0590 - Ritter Tod
paar Fragen einfallen. Henker sind oft schweigsam.«
»Immer ich«, beschwerte er sich.
»Wer denn sonst?« gab ich lachend zurück.
***
Auch beim Yard gibt es sogenannte Hochsicherheitstrakte, die leider nötig waren. Dieser Trakt war von den anderen Teilen abgeschirmt und wurde besonders überwacht.
Die Verhörzellen gefielen mir persönlich überhaupt nicht. Ein Viereck aus kahlen Wänden, harte Stühle, ein Tisch, die Verhörlampen, die Kamera an der Decke, die den Raum überwachte und das Bild auf einen Monitor warf, der von einem Beamten kontrolliert wurde. Der Mann saß draußen in der sogenannten Schleuse, wo Suko und ich stehen blieben.
Wir waren angemeldet. Der Kollege führte uns in einen schmalen Gang, die Tür hatte er zuvor aufgeschlossen. »Es sind noch zwei Wächter bei ihm«, wurde uns erklärt.
Ich blickte gegen das kalte Deckenlicht. »Hat er sich bisher ruhig verhalten?«
»Wie man’s nimmt. Es gab Momente, da atmete er plötzlich ein, und es sah aus, als wollte er seine Fesseln sprengen. Wir haben ihm die Handschellen gelassen.«
»Benimmt er sich so gewalttätig?« fragte Suko.
»Wir wollten sichergehen.«
Die Metalltür konnte elektronisch verschlossen werden. Auf ein normales es Klopfen hin wurde sie geöffnet. Zwei Männer erwarteten uns. Harte, kantige Typen, die Suko gut kannte, weil er mit ihnen des Öfteren trainierte. Die drei grinsten sich zu.
»Das ist mal ein Job für dich«, wurde Suko angesprochen. »Keine Action, wenigstens nicht die, die du gewohnt bist.« Der Sprecher deutete auf den Gefangenen. »Es gibt Fische, die reden viel im Vergleich mit dem. Da kannst du dir ja vorstellen, was dich hier erwartet.«
»Mal schauen.«
»Den Namen haben wir nicht herausfinden können. Er sieht sich nur als der Henker Le Grand.«
Ich knetete mein Kinn. »Sind eigentlich Aufnahmen gemacht worden?« fragte ich dazwischen.
»Ja, die Fotos haben wir an die Kollegen verteilt. Vielleicht kennt jemand diesen Mann.«
»Das wäre gut.«
»Sollen wir bleiben, Mr. Sinclair?«
Ich winkte ab. »Das ist nicht nötig. Außerdem haben Sie dem Henker die Handschellen gelassen.«
»Es war nötig, der wäre sonst durchgedreht.« Der Kollege lächelte. »Irgendwie kann man sich vor dem fürchten. Ich bin kein ängstlicher Mensch, doch in dem hier steckt Power, das kann ich Ihnen versprechen, Kollege.«
»Danke für den Tip.«
Die beiden Aufpasser verließen die Zelle. Dafür nahmen wir auf den harten Stühlen Platz. Zwischen uns und dem Henker stand ein Schreibtisch. So kahl die Zelle auch sein mochte, die Elektronik war trotzdem vorhanden. Nicht nur das Auge der Kamera, auch ein Kassettenrecorder konnte die Gespräche aufnehmen. Wir schalteten ihn nicht ein, schauten dem Mann zunächst nur ins Gesicht.
Er rührte sich nicht. Bis auf die Maske trug er noch immer die gleiche Kleidung. Sehr warm war es in den Tiefen des Yard-Kellers nicht, doch der Henker machte nicht den Eindruck, als würde er frieren. Sein Gesicht, scharfgeschnitten und irgendwie überheblich wirkend, sah glatt aus wie ein Stein.
Zwischen den Handgelenken spannte sich die Kette der beiden Handschellen. Die gefesselten Hände lagen auf den Knien. Suko erklärte mir mit leiser Stimme, dass der Henker eine Nahrungsaufnahme verweigert hatte.
»Vielleicht braucht er das nicht.«
»Jeder Mensch muss essen und trinken.«
»Natürlich, ein Mensch.«
Ich sagte nichts, dachte mir meinen Teil und begann mit der Fragerei. Viel Hoffnung hatte ich nicht, dass er sich uns gegenüber lockerer zeigen würde, doch es kam auf einen Versuch an. »Darf ich um Ihren Namen bitten, Mister?«
In seine dunklen Augen trat so etwas wie ein Leuchten. Er reckte sich und wirkte stolz. »Ich bin Le Grand, der Henker!«
»Waren Sie das schon immer?«
»Ja.«
»Dann leben Sie also schon lange?« fragte Suko.
»Ich diente Seiner Majestät.«
»Wie kann ein Mensch so lange existieren, ohne dass er stirbt?« wollte ich wissen.
»Ich kann es.«
»Sind Sie ein Mensch?«
»Ich bin der Henker.«
Suko war wieder an der Reihe. »Einiges ist uns unklar. Man hat Sie untersucht, Le Grand, und man hat nicht festgestellt, dass Sie bereits zweihundert oder mehr Jahre leben. Ihre Körperfunktionen sind normal, man kann Sie auch nicht als Zombie bezeichnen. Sie haben Herz- und Pulsschlag, einen Kreislauf. Es ist eigentlich unmöglich, dass Sie der Henker Seiner Majestät sind.«
»Ich bin es trotzdem.«
»Schön.« Diesmal redete ich. »Was haben Sie im
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