0586 - In den Fängen des Wolfes
Schritte wieder rückwärts, die er gemacht hatte, nachdem Fenrir verschwunden war, dann überlegte er, ob sie sich beide nicht schon bewegt hatten, ehe der Wolf das Tor geöffnet hatte.
Das hatte Fenrir auf eine dem Dämonenjäger noch immer unbekannte Weise getan, aber wenn sich Zamorra richtig erinnerte, waren sie beide starr stehengeblieben, auch noch, als die andere Dimension oder die anderen Dimensionen sie ergriffen.
Demzufolge mußte es doch eigentlich auch möglich sein, von genau jenem Standort aus wieder zur Erde zurückzukehren?
Doch als Zamorra wieder an diese Stelle trat, mußte er erkennen, daß es nicht ging, daß er sich geirrt hatte.
Zamorra versuchte es mit einer konkreten, bildhaften Vorstellung. Vielleicht funktionierte es ja so wie bei den Regenbogenblumen. Er stellte sich das Bauernhaus vor, er konzentrierte sich auf Pierre Robin - nichts geschah. Nichts veränderte sich.
Es gab also zunächst keinen Weg zurück!
Vielleicht funktionierte es überhaupt nicht ohne Fenrir? Vielleicht war nur der Wolf in der Lage, die Dimensionen zu wechseln, und Zamorra war eher nebenbei mitgeschleift worden?
In diesem Fall blieb Zamorra nichts anderes übrig, als Fenrir zu suchen. Und ihn auch zu finden, um mit ihm zurückkehren zu können. Eine andere Möglichkeit, diesen Ort wieder zu verlassen, sah er nicht. Er war allein offensichtlich nicht in der Lage, dieses Tor zu öffnen.
Alles, was er bei sich trug, war Robins Pistole.
Vielleicht wäre es doch besser gewesen, erst einen Abstecher ins Château zu machen und sich dort besser auszurüsten.
Aber er hatte nicht damit gerechnet, daß eine Aktion dieser Art erforderlich werden würde, und als sie dann in Thurins waren, hatte er auch nicht noch mehr Zeit verlieren wollen, er hätte dann nämlich noch mal nach Lyon in den Stadtpark gemußt, damit er über die magischen Regenbogenblumen schnellstens zum Château gelangte, um dann abermals nach Thurins zu fahren. Das aber war ihm alles zu umständlich erschienen.
Er hatte ja auch nicht damit rechnen können, daß er von Fenrir getrennt wurde! Wenn sie beisammen geblieben wären, hätte er ja jederzeit auf das Amulett und seine magischen Kräfte zurückgreifen können.
Aber das Amulett war mit Fenrir irgendwo anders und ließ sich nicht mal mehr rufen.
Daß er seinerseits Fenrir zur Hilflosigkeit verurteilt hätte, wenn der Ruf funktioniert hätte, darin sah Zamorra das geringere Problem. Fenrir war ein Wolf und konnte sich ganz anders bewegen und auf die Situation einstellen als er. Der alte graue Freund war schon in viel schwierigeren Lagen auch allein und ohne magische Hilfsmittel zurechtgekommen…
Zamorra sah die Abdrücke im feuchten Gras, die Fenrir wohl hinterlassen hatte, bevor er verschwunden war. War das vielleicht eine Möglichkeit?
Sich dorthin stellen, wo der Wolf gestanden hatte?
Vielleicht war das die Chance, Fenrir zu folgen und dorthin zu gelangen, wo er sich in diesem Moment befand!
Zamorra stellte sich dorthin.
Aber er konnte nicht feststellen, ob er dadurch jetzt ebenfalls an einen anderen Ort wechselte. Vielleicht glichen sich die ›Eingangsbereiche‹ der verschiedenen Dimensionen bis in den atomaren Bereich, so daß Zamorra einen Unterschied überhaupt nicht bemerken konnte. Vielleicht war diese Übereinstimmung auch der Grund dafür, daß das ›Multi-Weltentor‹ in dieser Form überhaupt existieren konnte.
Doch dann spürte Zamorra, daß er nicht mehr allen war!
Es war ein kaum merkliches Kribbeln im Nacken. Er fühlte sich beobachtet. Er konnte zwar durch die blauen Nebelschwaden niemanden erkennen…
Aber jemand befand sich ganz in seiner Nähe!
Fenrir?
Oder… der Feind!
***
Der Lykanthrop spielte mit den höllischen Kräften wie ein Virtuose auf dem Klavier. Es waren Kräfte, die Lucifuge Rofocale ihm einst verliehen hatte, und nun kam er mit jeder Stunde, die verstrich, seinem Ziel näher: Der Vergeltung für das, was ihm einst angetan worden war.
Lange vor den Kriegen.
Werwölfe können sehr alt werden, doch Remus Lykoff, wie er sich heute nannte, wußte, daß er nahe am Ende seines Lebens war. Schon längst konnte er nicht mehr selbst jagen. Er verfügte über eine ungeheure Magie, aber er war kaum noch fähig, die Metamorphose zu vollziehen. Sie gelang ihm nur noch zum Teil.
Statt dessen mußte er seinen Seelenschatten aussenden, wenn er ein Opfer reißen wollte. Aber das bereitete ihm nur noch einen Teil jener Lust, die er einstmals bei der Jagd
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