefen, nannten sie ihn nur den ›Balg des Trinkers‹…
    Dann zog der Krieg über das Land, und nichts war mehr so wie einst. Es war eine gute Zeit für Wölfe, denn niemand zählte ihre Opfer. Vielleicht gehörte auch der Junge zu den Opfern. Zu den Opfern der Soldaten - oder der Wölfe.
    Zia sah ihn niemals wieder. Schließlich kam das Strafgericht des Lucifuge Rofocale, des Herrn der Hölle, über sie. Lange hatte er sich dafür Zeit gelassen, doch als sie nicht mehr damit rechnete, ergriff er sie und sprach Anklage und Urteil.
    »Du hast Serge verraten, einen von deinesgleichen, hast ihn der Inquisition ausgeliefert. Und du hast jemandem, der willig war, die Weihe verweigert. Du hast die Gesetzte gebrochen.«
    »Du hast unrecht«, schrie sie. »Ich bin nicht wie andere Werwölfe! Sie morden aus Lust, ich aber töte aus Hunger, den ich anders nicht zu stillen vermag, ich töte nicht wahllos. Ich verachte nicht das Leben.«
    »Dann wirst du sehr lange leben, aber du wirst es als Wölfin tun. Du wirst nie wieder Menschengestalt annehmen können, sondern Wölfin bleiben. Und niemand wird dich als das erkennen, was du wirklich warst, denn niemand wird deine Gedanken lesen können. Du wirst vergessen, wer und was du warst. Du kannst vielleicht noch denken, aber deine Gedanken gehen nie mehr über die Grenzen deines Körpers hinaus. Und du wirst an einen Ort gebunden sein, der jenseits der Welt liegt, bewacht von Wölfen, die schlimmer sind als alles, was du kennst. Sie werden jagen und dich zur Jagd in die Welt der Menschen mitnehmen, aber sie werden immer wieder mit dir zurückkehrten an jenen Ort des Grauens und der Grausamkeit. Das ist deine Strafe, deine Bestimmung - von jetzt an für immer!«
     
    BILDER AUS SPÄTERER ZEIT:
    Der unheilige Ort des Todes und der Toten! Jedesmal, wenn die Wölfe nach

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