0586 - In den Fängen des Wolfes
ihrer Jagd dorthin zurückkehrten, vergrößerte sich der Totenacker.
Manchmal gelang es Zia, zu bleiben, während die schwarzen Mörder durch das Tor in die Welt der Menschen gingen. Doch meist war sie gezwungen, mit ihnen dorthin überzuwechseln, Zeugin ihrer Grausamkeit zu sein.
Tief in ihr schlummerte etwas, das sie selbst nicht mehr kannte und das darauf wartete, wieder hervorzubrechen…
Das, was sich Zia Thepin nannte! -{el}
NOCH SPÄTER:
Irgendwann, nach langer Zeit, gab es jenes Tor nicht mehr, man konnte jetzt direkt in die Menschenwelt hinüberwechseln, in die Jagdgründe der schwarzen Wölfe!
Und da war dieser andere Wolf. Der Graue, der Alte, der Schöne, der einen Aufruhr in ihr entfesselte. Er schien der Auslöser dafür zu sein, daß ihre Erinnerungen langsam zurückkehrten.
Er war plötzlich dagewesen, war von ›draußen‹ gekommen und hatte diesen Ort der Verbannung betreten. Und hier hatte er das gefunden, was dereinst Zia gewesen war - und es nun wieder werden wollte!
Seine Güte faszinierte sie. Seine Intelligenz. Seine Telepathie. Er war mehr als ein einfacher Wolf.
Er war kein Werwolf, aber er war auch nicht einfach nur ein Tier. Er war - was war er wirklich?
Etwas dazwischen.
Auf ihm lag kein Fluch, der ihn in diese Gestalt bannte. Er war als Wolf geboren. Und doch viel mehr, etwas ganz anderes. -Bald darauf erkannte sie, daß die schwarzen Mörder ausgerechnet den Grauen als Köder benutzten! Der Schock lähmte sie.
Er löste die letzte Sperre, und sie begriff.
Sie konnte sich wieder an alles erinnern, das war etwas, mit dem selbst Lucifuge Rofocale niemals hatte rechnen können.
Dann kam die fremde Magie - und der Fluch wurde gebrochen, die Burgruine und der Friedhof der schwarzen Wölfe in der Menschenwelt vergingen, sie entstanden aber später neu, hier in dieser Dimension, weil sich die Restmagie des Fluchs wieder verdichtete. Die anderen - die schwarzen Wölfe -vergingen ebenfalls, aber für immer, und auch Zia konnte sich allmählich wieder zurückverwandeln, denn obwohl noch jene Restenergie bestand, war der Fluch gebrochen.
Zuerst kam der aufrechte Gang. Diese Veränderung war die schlimmste, da sie mehrere Monate in Anspruch nahm. Monate, in denen Zia immer weniger auf allen vieren laufen konnte, ihre ganze Anatomie aber noch nicht darauf ausgerichtet war, sich längere Zeit aufgerichtet auf den Hinterläufen zu halten.
Aber mit der Zeit ging es immer besser. Das Fell schwand, aus Pfoten wurden Hände und Füße, aus einem Wolfskopf wurde der eines Menschen.
Sie versuchte, willentlich Metamorphosen durchzuführen.
Es gelang ihr auch, sie konnte jederzeit Wolfsgestalt annehmen und sich auch wieder zurückverwandeln.
Es war wie früher, ehe Lucifuge Rofocale sie mit dem Fluch bestrafte…
Und diese Möglichkeit war hilfreich in jener Zeit, als die Umstellung auf das aufrechte Gehen ihr so schwer fiel. Aber sie wollte Mensch sein und lebte ständig in der Furcht, daß die Menschwerdung vielleicht zum Stillstand kam. Oder daß sie wieder rückgängig gemacht wurde, wenn sie nun willentlich zu lange Wolfsgestalt hatte.
Daher reduzierte sie diese Phasen, soweit es ihr möglich war, und ertrug Last und Schmerz eines Körpers, der noch zu keiner der beiden Erscheinungsformen gehörte, der weder Wolf war noch Mensch und doch beides zugleich.
Sie konnte die Verwandlung steuern, denn in dieser Welt gab es keinen Vollmond, der sie in regelmäßigen Abständen in die Wolfsgestalt zwang. In dieser Welt war sowieso alles anders.
Inzwischen besaß sie endgültig wieder ihre frühere Gestalt, und wenn sie einen Blick in eine Wasserfläche warf, um ihr Spiegelbild zu betrachten, mußte sie feststellen, daß die lange Zeit sie nicht körperlich hatte altern lassen. Sie sah immer noch so jung aus wie damals, wie vor dem Fluch.
Sie werde sehr lange leben, so hatte Lucifuge Rofocale ihr ja auch verkündet. In diesem Fall bedeutete das wohl auch einen extrem verlangsamten Alterungsprozeß. Anhand der Zeit, die seit dem Strafgericht des Höllenherrschers verstrichen war, und der nicht einmal wahrnehmbaren Veränderung ihres Aussehens konnte sie sich ausrechnen, wie lange sie den Fluch hätte ertragen müssen.
Jahrtausende lang! Eine kleine Ewigkeit!
Die Hölle bestraft mit entsetzlicher Grausamkeit.
Inzwischen war sie keine Wölfin mehr, kein Tier mehr ohne Verstand, der so lange in ihrem Unterbewußtsein zurückgedrängt war.
Aber die wölfischen Instinkte steckten immer noch
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